Der Iran kann pleite gehen

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Der Iran kann pleite gehen 

Wahied Wahdat-Hagh von Wahied Wahdat-Hagh, Kolumnist für WELT DEBATTE
 
 
Die Abhängigkeit des Iran von Importen und von Öleinnahmen könnte zum Bankrott führen. Die Kritik auch der Konservativen an Ahmadinejads Wirtschaftspolitik wächst.

In einem Interview mit „Roozonline“ erläutert der Wirtschaftsexperte Said Leylas, warum die negativen Auswirkungen der Finanzkrise auf die iranische Wirtschaft weitaus größer sind, als auf die amerikanische Wirtschaft. Dies führt der Ökonom darauf zurück, dass die iranische Wirtschaft zu stark von Importen und von Öleinnahmen abhängig sei. Leylas erinnerte daran, dass Präsident Ahmadinejad kürzlich gesagt habe, dass der Iran mindestes zwei Jahre auch ohne einen einzigen Dollar auskomme. Leylas merkt dazu an, dass dies aber auch bedeutet, dass der Iran nach zwei Jahren völlig Pleite gehen würde, weil dann keine Devisenreserven übrig blieben.
Leylas hat festgestellt, dass alle Vorausplanungen für das jährliche Budget nicht eingehalten werden können, da die Ölpreisentwicklung anders verlaufen ist, als man es in Rechnung gestellt hatte. Dank der fallenden Ölpreise betrage das tägliche Budgetdefizit gegenwärtig rund 50 Millionen Dollar weniger als im Staatshaushalt eingeplant war. Leylas rechnet in Zukunft mit häufigeren Stromausfällen und einem Mangel an Gas, mit wachsender Arbeitslosigkeit und steigender Inflation und mehr sozialer Armut.

Wie die Inflation angeheizt wird

Auch im iranischen Gottesstaat vermehrt sich der gesellschaftliche Wohlstand durch Wirtschaftswachstum. Auch dort sind die Kapitalbildung und der technische Fortschritt der Motor des Wachstums: Leylas hat festgestellt, dass die Kapitalbildungsrate im Iran in den letzten drei Jahren stetig zurückgegangen ist. Dies bedeute, dass auch in Infrastrukturanlagen für Strom- und Wassererzeugung und Telekommunikation weniger investiert werden könne. Daher sei die eigentliche Frage nicht, wer im nächsten Jahr die Regierung stelle, denn das nächste Jahr sei ohnehin ein verlorenes Jahr.

Leylas führt verschiedene Faktoren auf, die die Inflation anheizen werden: Wachsender Verbrauch der Devisenreserven und der Reserven der Zentralbank sowie sinkende Importe. In den letzten Jahren haben die Importe dafür gesorgt, dass die Inflation kontrolliert wurde. Jetzt aber nehmen die Importe parallel zu den sinkenden Öleinnahmen ab. Hinzu kommt, dass sowohl der Dollarpreis steigt, als auch die Zoll-, und Importsteuer. Dies wird zur Folge haben, dass Marktangebote sinken und die Inflationsrate steigen wird.
Leylas hat berechnet, wenn die gegenwärtige Krise nur ein Jahr dauere, werde der Iran rund 60 Milliarden Dollar weniger Öleinnahmen haben. Dies bedeute, dass durchschnittlich jeder Iraner 1000 Dollar weniger zur
Verfügung habe.

Kritik an Ahmadinejad aus konservativem Lager

Als stellvertretender Vorsitzender des Parlaments kennt sich Mohammad Reza Bahonar nicht nur in Wirtschaftsfragen aus. Er hat sich schon in ganz anderen Zusammenhängen einen Namen gemacht: Als die britische Queen Elizabeth Rushdi zum Ritter schlug, meldete er sich mit folgender Bemerkung zu Wort: Rushdi hat sich schon längst in einen Kadaver verwandelt.
Aber nun äußerte sich der konservative Politiker, Mohammad Reza Bahonar, der sich anders als Ahmadinejad für eine kommerzielle kapitalistische Wirtschaft – natürlich mit islamischer Warenkontrolle – einsetzt, über Wirtschaftsprobleme des Iran: Er bemängelte, dass der Iran „nicht mehr sehr viel Devisenreserven hat“, so die Wirtschaftszeitung „Sarmaye“ am 27. Oktober. Als Vorsitzender der „Jameye Islamiye Mohandessin“, der „Gesellschaft der muslimischen Ingenieure“, sagte Bahonar, dass er stets vorgeschlagen habe, dass solange die Ölpreise hoch waren, die Devisen auf einem Extrakonto angespart werden sollten.
Bahonar geht davon aus, dass bis Ende des iranischen Jahres, d.h. bis Ende März 2009 lediglich zwischen acht bis zehn Milliarden US-Dollar Staatsdevisen bleiben. Wohlgemerkt, obwohl der Iran sein Öl nicht mehr gegen Dollar verkauft, rechnet Bahonar den Devisenmangel in US-Dollar.

Bahonar steht mit seiner Kritik nicht alleine. Auch Mostafa Pour-Mohammadi, Leiter einer staatlichen Aufsichtsbehörde ist der Meinung, dass mit der Zustimmung des Majless, des iranischen „Parlaments“ mehr Staatsdevisen ausgegeben worden sind als gesetzlich erlaubt. Pour-Mohammadi argumentiert, dass die Regierung durchaus das „Parlament“ um Hilfe bitten kann, wenn sich ein Haushaltsdefizit abzeichnet. Er kritisiert, dass die Regierung sich zu sehr auf die hohen Ölpreise verlassen habe. Es sei daran erinnert, dass Ahmadinejad Pour-Mohammadi zunächst zum Innenminister ernannte, er wurde dann wieder abgesetzt. Ihm wird vorgeworfen für die Massaker von Oppositionellen im Jahre 1988 mitverantwortlich gewesen zu sein.
Bahonar kritisiert die Regierung, weil sie die Zusage die Ölabhängigkeit des Staatsbudgets jährlich um 10 bis zwölf Prozent zu vermindern , nicht eingehalten habe Gegenwärtig machen die Öleinnahmen mehr als 60 Prozent des Staatsbudgets aus. Wenn aber die Öleinnahmen um die Hälfte reduziert werden, werde die Wirtschaft gewaltig
darunter leiden.

Auch Hashemi Rafsanjani, einer der Verantwortlichen des Mykonosattentats in Berlin, kritisiert Ahmadinejad. Rafsanjani befürchtet, dass die Wirtschaft des Landes regelrecht in den Wind geschlagen werde. Auch Rafsanjani hat von den Gefahren eines „Wirtschafts-Tsunami“ gesprochen, berichtet Tabnak am 26. Oktober. Rafsanjani warnt, dass die „Armen und die Arbeiter einen Schaden“ durch die Krise erleiden könnten.

Die iranische Wirtschaftszeitung „Sarmayeh“ berichtet am 30. Oktober ferner, dass die Klassenunterschiede in den letzten drei Jahren immens gewachsen seien.

Sanktionen in Iran greifen langsam

Gleichzeitig setzen die Sanktionen gegen den Iran ein. Die iranische Wirtschaftzeitung „Sarmaye“ meldete am 27. Oktober, dass inzwischen auch kleinere Banken in Dubai keinen Handel in den Iran fördern dürfen. Bisher konnten Iraner, die die Staatsangehörigkeit von Dubai angenommen haben, ohne Widerstände Waren in den Iran exportieren. Dies ist nun infolge der Sanktionspolitik weiter eingeschränkt worden. Von den zwölf regionalen Banken dürften sich nur noch zwei Banken am Exportgeschäft in den Iran beteiligen, und dies auch stark eingeschränkt. Die großen Banken dürfen schon seit einigen Monaten keine Geschäftsbeziehungen mehr mit dem Iran pflegen.

 


 


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