ULRICH W. SAHM – Palast des Herodes gefunden

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Modell von Herodes Palast

Jerusalem, 18. Dezember 2014 – „Wir wollen keine neue Heilige Stätte schaffen“, schwört Nicole Strassman, eine Reiseführerin, während sie erstmals Journalisten durch neue Ausgrabungen bei der Festung am Jaffator Jerusalems führt. Dabei geht es um eine Stätte mit zentraler Bedeutung für die Geschichte Jesu. Als die Magoi, die Heiligen drei Könige aus dem Morgenland, nach Jerusalem kamen, um König Herodes nach der Geburt des künftigen Königs zu befragen, wie in Matthäus 2 beschrieben, dürften sie sich in dessen Jerusalemer Palast getroffen haben. Grundmauern dieses Palastes sind jetzt erstmals freigelegt worden. Und als sich Pontius Pilatus seine „Hände in Unschuld“ wusch, ehe er Jesus zur Kreuzigung freigab, dürfte sich das nicht in der Antonia-Burg ereignet haben, sondern ebenfalls im ehemaligen Königspalast des Herodes. Mehrere Wissenschaftler vermuten aus guten Gründen, dass der römische Prokurator dort und nicht in der Garnison nahe dem Tempelberg, der Antoniaburg, seinen Amtssitz hatte. Ohnehin ist längst bekannt, dass der Verlauf der heutigen „Via Dolorosa“, des Leidenswegs Jesu von der Antoniaburg bis Golgatha in der heutigen Grabeskirche, eine relativ späte „Erfindung“ sei, vermutlich der Kreuzfahrerzeit.

Grundmauern des Königspalastes des Herodes sind jetzt neben der David-Zitadelle am Jaffator freigelegt worden. In ein paar Monaten sollen sie auch für Besuche des allgemeinen Publikums freigegeben werden.

Die Türme und Mauern der „David-Zitadelle“ selbst stammen aus vielen Jahrhunderten, den Hasmonäern, des Königs Herodes und der Omajaden. Die Türken und die Briten hatten hier ihr Gefängnis und eine Garnison. Heute noch befindet sich neben der Zitadelle das berüchtigte Hauptquartier der israelischen Polizei in der Altstadt. Dieser Ort heißt seit 1830 „Kischle“, als der ägyptische Herrscher Ibrahim Pascha auf dessen Mauern auf Spießen die Köpfe von Enthaupteten zur Schau stellte.

Die Zitadelle steht auf einem Hügel mit atemberaubenden Blick auf ganz Jerusalem. Doch von dem Palast des Herodes fehlten noch Spuren. Aus alten Schriften war bekannt, dass Herodes hier einen Palast „mit Gold, teuren Möbeln und Wasserspielen“ errichtet hatte, wie Strassman aus den Schriften des römisch-jüdischen Historikers Josephus Flavius vorlas.

Zunächst geht es viele Treppen hinab in den tiefen, einst mit Wasser gefüllten Graben rund um die Zitadelle. Dort hat der Distriktarchäologe der Antikenbehörde, Amit Reem, 17 breite Stufen freigelegt. Sie führten hinab zu einem Wasserbecken. Die Stufen schreibt er dem Herodes zu. Sie ähneln den Stufen zu dem vor wenigen Jahren wiedergefundenen „Siloah-Teich“ im Süden Jerusalems, wo Jesus den Blinden heilte. Amit entdeckte hier auch Spuren eines älteren Steinbruchs. „Die Zeichen der Steinmetzen und Funde wie Lampen und Töpfe bezeugen, dass der Steinbruch in der Zeit des ersten Tempels benutzt worden ist, also vor etwa 3.000 Jahren.“

Über enge Stahltreppen geht es dann hinauf auf das Dach der Zitadelle. Hinter einer Stahltür eröffnet sich der Blick auf ein Gewölbe, heute 10 Meter hoch und mit den Ausmaßen einer Kathedrale.

An den Wänden ganz oben weist Reem auf Graffiti. In der Decke stecken noch Stahlbolzen, Reste der Stahlkäfige des britischen Gefängnisses. Die Briten hatten hier jüdische wie arabische Widerstandskämpfer gegen die Mandatsmacht festgehalten. Ein Graffiti zeigt eine Landkarte des Landes und das hebräische Wort „Kach“, sowie den Namen Schmuel Matza. Dieser ehemalige Gefangene der Briten lebt noch und bestätigte, die Landkarte als politisches Bekenntnis der jüdischen Aufständischen an die Wand gekritzelt zu haben. Das war vor „nur“ 67 Jahren. Nachdem das Gefängnis abgerissen war, konnte 8 Meter tief bis zum Originalfelsen hinab gegraben werden.

Auf einer steilen Stahltreppe geht es hinab. Auf dem Weg zeigt Reem auf eine breite Mauer, die einst die Umfassungsmauer des Königspalastes des Herodes war. Der habe einst 300 mal 150 Meter gemessen. Der Palast liegt größtenteils noch unter dem Kischle und Teilen des armenischen Viertels unter der Erde versteckt.

„Herodes liebte Wasser“, sagt der Archäologe und zeigt auf Durchgänge im Felsen. Durch sie wurde einst Wasser in den Hof des Palastes geleitet.

Der Höhepunkt der Funde, von Reem als „einzigartig und eine große Sensation“ bezeichnet, ist eine grobe Mauer auf dem Originalfelsen. „Wir haben den Mörtel geprüft. Seine Zusammensetzung sei identisch mit dem Putz in dem von König Hiskias um 700 vor Chr. in den Fels gehauenen Wassertunnel nahe dem Siloah-Teich“, so der Archäologe. Bei der Mauer seien auch für die Zeit typische Stempel mit der hebräischen Aufschrift „für den König“, Götzenfiguren und Scherben gefunden worden. Die Datierung auf die Zeit des Ersten Tempels sei zweifelsfrei.

Damit sei erstmals der Beweis geliefert, dass die Stadt Jerusalem in der Zeit des ersten Salomonischen Tempels bis zum heutigen Jaffator ausgedehnt war. Jerusalem war also nicht nur ein winziges Dorf auf dem Ophel-Berg, südlich des heutigen Tempelareals, dem heutigen „Haram Esch-Scherif“.

Herodesstufen[1] Stufen[1] Grafitti[1]

 

 


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