Jerusalem, 30. Juli 2015 – Der Brandanschlag auf die Brotvermehrungskirche Tabgha am See Genezareth hatte weltweite Empörungen und Verurteilungen ausgelöst. Antichristliche hebräische Graffiti an einer der Kirchwände hatten augenblicklich den Verdacht auf jüdische Extremisten gelenkt, oder wie die Medien sie nennen: „Siedler“.
Der Anschlag wurde auch in Israel scharf verurteilt. Regierungschef Benjamin Netanjahu drängte die Polizei, mit allen Kräften den Fall aufzuklären. Der Knessetvorsitzende Juli Edelstein hatte mit Rabbinern eine Spendensammlung für Tabgha initiiert.
Als die Polizei am Tag nach dem zerstörerischen Brand eine Gruppe „Siedler“ in Tiberias nach einem Verhör wieder freigelassen hatte, kamen die üblichen Vorwürfe auf, dass der Staat Israel und seine Polizei kein „wirkliches Interesse“ daran hätten, diesen Fall aufzuklären.
Inzwischen wurden drei Verdächtige im Bezirksgericht von Nazareth dem Richter vorgeführt. Yinon Reuveni, 20, und Yehuda Asraf, 19. Sie stammen aus Elad und Ofakim, beides Städte in Israel nahe Tel Aviv. Der „Drahtzieher“, Mosche Orbach, wurde als „Erwachsener“ bezeichnet und lebt in der nordisraelischen Stadt Saffed. In allen drei Fällen handelt es sich also nicht um „Siedler“. Zwei weitere mutmaßliche Mittäter, darunter ein namentlich nicht genannter 17-jähriger, wurden noch nicht angeklagt.
Der Leiter der Abteilung für Hassverbrechen bei der israelischen Polizei, Udi Levy, hat in Interviews Einblicke in die Arbeit seiner Einheit geliefert. Dutzende Polizisten und Experten seien „rund um die Uhr“ im Einsatz gewesen, um die Verdächtigen zu finden. Im Gelände von Tabgha hätten sie erst einmal Spuren gesichert, darunter Gerätschaften mit DNS Spuren von einem der Verdächtigen und einen 2-Liter-Plastikkanister für Milch. Als nächsten Schritt habe die Polizei landesweit Sicherheitskameras überprüft und festgestellt, dass die beiden Verdächtigen ihren Weg in Jerusalem gestartet hätten. In Latrun, auf halber Strecke zwischen Jerusalem und Tel Aviv, wurden sie von Überwachungskameras gefilmt, wie sie an der Tankstelle den Milchkanister mit Benzin füllen. Mit weiteren Sicherheitskameras wurde ihre Fahrt nach Tabgha und dann deren „Rückzug“ in den Süden Israels dokumentiert.
Eine entscheidende Wende brachte ein Pamphlet im Besitz der Verdächtigen. Geschrieben hatte es der besagte Mosche Orbach, den Levi als „Drahtzieher“ bezeichnete. Der hatte exakte Angaben zur Herstellung von Brandbomben niedergeschrieben, wie ein Brand gesetzt wird, welche Ziele geeignet seien, internationale Aufmerksamkeit zu erregen, und wie die Gruppe absolute Geheimhaltung walten lassen sollte. Tatsächlich haben die mutmaßlichen Täter beim Verhör geschwiegen, konnten aber wegen der DNS Spuren einwandfrei identifiziert werden.
Levi sagte, dass mit der Verhaftung der Verdächtigen von Tabgha möglicherweise auch andere Anschläge, wie auf den Dormitio-Konvent in Jerusalem, aufgeklärt werden könnten. Die streng abgeschottete Zelle habe angeblich auch Anschläge auf Moscheen und auf Soldaten verübt. Die Gruppe habe zeitweilig unter Anhängern der anarchistischen „Hügeljugend“ in den besetzten Gebieten gelebt und sich von ihnen inspirieren lassen. Diese „Hügeljugend“ ist bekannt für Überfälle auf Palästinenser und ihre Felder im Westjordanland.
Levi sagte weiter, dass die Täter „ganz normative Jugendliche“ aus Israel gewesen seien. Sie seien nicht vorbestraft und bis zu ihrer Radikalisierung durch nichts aufgefallen. Ihre fanatische Ideologie richte sich gegen alles Fremde, darunter nicht-jüdische Religionen und gegen das „Establishment“.
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