Jerusalem, 21. August 2015 – Vier 122mm Raketen explodierten am Donnerstagnachmittag im Norden Israels, in der Gegend von Metullah und auf den Golanhöhen. Opfer wurden keine gemeldet, aber mehrere Buschfeuer mussten gelöscht werden.
Anfangs glaubten die Israelis, dass die Raketen vom Libanon aus abgeschossen worden seien, doch dann stellte sich Syrien als Ursprung des Beschusses Israels heraus. Es war das erste Mal seit dem Oktober/Jom Kippurkrieg von 1973, dass Israel direkt von Syrien aus mit Raketen beschossen worden war. Israels Verteidigungsminister Mosche Jaalon erklärte, dass Israel eine Verletzung seiner Souveränität nicht dulden werde und riet den Feinden, „sich nicht mit Israel anzulegen“.
Bis tief in die Nacht hinein „erwiderte“ Israel das Feuer mit Artillerie und Luftschlägen gegen Stellungen der syrischen Armee. Zwar wurde behauptet, dass die Raketen von der Organisation Islamischer Dschihad, angeleitet von Iranern, nahe der Grenze zwischen Syrien und Israel abgeschossen worden seien. Dennoch machte das offizielle Israel allein die Regierung Assads und seine Armee für den Raketenbeschuss verantwortlich. Deshalb hat Israels Luftwaffe gezielt 14 syrische Militärstellungen angegriffen. Es habe „viele Treffer“ gegeben und wohl auch mehrere Tote. Während die Syrer zunächst behaupteten, keine eigenen Opfer erlitten zu haben, gestanden sie am Freitagmorgen dann doch einen „Märtyrer“ unter den Soldaten ein. Am Freitagmittag wurde ein weiterer israelischen nahe der Grenzstadt Kuneitra bekannt. Getroffen wurde ein „ziviles“ Fahrzeug mit „vier oder fünf palästinensischen Terroristen“. Sie wurden getötet. Nach israelischen Angaben handelte es sich um Mitglieder „des von Iran gelenkten islamischen Dschihad“. Gemäß „angestrengten Ermittlungen des israelischen Geheimdienstes“ hätte die Gruppe am Donnerstag die Raketen auf Israel abgeschossen.
Der Schlagabtausch zwischen Israel und Syrien hat deshalb eine „historische“ Dimension, weil beide Länder seit 1973 strikt darauf achten haben, sich nicht „direkt“ gegenseitig anzugreifen, um das 1974 beschlossene Waffenstillstandsabkommen und die von US-Außenminister Henry Kissinger ausgehandelte „Entflechtung“ nicht infrage zu stellen.
Das hinderte freilich beide Armeen nicht, sich in und über dem Libanon 1982 schwere, blutige Schlachten zu liefern. Doch damals hüteten sich die Syrer, entgegen der „Spielregeln“ Luftabwehrraketen von syrischem Territorium aus auf israelische Kampfflugzeuge abzuschießen, als die gerade in Luftkämpfen ein Drittel der syrischen Luftwaffe über Libanon vom Himmel holte. Gemäß Berichten aus dem Ausland haben die Israelis 2007 im Norden Syriens eine Atomfabrik angegriffen und zerstört. Entsprechend der Spielregeln konnten die Syrer nicht eingestehen, dort eine geheime Atomanlage errichtet zu haben, während Israel niemals den Luftangriff auf Syrien bestätigt hat. So konnten die Syrer den Israeli keinen Angriff und keine Verletzung ihrer Souveränität vorwerfen. Der Vorfall blieb deshalb ohne politische oder militärische Folgen, weil beide Seiten so taten, als sei nichts geschehen. Gemäß der gleichen Methode blieben noch zahlreiche andere mutmaßlich israelische Angriffe in Latakije, bei Damaskus und entlang der Grenze zwischen Syrien und Libanon folgenlos.
Der jüngste Schlagabtausch hat auch deshalb eine neue Qualität, weil der von Iran gelenkte islamische Dschihad offen die Raketenangriffe von syrischem Territorium aus eingestanden hat (mit der Warnung, Israel solle jetzt nicht mit dem Feuer spielen), während Israel erstmals offen eingestanden hat, Syrien angegriffen zu haben.
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