Volker Beck MdB – 4 Tage vor Holocaustgedenktag: Antiisraelische Propaganda-Veranstaltung am 23.1.2017 beim Max-Planck-Institut in Halle ?
Am Montag den 23.1.2017, 4 Tage vor dem Holocaustgedenktag, will das Max-Plank-Institut in Halle eine Veranstaltung mit dem Autor des umstrittenen Buches „Die Holocaustindustrie“ zu „Gaza – eine rechtliche Untersuchung seines Martyriums“ stattfinden, bei dem laut Ankündigung die Terrortunnel und der Raketenangriff der Hamas in 2014 bezweifelt werden sollen.
Volker Beck hat hierzu anliegendes Schreiben (vgl. PDF) an Bundesministerin Wanka und an die Leitung der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V. sowie des Max-Planck-Institut für ethnologische Forschung in Halle gerichtet.
Antiisraelische Propaganda-Veranstaltung am 23.1.2017 beim Max-Planck-Institut in Halle ?
Sehr geehrte Frau Bundesministerin,
sehr geehrte Damen und Herren,
am Montag, den 23.1.2017 um 14.00 soll erneut eine Veranstaltung von Dr. Norman Finkelstein an der Abteilung für Recht & Ethnologie des Max-Planck-Instituts für ethnologische Forschung stattfinden.
Die Informationen über den Inhalt der Veranstaltung weichen stark voneinander ab:
• Norman Finkelstein benennt das Thema „GAZA: an inquest into its martyrdom“ für seine Veranstaltung. Er wirbt dafür (erlaubterweise?) mit dem Logo des Max-Planck-Instituts (http://normanfinkelstein.com/wp-content/uploads/2016/12/Workshop_Finkelstein_KM161221-2.pdf) auf einem Flugblatt. Darin werden der Raketenbeschuss der Hamas, die Terrortunnels und die Verteidigung Israels geleugnet.
• In der Pressemitteilung des MPI (http://www.eth.mpg.de/4315830/news_2017_01_18_01), in der es sich gegen jeden Antisemitismusvorwurf zur Wehr setzt, ist Gaza hingegen mit keiner Silbe erwähnt und stattdessen ein ganz anderes Thema angegeben: „Rechtfertigung des Einsatzes von staatlicher Gewalt“.
Besonders misstrauisch macht die Selbstauskunft des MPI:
„Auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit jüdischem Hintergrund sind heute – 70 Jahre nach dem Holocaust – wieder forschend in der Max-Planck-Gesellschaft tätig.“ Was soll diese Aussage wem beweisen?
Finkelstein ist in Deutschland vor allem für sein Werk „Die Holocaust-Industrie“ bekannt, das wegen seiner sachlichen Fehler und seinen ungerechtfertigten Pauschal-Angriffen auf die Jewish Claims Conference vor allem in rechtsradikalen Medien hohen Zuspruch fand, in der Fachwelt und von jüdischen Organisationen dagegen Ablehnung und scharfe Kritik erfuhr.
Im Nahostkonflikt hat er die Terrororganisationen Hisbollah und Hamas weiderholt verharmlost und sich mit ihnen solidarisch gezeigt. Für Israel hat er eine Einreisesperre.
Ich frage die Bundesministerin und das Max-Planck-Institut daher,
• Sind die Veranstaltungen mit Dr. Norman Finkelstein im Max-Plank-Institut wissenschaftspolitisch rechtfertigbar und falls ja, inwiefern?
• Was qualifiziert Norman Finkelstein für den Vortrag zu „Meinungsfreiheit in der Wissenschaft“ und einen internen Workshop zum Thema „Rechtfertigung des Einsatzes von staatlicher Gewalt“? Welche einschlägigen wissenschaftlichen Publikationen von Finkelstein zu diesen beiden Themen sind Ihnen bekannt?
• Was ist Thema des internen Seminars am Montag, den 23.1.2017? Ist der Titel „Rechtfertigung des Einsatzes von staatlicher Gewalt“ (PM des MPI) oder „GAZA: an inquest into its martyrdom“ (Flugblatt des Norman Finkelstein?)
Welche Rolle spielen Israel, Gaza, Westbank, Libanon, Hamas oder Hisbollah bei der Veranstaltung?
• Worum geht es bei der Veranstaltung tatsächlich?
• Welche wissenschaftlichen Arbeiten am MPI haben einen Bezug zu dem in dem Flugblatt gemachten Aussagen?
• Sind die Aussagen auf dem Flugblatt des Max-Planck-Instituts „Fully two-thirds of the Gaza Strip’s 1.8 million inhabitants consist of expellees and their descendants from the first Arab-Israeli war in 1948, while more than half of this overwhelmingly refugee population is under 18 years of age. Gaza is among the most densely populated areas in the world, more crowded than even Tokyo. For the past decade, Gaza has been subjected to an illegal blockade by Israel, one consequence of which is, 95 percent of Gaza’s drinking water is unfit for human consumption. Former British Prime Minister David Cameron has described Gaza as an “open-air prison.” Since 2004, Israel has launched eight high-tech military operations targeting this open-air prison.
Norman Finkelstein’s presentation will focus on the last and most destructive of these successive assaults, Operation Protective Edge in 2014. He will argue that dominant depictions of Protective Edge were replete with misinformation and disinformation: on the one hand, Israel did not launch the deadly attack in “self-defense,” it did not engage in a “war” with Hamas, and its “Iron Dome” anti-missile defense system did not save many Israeli lives; on the other hand, Hamas did not fire “rockets” at Israel, and it did not construct “terror tunnels” targeting Israel’s civilian population. It was not just the major international media, however, that betrayed Gaza. Finkelstein will argue that the community of States and reputable human rights organizations also abandoned Gaza in its hour of trial.“ die Auffassung des Max-Planck-Instituts?
Falls Nein, was hat das Max-Planck-Institut dagegen unternommen, dass diese nicht als die Ansichten des Institutes bis heute weiter verbreitet werden?
Wie beurteilt diese Bundesregierung diese Aussagen?
• Welche wissenschaftlichen Belege liegen dafür vor, dass es 2014 keinen Raketenbeschuss der Hamas auf Israel und keinen Bau von Terrortunneln der Hamas gab?
• Hält das MPI an dieser Veranstaltung fest und wie beurteilt die Bundesregierung dies?
Sehr geehrte Frau Wanka,
sollte die Veranstaltung am Montag dennoch tatsächlich stattfinden und die Antworten bis Dienstag abend bei mir noch nicht eingegangen sein, bitte ich Sie den Staatssekretär oder die Staatssekretärin über den Sachverhalt in Kenntnis setzen zu lassen, da ich dann ggf.
in der Befragung der Bundesregierung danach fragen werde.
In der Woche des Holocaustgedenktages den Autor eines Werkes „Die Holocaust-Industrie“ gegen Israel Stimmung machen zu lassen, der der Hamas, die erklärtermaßen in Ihrer Charta Artikel 7 das Töten von Juden – nicht nur von jüdischen Bürgern Israels oder Zionisten – zur unbedingten Pflicht jedes Muslims machen lassen, gegenüber seine Solidarität erklärt haben soll (https://en.wikipedia.org/wiki/Norman_Finkelstein#Hezbollah_and_Hamas), ist zwar nicht verboten, aber eine Schande.
Ihrer Antwort bis spätestens Montag, den 23.1.2017 11 Uhr sehe ich mit Interesse entgegen.
Mit freundlichen Grüßen
Volker Beck
Ulrich Sahm – Anfrage an info@eth.mpg.de
Sehr geehrte Damen und Herren,
Bisher hatte ich große Achtung vor Ihrem wissenschaftlichen Institut.
Jetzt aber wurde unter Ihrem Logo eine Vortragsankündigung veröffentlicht, die keiner wissenschaftlichen Prüfung stand hält:
http://normanfinkelstein.com/wp-content/uploads/2016/12/Workshop_Finkelstein_KM161221-2.pdf
Da heißt es:
„Fully two-thirds of the Gaza Strip’s 1.8 million inhabitants consist of expellees and their descendants from the first Arab-Israeli war in 1948”
Wie hoch ist der Anteil von “Vertriebenen und ihrer Nachkommen” (des 2. Weltkriegs) in Berlin oder in anderen deutschen Städten?
Der Anteil von Vertriebenen und Flüchtlingen (aus Europa und der arabischen Welt) in Israel dürfte mindestens genauso hoch sein.
Selbst in Halle zählte man 1949 ganze 34.000 Vertriebene und Flüchtlinge.
“Gaza is among the most densely populated areas in the world, more crowded than even Tokyo.”
Das ist faktisch falsch und lässt sich leicht im Internet ermitteln.
Bevölkerungsdichte:
Gazastreifen: 4.870
Tokyo: 15.073
Tel Aviv: 6.184
“For the past decade, Gaza has been subjected to an illegal blockade by Israel”
Gaza grenzt an Ägypten wie an Israel. Die Seeblockade steht schon in den Osloer Verträgen, ist also völkerrechtlich sanktioniert. Und wer hat eigentlich wen bis 1967 „blockiert“, als die Grenze zwischen Gaza und Israel absolut dicht war? Heute fahren täglich 850 Lastwagen von Israel in den „blockierten Gazastreifen“ mit allen lebensnotwendigen Waren. Ebenso liefert Israel Wasser, Strom und Dieselöl in den Gazastreifen.
“one consequence of which is, 95 percent of Gaza’s drinking water is unfit for human consumption”
Das hat Gründe, die nichts mit der „Blockade“ zu tun haben. Seit dem Abzug der Israelis 2005, wird im Gazastreifen ohne jede Kontrolle das sehr hoch liegende Grundwasser abgepumpt, sodass salziges Meerwasser nachfließt und das Wasser verseucht wird. Es gibt noch weitere Gründe, die mit der „Blockade“ nichts zu tun haben.
Jeder weitere Satz enthält eine oder mehr Falschheiten wie zum Beispiel „Hamas did not fire “rockets” at Israel. Immerhin sind um die 12.000 “Raketen“ mit Sprengköpfen usw auf Israel abgeschossen worden. Sie haben auch Menschen getötet.
Nichts gegen freie Meinungsäußerungen des Herrn Finkelstein. Doch von einem Max Planck Institut erwarte ich ein Mindestmaß an Faktentreue.
Mit freundlichen Grüßen
Ulrich W. Sahm
Carl Oz
Unter dem angegebenen Link auf ihrer Seite findet man das Flugblatt nicht mehr, da es gelöscht wurde. Es wurde jedoch an anderer Stelle gespiegelt:
http://nokrauts.org/wp-content/uploads/2017/01/Workshop_Finkelstein_KM161221-2.pdf