Antastbar – So zu tun, als gäbe es antisemitisches und rassistisches Ressentiment nur außerhalb des Journalismus, ist zu bequem. Die Zunft muss über ihren toten Winkel nachdenken. | Süddeutsche.de
Theodor W. Adorno schrieb in der „Minima Moralia“: „Liberalität, die unterschiedslos den Menschen ihr Recht widerfahren lässt, läuft auf Vernichtung hinaus.“ Und fuhr fort: „Wie der Wille der Majorität, die der Minorität Böses zufügt und so der Demokratie Hohn spricht, nach deren Prinzip sie handelt.“ Da nennt jemand die systematische, industrielle Vernichtung von Menschen einen „Vogelschiss“, da will jemand die Geschichte der Schoah, das Aussondern, Vertreiben, Einkerkern, Foltern, Sterilisieren, Aushungern, Vergewaltigen, Töten von Millionen von Menschen banalisieren, als sei die Erinnerung schmutzig und nicht die Verbrechen. Da will jemand nicht „provozieren“, sondern revisionistische Positionen mit bürgerlichem Gestus ummanteln – und die Republik diskutiert, ob es illiberal sei, solchen Menschen nicht auch noch zusätzlich im Fernsehen eine Plattform für ihre Menschenverachtung zu bieten? Wo leben wir eigentlich? Antisemitismus abzulehnen, ist kein Zeichen mangelnder Liberalität, sondern Ausdruck eines Minimums an Zivilität.
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