Es ist ein Schlamassel und letztendlich ein Rätsel. Jude zu sein, ist ein Lebensschicksal. Meine Eltern waren Juden, wurden von den Nazis verfolgt. Ich bin also das Kind von Verfolgten. So entstand das Bewusstsein, ein Jude zu sein. Irgendwie gehöre ich dazu, obwohl ich nicht beschnitten bin und nicht in die Synagoge gehe.
Schon 1968 in Frankreich, als Sie ein Anführer der Studentenbewegung waren, wurden Sie antisemitisch attackiert. Die Gaullisten und die Kommunisten forderten damals lautstark: „Raus mit dem deutschen Juden Cohn-Bendit aus Frankreich!“
Bei großen Demonstrationen riefen sie sogar: „Cohn-Bendit nach Dachau!“ Da wusste ich: Hannah Arendt hat Recht. Sie schrieb schon in den 40er Jahren: Vor Antisemitismus ist man nur auf dem Mond sicher. Es gibt Antisemitismus auch dort, wo es gar keine Juden gibt. Der Antisemitismus ist im Christentum tief verankert. Diese kulturelle Verwurzelung des Antisemitismus in der Gesellschaft definiert dich als Jude....