Spiegel: Möllemanns Fernseh-Erklärung nicht ausreichend

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Donnerstag 30. Mai 2002, 06:38 Uhr
Berlin (dpa) – Unbeeindruckt vom Fehlerbekenntnis des FDP-Vizevorsitzenden Jürgen Möllemann fordert der Zentralrat der Juden weiterhin eine Entschuldigung. Möllemann räumte jetzt zwar ein, er habe persönliche Fehler gemacht, dies reicht dem Zentralrat aber nicht aus. «Wir erwarten nach wie vor eine persönliche Entschuldigung von ihm bei Michel Friedman und mir», sagte Zentralrats-Präsident Paul Spiegel am Mittwoch der dpa in Düsseldorf. Möllemanns Äußerungen in einem Fernsehinterview seien nicht hinreichend.»

Möllemann forderte daraufhin in einem Brief an Spiegel den Zentralrat erneut auf, die Antisemitismus-Vorwürfe gegen ihn zurückzunehmen. Friedman sollte «diesen Vorwurf jetzt aus der Welt schaffen», schrieb Möllemann. Er verwies auf seine Äußerungen vom Vortag. Im WDR habe er es als Fehler bezeichnet, «Herrn Friedman für die Entstehung von antisemitischen Ressentiments mitverantwortlich zu machen. Ich hätte das nicht sagen sollen.»

Ihm liege aber an der Feststellung, «dass ich mich weiterhin mit allem Nachdruck dagegen wehren werde, wegen meiner unverändert Scharon-kritischen Haltung als Antisemit bezeichnet zu werden», schrieb Möllemann weiter. Dem von FDP-Chef Guido Westerwelle vorgeschlagenen Gespräch mit dem Zentralrat sehe er mit großem Interesse entgegen. Der Zentralrat macht aber eine Entschuldigung zur Bedingung für Gespräche mit der FDP-Führung.

Spiegel sagte, unabdingbar sei für den Zentralrat auch der Ausschluss von Jamal Karsli aus der NRW-FDP-Fraktion. Karslis Mitarbeit als Parteiloser sei «als Mogelpackung nicht weiter hinnehmbar». Nach Angaben von Möllemann steht die Fraktion geschlossen hinter Karsli. Der syrisch-stämmige Karsli war durch Israel-feindliche Äußerungen aufgefallen. «Besonders enttäuschend» sei, dass es zu den Vorwürfen Möllemanns gegenüber Friedman «keinen breiten öffentlichen Widerspruch» gegeben habe, sagte Spiegel. «Wir vermissen nach wie vor den Aufstand der Anständigen.»

Auch der FDP-Politikerin Hildegard Hamm-Brücher geht das Fehlerbekenntnis Möllemanns nicht weit genug. Die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth hält die Äußerungen Möllemanns ebenfalls nicht für ausreichend, um den Streit mit dem Zentralrat beizulegen. Das sei keine Distanzierung, sondern «ein Versuch, das unter den Tisch zu kehren», sagte Roth in Berlin.

Trotz des Antisemitismus-Streits bleiben die Freidemokraten für die Union ein möglicher Koalitionspartner nach den Bundestagswahlen. «Unsere Zusammenarbeit hängt beileibe nicht allein von Möllemann ab», sagte der Chef der Unionsfraktion, Friedrich Merz (CDU).

Der SPD-Vorsitzende, Bundeskanzler Gerhard Schröder, wird am Sonntag beim SPD-Parteitag seine Haltung zur FDP darlegen, kündigte Regierungssprecher Uwe Karsten-Heye an. Nach seiner Ansicht hat die FDP «in ihrer Führung Hasardeure», die den Eindruck erweckten, als könne man die durch die deutsche Geschichte belasteten Beziehungen zu Israel und der jüdischen Bevölkerung zu einem «PR-Gag verkommen» lassen.

Eine «spontan zusammengetretene» Bürgerinitiative protestierte am Mittwoch mit einer ganzseitigen Anzeige in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung «gegen den Stimmenfang der Liberalen im braunen Sumpf». Zu den Unterzeichnern gehören die Schauspielerin Gudrun Landgrebe, TV-Moderatorin Bärbel Schäfer, Konzertveranstalter Marek Lieberberg sowie der ehemalige hessische Kultusminister Hartmut Holzapfel (SPD).


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