„NEST DER SPIONE“ – Text zum Jahrestag der Besetzung US-Botschaft in Teheran

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„NEST DER SPIONE“

 

 

Am 4. November 1979 wurde in Teheran die US-amerikanische Botschaft besetzt. Die Geiselnahme von rund 70 Botschaftsangehörigen dauerte 444 Tage.

Auch in diesem Jahr wurden auf Demonstrationen, die an die „siegreiche“ Besetzung erinnern sollen, „Tod Amerika und Tod Israel“ gerufen.

Am 2. November 2006 meldete die iranische Nachrichtenagentur Farsnews, dass alle „Parteien und Gruppen mit Erklärungen zum Jahrestag der Besetzung des Spionagenestes eingeladen haben.“ Den Begriff „Nest der Spione“ prägte der iranische Revolutionsführer Ayatollah Khomeini und meinte damit die US-amerikanische Botschaft in Teheran.

Im Folgenden werden einige Erklärungen verschiedener Gruppierungen dokumentiert.

 

 

Die Zeitung Jomhuriye Eslami veröffentlichte ein Zitat des iranischen Revolutionsführers Ayatollah Khomeini:
„Wir betrachten diese Leute, die hier sind nicht als Angehörige einer Botschaft. Für uns ist dieses Zentrum überhaupt keine Botschaft. Ja, wenn es eine Botschaft wäre, wären diese Leute doch auch Botschaftsangehörige. In diesem Fall könnten sie sogar Recht haben. Aber wir erkennen diesen Platz nicht als eine Botschaft an. Das ist ein Zentrum für Spione. Wir erkennen diese Leute weder als Botschafter und Botschaftsangehörige noch als Diplomaten an. Es kann überhaupt keine Rede davon sein. Es sind alles Spione. Sie sind alle Verbrecher. Und in unserem Land müssen sie auch Rechenschaft ablegen.“ [1]

 

Laut der Regierungszeitung Kayhan sollen viele Schüler und Studenten an den „Hass-Demonstrationen gegen Amerika“ teilgenommen haben. Wie üblich wurden israelische und US-amerikanische Fahnen verbannt. Hadad-Adel, Vorsitzender des islamistischen Parlaments, Majless sagte: „Der amerikanische Präsident sollte wissen, dass unser Volk davon überzeugt ist, dass er der am meisten verhasste Präsident der Welt ist. Die mutigen Studenten haben damals diese Botschaft, die nur ein Nest der Spione war, erobert. [2]

Die Zeitung Resalat berichtete, dass Hadad-Adel von diesem Tag als einen „Tag Gottes“ gesprochen habe, der ein „unvergesslicher historischer Tag in der islamischen Geschichte des Iran der letzten 50 Jahren“ sei. [3]

Der Vorsitzende des Wächterrates predigte in seinem „Freitagsgebet“: „Dieser Tag ist ein Tag des nationalen Kampfes gegen die Führung Amerikas. [..] Das iranische Volk ist entschlossen die neuen Energieformen, wie die Atomenergie zu nutzen. […] Wenn sich das iranische Volk mal entschieden hat, wird es auch danach handeln. […] Der Entwurf der UN-Resolution gegen den Iran ist sehr listig formuliert worden. […] Wir müssen die Westler fragen, wann sie einen Nutzen aus ihren Sanktionen gezogen haben. Ich hoffe, dass diese Länder endlich wieder zu Verstand kommen.“[4]

 

Zum historischen Hintergrund des Geiseldramas:

 

Mehdi Salimi erinnert sich in einem Artikel, der in Baztab[5] erschien, dass „zwei Wochen nach der Abreise des Schah nach New York und drei Tage nachdem der Präsident der Provisorischen Regierung Basargan  sich mit Zbigniew Brzezinski, Sicherheitsberater von Präsident Carter traf,“ etwa 400 Studenten die US-amerikanische Botschaft stürmten. Die Zerstörung der Persönlichkeit von Khomeini sei in dieser Phase das wichtigste Ziel der US-amerikanischen Botschaft gewesen. Dabei hätte sich das iranische Volk entschieden, alle militärischen und zivilen Berater der Vereinigten Staaten von Amerika auszuweisen. Der wichtigste Grund für die Besetzung der amerikanischen Botschaft sei jedoch die Tatsache gewesen, dass die amerikanische Regierung keine Bereitschaft gezeigt habe, den Schah wieder in den Iran auszuweisen. Ayatollah Khomeini habe dann den Befehl ausgesprochen: „Studenten, Schüler und Fromme, weitet mit aller Kraft euren Kampf aus.“ Daraufhin hätten „Studenten der Imam Linie“ die US-amerikanische Botschaft gestürmt und besetzt.

Die Botschaftsbesetzung hatte zwei Folgen, so Salimi: „Die Mär der amerikanischen Macht in der Region“ sei endgültig überwunden worden und zudem konnte sich seit dieser Zeit der Iran zu „einer hegemonialen Macht in der Region entwickeln.“

Salimi erinnert auch daran, dass Khomeini die Botschaftsbesetzung als eine „zweite Revolution“ bezeichnet habe und zitiert ihn: „ „Heute hat sich wieder eine Revolution ereignet. Eine noch größere Revolution als die erste. In dieser zweiten Revolution ist der große Teufel Amerika.“

Die Botschaftsbesetzung habe auch die amerikanische Innenpolitik beeinflusst. Carter musste gehen und Ronald Reagen habe die Macht übernommen. Und der Spiegel habe kommentiert, dass früher die USA entschieden, wer in Iran herrschen solle, heute würde ein Ayatollah aus Teheran bestimmen, wer ein amerikanischer Präsident werde. Später habe die US-Regierung ein Wirtschaftsembargo gegen den Iran verhängt und ca. 10 Milliarden Dollar iranisches Kapital eingefroren. Nachdem ein US-amerikanischer Befreiungsversuch der Botschaftsgeiseln scheiterte, habe der damalige US-Präsident Carter einen geheimen Brief an Khomeini geschrieben und darin beteuert, dass die Regierung der Vereinigten Staaten „bereit ist die Wahrheiten der Revolution im Iran zu akzeptieren.“

Später habe die USA in einer Erklärung, die als die Deklaration von Algerien in die Geschichte eingegangen sei, garantiert, dass die „USA sich nicht mehr in die Angelegenheiten des Iran“ einmischen werde. Zudem sollten zumindest ab dem „14.11.1979 keine Wirtschaftsstrafen mehr über den Iran verhängt werden.“ Es sollten auch neue Vereinbarungen getroffen werden, wie das Eigentum der Schahfamilie an den Iran zurückgeführt wird. Außerdem habe die Regierung der Vereinigten Staaten versprochen, keine gerichtlichen Schritte im Interesse der ehemaligen US-Geiseln gegen den iranischen Staat zu unternehmen.  Daraufhin habe die USA einen Bruchteil der eingefrorenen iranischen Gelder freigegeben, so dass nach 444 Tagen die 52 Geiseln, die noch festgehalten worden waren, nach Algerien ausgeflogen worden seien. [6]

 

Islamistische Frauenvereinigung und Bassiji über die Geiselnahme:

 

Farsnews veröffentlichte Auszüge aus Erklärungen verschiedener Gruppierungen.

Der Rat einer „iranischen Frauenvereinigung“ schrieb beispielsweise:

„Dank der Kämpfe des iranischen Volkes gegen die Mächte der Arroganz, wird heute, mehr als je zuvor, deutlich, dass Amerika das Symbol der Arroganz in der Welt ist. Die schändlichen Machenschaften der Amerikaner im Irak haben ihr wahres und wildes Gesicht deutlich gemacht. […] Der Rat unserer Frauenvereinigung fordert den geehrten Präsidenten auf, immer wieder auf den Satz Israel muss von der Bildfläche verschwinden‘ zu pochen. Und die reformorientierte „Etedalpartei“, die Ayatollah Rafsanjani nahe steht, schrieb:

„Jedes Jahr erinnert uns dieser Tag daran, wie ein Volk sich entschließt eine Fremdherrschaft abzuschütteln. […]  Das Weiße Haus hat es bis heute nicht unterlassen sich in die inneren Angelegenheiten des Iran einzumischen. Ein Beispiel dafür ist ihre Einmischung in das Programm der atomaren Energieversorgung des Iran.“

Und die Bassiji-Einheiten, eine paramilitärische Sondertruppe des religiösen Führers des Iran schrieb: „Die Philosophie der rassistischen Führung der Besatzungsmacht Amerika steht in direkter Opposition zu den Ideen der islamischen Revolution. […] Die wissenschaftliche und wirtschaftliche Unabhängigkeit der islamischen Völker hat nichts mit den Interessen der ausbeutenden Herrn gemeinsam. Daher versuchen sie über verschiedene Kanäle wie den UN-Sicherheitsrat, Druck auf den islamischen Iran auszuüben.“[7] 

 



[1] Zitiert nach Jomhuriye Eslami, 2.11.2006.

[2] Kayhan, 5.11.2006.

[3] Resalat, 5.11.2006.

[4] Kayhan, 4.11.2006.

[5] Baztab gehört dem früheren General der Revolutionären Garden Mohssen Resai.

[6] Baztab, den 4.11.2006.

[7] Farsnews, 2.11.2006.


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