Die Pseudo-Wahlen in der „Islamischen Republik Iran“

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Die Pseudo-Wahlen in der „Islamischen Republik Iran“

 

 

Bei den dritten Kommunalwahlen und den vierten Expertenratswahlen am 15.12.2006 haben die „Prinzipientreuen“ [Hardliner]  und die Reformislamisten die Mehrheit der abgegebenen Stimmen bekommen. Von den 165 vom Wächterrat qualifizierten Kandidaten wurden 86 Experten in den Expertenrat gewählt. Dieser berät den religiösen Führer des Iran.  Der Expertenrat wird für acht Jahre gewählt. Die Reformislamisten hatten keine direkten Kandidaten für den Expertenrat, unterstützen aber 40 neu gewählte Mitglieder dieses totalitären Organs. Der Hauptgewinner ist Hashemi Rafsanjani, der mehr als 1 Million Stimmen mehr als Mesbahe Yasdi, der geistige Mentor des Präsidenten Ahmadinejad, erhalten hat. Damit bekommt Rafsanjani nun die Möglichkeit Vorsitzender des Expertenrates und langfristig sogar möglicher religiöser Führer des Iran zu werden. Es wird daran erinnert, dass Rafsanjani für den Anschlag auf das Mykonosrestaurant am 17.9.1992 und an dem Bombenanschlag auf das jüdische Zentrum in der argentinischen Hauptstadt im Jahre 1994 gerichtlich verantwortlich ist.

Auch in den islamistischen Kommunen des Iran werden in Zukunft Reformislamisten gemeinsam mit „Prinzipientreuen“ [Hardliner] und Anhängern Ahmadinejads regieren. Die Kommunalwahlen fanden schon 1999 und 2003 statt und nun wurde zum dritten Mal in den Kommunen gewählt. Die Kommunalwahlen haben die Funktion der Mobilisierung der Massen für die islamistische Diktatur. Es darf nicht vergessen werden, dass zur Wahl im Iran nur Islamisten zugelassen sind, die vom totalitären Wächterrat qualifiziert werden. Daher führt die Teilnahme an den Pseudo-Wahlen der Diktatur nur zur Stabilisierung des politischen Systems und verleiht der Diktatur Legitimität. Die Auszüge aus den Reden der Ex-Präsidenten Hashemi Rafsanjani und Mohammad Khatami und von Ali Khamenei sind das beste Zeugnis für die totalitäre Strategie der Religionisierung der Politik im iranischen Gottesstaat.

 

 

Islamistische Kommunalwahlen 2006

 

Die reformislamistische Zeitung Kargosaraan berichtet über die Kommunalwahlen, dass in über 22 Provinzen die Reformkräfte die Mehrheit der Stimmen erhalten haben. Von den 1524 Kandidaten, die in 265 Städten in die kommunalen Räte gewählt worden seien, seien 605 Reformer und 438 Prinzipientreue, 52 Kandidaten aus der Gruppe von Ahmadinejad, die sich Koshkhedmat, „gute Dienste“, nennt und 429 Personen seien „unabhängig.“

 

Die Reformer haben demnach 39,7 Prozente der Stimmen, dagegen die Prinzipientreue 28,7 Prozent, Ahmadinejads Gruppe 3,4% und die „Unabhängigen“ 28,2 Prozent. Dabei sollen 70 Prozent der „Unabhängigen“ reformistisch orientiert sein.

 

Folgende Tabelle basiert auf Daten die Kargozaraan[1] publiziert hat:

 

Provinzen:

 

Ost- Asarbaijan: Städte: 19

Reformer: 16

Prinzipientreue: 51 

Gruppe von Ahmadinejad: 13

„Unabhängige“: 54

 

Ost- Asarbaijan: Städte: 19

Reformer: 16

Prinzipientreue: 51

Gruppe von Ahmadinejad: 13

„Unabhängige“: 54

 

West-Asarbaijan:

Städte: 13

Reformer: 23

Prinzipientreue:22

Gruppe von Ahmadinejad: 9

„Unabhängige“: 24

 

Ardebil: Städte: 9

Reformer: 26

Prinzipientreue: 10

Gruppe von Ahmadinejad: 2

„Unabhängige“: 12

 

Isfahan: Städte: 29

Reformer: 56

Prinzipientreue: 70

Gruppe von Ahmadinejad: 12

„Unabhängige“: 23

 

Ilam: Städte: 4

Reformer: 8

Prinzipientreue: 6

„Unabhängige“: 7

 

Bushehr: Städte: 11

Reformer: 29

Prinzipientreue:3 

„Unabhängige“: 29

 

Chaharmahal und Bakhtiari: Städte: 13

Reformer: 30

Prinzipientreue: 14

„Unabhängige“: 22

 

Süd-Khorassan: Städte: 12

Reformer: 23

Prinzipientreue: 18

Gruppe von Ahmadinejad: 4

„Unabhängige“: 11

 

Khorassan Rasawi: Städte: 18

Reformer: 43

Prinzipientreue: 38

Gruppe von Ahmadinejad: 8

„Unabhängige“: 19

 

Nord-KhorassanStädte: 6

Reformer: 17

Prinzipientreue: 7

Gruppe von Ahmadinejad: 2

„Unabhängige“: 8

 

Khusistan: Städte: 8

Reformer: 27

Prinzipientreue: 3

Gruppe von Ahmadinejad: 2

„Unabhängige“: 15

 

Sanjan: Städte: 7

Reformer: 25

Prinzipientreue: 3

Gruppe von Ahmadinejad: 1

„Unabhängige“: 15

 

Sistan und Belutschestan: Städte: 9

Reformer: 33

Prinzipientreue: 4 

„Unabhängige“: 14

 

Fars: Städte: 23

Reformer: 56

Prinzipientreue: 39 

Gruppe von Ahmadinejad: 1

„Unabhängige“: 35

 

Qom: Städte: 5

Reformer: 10

Prinzipientreue: 15

Gruppe von Ahmadinejad: 2

„Unabhängige“: 2

 

Kurdistan: Städte: 7

Reformer: 9

Prinzipientreue: 5

„Unabhängige“: 23

 

Kerman: 15 Städte: 15

Reformer: 37

Prinzipientreue: 34

Gruppe von Ahmadinejad: 1

„Unabhängige“: 20

 

Kernmanshah: Städte: 13

Reformer: 43

Prinzipientreue: 27

„Unabhängige“: 17

 

Golestan: Städte: 11

Reformer: 30

Prinzipientreue: 20

„Unabhängige“: 6

 

Masandaran: Städte: 20

Reformer: 45

Prinzipientreue: 30

„Unabhängige“: 35

 

Zentralprovinz: 7 Städte: 7

Reformer: 11

Prinzipientreue: 11 

Gruppe von Ahmadinejad: 2

„Unabhängige“: 19

 

Hamedan: 6 Städte: 6

Reformer: 8

Prinzipientreue: 8 

Gruppe von Ahmadinejad: 3

„Unabhängige“: 19

 

Yasd: 10 Städte: 10

Reformer: 20

Prinzipientreue: 13 

Gruppe von Ahmadinejad: 2

„Unabhängige“: 17

 

Samnan: 4 Städte: 4

Reformer: 6

Prinzipientreue: 6 

Gruppe von Ahmadinejad: 2

„Unabhängige“: 12

 

Hormosegan: 14 Städte: 14

Reformer: 39

Prinzipientreue: 12

Gruppe von Ahmadinejad: 4

„Unabhängige“: 16

 

Lorestan: 6 Städte: 6

Reformer: 13

Prinzipientreue: 14

Gruppe von Ahmadinejad: 12

„Unabhängige“: 11

 

Auffallend ist, dass die Gruppe von Ahmadinejad, die sich „Khoshkhedmat“ [gute Dienste] nennt kaum Stimmen erhalten hat. Kargozaraan schreibt über die Gruppe von Ahmadinejad: „Trotz aller Instrumente und Möglichkeiten, die diese Liste hatte, konnte sie nicht gewinnen. Dabei haben die Reformer, obwohl sie kaum über Möglichkeiten verfügten und kaum Medien in der Hand hatten über 40 Prozent der Stimmen in den Provinzen gewonnen.“[2]

 

 

Kommunalwahlen in Teheran:

 

Bei den Kommunalwahlen in Teheran werden 15 Sitze verteilt.

Die Wahlbeteiligung in Teheran lag laut dem iranischen Staatsminister Mostafa Purmohammadi viel höher als beim letzten Mal: Während bei den letzten Kommunalwahlen lediglich ca. 560.000 Stimmen abgegeben wurden, seien dieses Mal mehr als 1.900.000 Teheraner zu den Wahlurnen gegangen.[3]

 

 

Die gewählten Teheraner Kandidaten[4]

 

1) Mehdi Chamran: 603.766 [Prinzipientreue, Hardliner]

2) Mortesa Talai: 539.761 [Prinzipientreue, Hardliner]

3) Rassul Khadem: 427.097 [Prinzipientreue, Hardliner]

4) Abbas Scheybani: 394.457 [Prinzipientreue, Hardliner]

5) Hadi Sai: 384.358 [Reformislamist]

6) Hamse Shakib: 330.233

7) Aliresa Dabir: 306.809

8) Parwin Ahmadinejad [Schwester des Präsidenten]: 249.549 [Hardliner]

9) Masume Ebtekar: 232.959 [Reformislamistin]

10) Ahmad Massjed Jamei: 216.015 [Reformislamist]

11) Mohammad Ali Najafi: 202.700 [Reformislamist]

12) Masume Abad: 201.754

13) Hassan Bayadi: 200.397 [Prinzipientreue, Hardliner]

14) Khossro Daneshjoo: 200.175

15) Habib Kashani: 197.284 [Prinzipientreue, Hardliner]

16) Abdolqayem Nassehi: 199.839

17) Hassan Siari: 188.226

18) Massoud Khossrawiwafa: 173.321 [Prinzipientreue, Hardliner]

19) Amir Ali Amiri: 160.934

20) Bahman Adibsadeh: 158.626

21) Mohssen Wafamehr: 154.877 

 

Der reformislamistischen Zeitung Kargozaraan zufolge sind ausdrücklich vier reformislamistische Kandidaten, die der „Etelaafe Bosorge Esslahtalaban“ zugehören“ [die große Koalition der Reformisten] unter den 15 Personen, die in die Teheraner Kommunen gewählt worden sind. 8 von ihnen sind ausdrücklich Hardliner.[5]

 

 

Expertenratwahlen

 

Die reformislamistische Zeitung Kargosaran schreibt: „Während der Präsidentschaftswahlen des Jahres 2005 konnten sich die Reformer [Linksislamisten] nicht mit den Rechten einigen. Das Reformlager hatte sich auf vier Hauptkandidaten geeinigt: Hashemi Rafsanjani, Mehdi Karrubi, Mostafa Moin und Mohssen Mehralisadeh“. Bei den diesjährigen Wahlen habe man sich auf  die „Achse Hashemi Rafsanjani, Seyyed Mohammad Khatemiat und Mehdi Karrubi“ geeinigt, so dass gemeinsame Listen zustande gekommen seien. Daher sei dieses Mal das Bündnis stärker als bei den letzten Präsidentschaftswahlen.[6]

 

Nach Kargosaran lauten die endgültigen Ergebnisse für Teheran:

 

Die ersten 10 gewählten Experten sind:

 

„1) Akbar Hashemi Bahramani, alias Hashemi Rafsanjani [1.564.197]

2) Mohammad Aqa Emami alias Emami Kashani [1.027.767]

3) Ali Akbar Feys alias Meshkini [1.015500]

4) Mohammad Yasdi [970.192]

5) Ahmad Jannati [929.403]

6) Taqi Mesbah, alias Mesbahe Yasdi, Mentor von Ahmadinejad, [879.883]

7) Hassan Rohani [884.190]

8) Qorbanali Dori Najafabadi [736.387]

9) Mohssen Kaserun, alias Kaseruni [716.828]

10) Seyyed Mohssen Aqa Mir Mohammad Ali alias Kharasi [688.212]“ [7]

 

Ca. 46 Millionen Menschen sind bei den Expertenratwahlen und ca. 43 Millionen bei den Kommunalwahlen wahlberechtigt. Für die Expertenratwahlen sind Iraner ab 18 und für die Kommunalwahlen ab 16 zugelassen. Man schätzt die Wahlbeteiligung auf 63%. 

 

 

Wie die staatliche Propaganda von den Wahlen profitiert

 

Der Herausgeber der Zeitung Kayhan Hussein Schariatmadari kommentierte die Wahlen wie folgt: „Die breite Beteiligung der Bevölkerung an den Wahlen weist darauf hin, dass sie die strategischen Linien des Systems unterstützen und die Macht des Staates schützen wollen. […]

 

Die Präsenz der Bevölkerung bei den Wahlen zeigt, dass sie sicher davon ausgehen, dass wir ein gesundes Wahlsystem haben. Jede abgegebene Stimme ist eine Stimme, die der Islamischen Republik Iran Legitimität verleiht. Alle Propaganda unserer Feinde, die darauf zielte, die Kluft zwischen der Bevölkerung und der Islamischen Republik zu vergrößern, hat sich als erfolglos erwiesen. […] Die Bevölkerung ist in einer Zeit präsent, in der Iran auf dem internationalen Parkett Tribut zahlen soll, aber die Drohungen haben bisher zu nichts geführt. […] Die Amerikaner tun immer so, als ob sie mit ihren Bedrohungen und Sanktionen nicht das iranische Volk meinen, sondern nur die Verantwortlichen der Regierung, aber die Wahlen haben gezeigt, dass die Bevölkerung und das politische System sich nicht auseinander dividieren lassen. Die Regierung kann sich sehr wohl auf die Unterstützung der Bevölkerung stützen und die ganze Propaganda dagegen war wirkungslos. […] Das Modell der Islamischen Revolution und der Islamischen Republik bleibt ein Modell für andere Völker in der Region. [..] Es ist doch ganz natürlich, dass die Völker der Region bei der Formulierung ihrer Forderungen an ihre Regierungen unsere islamische Revolution als Modell nehmen. […] Niemand zweifelt an den freien Wahlen in Iran. Sogar der Westen weiß, dass solche Propaganda zu nichts führen kann. Es ist doch klar, dass wenn die Bevölkerung sich so stark an den Wahlen beteiligt, dass sie ihrem Staat ihre Stimme gibt. Daher wirkt auch die Propaganda der Feinde nicht wenn sie von Menschenrechtsverletzungen und Unfreiheiten sprechen. [..]“[8]

 

 

Ex-Präsident Mohammad Khatami lobt Rafsanjani:

 

„Hier und da könnten Fehler bei den Wahlen auftreten. Das hat was mit dem Wahlsystem zu tun. Aber es wäre doch schade, wenn der süße Geschmack der Teilnahme von 28 Millionen Menschen an den Wahlen verbittert wird. Die Pflicht aller Verantwortlichen des Staates ist der Schutz der Stimmen des Volkes. Es kann sein, dass die Ergebnisse einer Wahlurne annulliert werden müssen, aber wir dürfen doch die Wahlen nicht prinzipiell in Frage stellen. […] Herr Hashemi Rafsanjani ist eine große Persönlichkeit und seine Rolle in der Revolution ist unbestreitbar. Während der letzten Präsidentschaftswahlen hat man versucht ihn unberechtigterweise schlecht zu machen. […] Manche Reformer haben sich gegenüber Rafsanjani sehr falsch verhalten. Die Würde der großen Persönlichkeiten muss immer geschützt sein.“ [9]

 

An dieser Stelle muss kommentiert werden, dass Mohammad Khatami erst vor wenigen Wochen „Israel als die wahre Bedrohung für die gesamte Region“ bezeichnete.[10]

 

 

Ayatollah Ali Khamenei spricht über die „Bedeutung der religiösen Volksherrschaft“

 

„ […] Die feierliche und starke Präsenz der verschiedenen Schichten der Bevölkerung an den Wahlurnen haben am 15. Dezember den Uneinsichtigen und Pessimisten erneut die Bedeutung der religiösen Volksherrschaft  gezeigt. Die Macht und das Selbstbewusstsein des iranischen Volkes wurden dabei deutlich. Weder das ungeeignete politische Klima am Tag der Wahlen noch das Klima der psychologischen Kriegsführung, das die Feinde in diesen Wochen geschaffen haben, konnten den nationalen Willen stören. […] Der göttliche Wille und die Wachsamkeit des Volkes hat die List der Übelwollenden besiegt und hat ein neues Kapitel in dem goldenen Buch dieses frommen und revolutionären Volkes eröffnet. Das starke und vernünftige Verhalten des Volkes und das Pflichtbewusstsein und die Aufrichtigkeit der Verantwortlichen haben dazu geführt, dass dieses Mal die religiöse Volksherrschaft im Vergleich zu den Demokratien in der Welt die gesündeste Demokratie ist und die Partizipation des Volkes im Vergleich mit den westlichen Demokratien am größten ist. Die Ergebnisse der Wahlen beweisen, wie die Bevölkerung die revolutionären Prinzipien teilt. Und ihre wachsende Präsenz vermittelt allen Freunden und Feinden des iranischen Volkes in der ganzen Welt eine deutliche Botschaft, die die Verwurzelung des Volkes mit dem islamischen Staat beweist.“ […] [11]

 

 

Hashemi Rafsanjani: „Ich bitte den Gott, dass ich den Rest meines Lebens neben dem religiösen Führer dem Volk und der Revolution diene.“

 

„Mit Dank und Lob des erhabenen Gottes hat das Epos des 15-Dezember der gesamten Welt bewiesen, dass dieses mutige Volk auf dem Weg, der von Ayatollah Khomeini eingeschlagen wurde, aufrichtig voranschreitet. Alle Verschwörungen und giftige Propaganda der Feinde werden die Entschlossenheit dieses Volkes nicht beeinflussen, das alle Errungenschaften der islamischen Revolution beschützt.“ Rafsanjani bedankte sich auch bei den Familienangehörigen der Märtyrer, die ihn gewählt haben. [….].

 

Das ist eine große Belohnung  für einen religiösen Schüler, in den 28 Jahren seit dem Sieg der islamischen Revolution den ersten Platz errungen zu haben. […] Ich bitte den Gott, dass ich den Rest meines Lebens neben dem religiösen Führer dem Volk und der Revolution dienen darf.“ [12]

 

 


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