Weblogger: Die Islamische Republik Iran ist ein „legitimer Staat“

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Weblogger: Die Islamische Republik Iran ist ein „legitimer Staat“

 

 

Der auch hierzulande bekannte Blogger, Hussein Derakhshan, berichtet von der Teilnahme an einer Konferenz des Aspen-Instituts. Derakhshan begründet im folgenden, warum und wie er auf der Konferenz die „Legitimität der Islamischen Republik Iran“ verteidigt habe. Derakhshan sieht keinen Unterschied zwischen den westlichen Demokratien und dem iranischen Regime, da aus seiner Sicht, die Menschenrechte überall verletzt werden.

 

 

„So, ich bin wieder zurück. War eine interessante Konferenz. Natürlich war die Konferenz anders als ich ursprünglich angenommen hatte, nicht offen und frei für alle, leider herrschte dort das Prinzip von Chatham House Rule. Daher ist es nicht erlaubt über die Teilnehmer und Anwesenden zu berichten. Und wenn über die Konferenz berichtet wird, darf man nicht den Namen oder andere Eigenschaften der Teilnehmer bekannt geben. Daher kann ich auch nicht erzählen, was die anderen genau erzählen. Ich kann aber über meine eigenen Ausführungen und zu den allgemeinen Reaktionen einige Erläuterungen liefern.

 

In Anbetracht der Tendenzen, die das rechts orientierte Aspen-Institut hat und in Anbetracht der Tatsache, dass der neokonservative Ex-Direktor, Jeffry Gedmin, seit neuestem Direktor von Radio Farda geworden ist, ist es selbstverständlich, dass ich zu einer Minderheit gehört habe. Die Veranstalter der Konferenz haben mir erzählt, dass einer ihrer Verbindungsleute mich zur Teilnahme an der Konferenz vorgeschlagen hat. Andere Berater hatten jedoch empfohlen mich nicht einzuladen. Derakhshan sei eine „controversal person“, am besten übersetzt man dieses Wort mit aufrührerisch? Daraufhin haben die Veranstalter gesagt, besser geht es nicht. Genau das wollten sie haben. Denn es habe doch keinen Sinn, wenn ein paar Leute, die ohnehin gleicher Meinung sind, miteinander einen Dialog führen und diskutieren.

 

Meine Rede über die Zivilgesellschaft im ersten Panel am zweiten Konferenztag, hat jedoch einige verärgert. Ich habe gesagt, dass die Islamische Republik nach den Krisen am Ende der [Regierungs-] Zeit von Rafsanjani verstanden hat, dass das Volk eine Rolle spielen muss. Daher hat die Regierung Khatami, mit einer impliziten Zustimmung von Khamenei [Führer] damit begonnen das Bewusstsein über die Zivilgesellschaft zu erweitern. In den acht Jahren Regierungszeit von Khatami wurden Tausende Nichtregierungsorganisationen, die in unterschiedlichen Bereichen tätig sind, gegründet. Sie wurden vom Staatsministerium der Reformregierung unterstützt.

 

Aber seitdem die Amerikaner verstanden haben, dass sie vom existierenden Potential der Zivilgesellschaft im Iran profitieren können, gerieten viele dieser Institutionen unter den Druck des iranischen Informationssystems. Ich habe [auf der Konferenz] gesagt, dass dieser Druck gewachsen ist, seitdem das Auswärtige Amt der Niederlanden eines seiner 15 Millionen Euro Projekte, die dem Pluralismus der Medien dienen sollten, an das neokonservative Freedom House, das einen sehr schlechten Namen hat, vergeben hat. Und seitdem es sich herausgestellt hat, dass Teile der amerikanischen Regierung offiziell den zivilen Ungehorsam im Iran unterstützen und dabei das Ziel des Regimewechsels verfolgen, ist der Druck gestiegen. Und seitdem amerikanische Institutionen in verschiedenen Teilen der Welt, wie z.B. in Dubai, Werkstätten zum Sturz der [iranischen] Regierung gründeten, verstärken die Hardliner und Pessimisten des iranischen Informationssystems ihren Druck auf die gesamte Zivilgesellschaft, besonders wenn sie Zeugen der offenen Berichterstattung von amerikanischen und europäischen Journalisten sind. 

 

Beispielsweise habe ich [auf der Konferenz] gesagt, dass das Institut, das sich ‚Koneshgaran‘ nennt, geschlossen wurde. Dessen Direktor heißt Sohrab Rasaqi, der im Staatsministerium eine hohe Verantwortung trug. Er war auch ein Vertrauensmann des Informationsministeriums [Geheimdienst] und der Regierung. Dennoch wurde das Institut im letzten Monat verboten, nachdem es mehrere Jahre offen war. Und obwohl Rasaqi selbst gesagt hat, dass das Auswärtige Amt und das Informationsministerium des Iran zuvor alle Verträge des Instituts mit den europäischen Institutionen kannten und die finanzielle Unterstützung abgesegnet hatten. Oder nehmen wir das Beispiel Shadi Sadr. Auch sie hatte die Regierung vollständig informiert. Dennoch wurde ihr Familienberatungsinstitut geschlossen. Sie wurde kürzlich verhaftet, obwohl sie eng mit einem Büro des Justizministeriums gegen die Todesstrafe und Steinigungen aktiv war.

 

Ich habe in Tat gesagt, dass die Ausnutzung der iranischen Zivilgesellschaft zur Durchführung eines Regimewechsels seitens der Amerikaner, das ganze Regime ernsthaft in Gefahr gebracht hat.

Wenn ich ehrlich bin, endeten alle Diskussionen damit, dass die Anwesenden, bis auf zwei oder drei Personen, ihre gesamte Argumentation und Analyse auf die unausgesprochene Hypothese aufbauten, dass die Herrschaft der Islamischen Republik nicht legitim sei. Ich habe diesen Punkt bestritten. Ich habe gefragt, mit welchen juristischen Argumenten denn oder auf der Grundlage welcher ethischer Maßstäbe man zu dem Schluss kommen könne, dass die Islamische Republik nicht über eine Legitimität verfüge. Ich habe sie gefragt, wie denn sie ihre Schlussfolgerungen aus solchen Annahmen ziehen können?

 

Ich habe ihnen gesagt, dass wenn man argumentiert, dass die Islamische Republik Iran ihre Legitimität verliert, weil sie die Menschenrechte ihrer Bürger verletzt, dann müsste man mit dem selben Argument auch viele andere Staaten als illegitim bezeichnen, obwohl Ihr [Westen] mit ihnen gute Beziehungen pflegt. Pakistan, Saudi-Arabien, Ägypten, Türkei, Jordanien, Vereinte Arabische Emirate verletzen doch die Menschenrechte mehr als der Iran. [sic!] Sogar Amerikas Legitimität könnte mit einer solchen Argumentation aufgehoben werden, gerade wegen des Gesetzes des USA Patriot Act[1] und wegen der Maßnahmen, die nach dem 11.9 getroffen wurden, und wegen Guantanamo und Abu Ghareib usw.

 

Und [ich habe gefragt] warum Ihr, wenn Ihr mit Demokratie argumentiert, so vielen Staaten, die überhaupt kein Wahlsystem haben, Legitimität verleiht, aber im Falle des Iran anders argumentiert, weil etwa im Iran die Wahlen nicht vollständig frei sind?

 

Wenn ihr juristisch argumentiert, dann muss man doch sagen, dass die Islamische Republik ihre Legitimtät von der Mehrheit der Bevölkerung bekommt. Zwei mal wurde ihre Verfassung zur Wahl gestellt. Bis heute nimmt die Mehrheit der iranischen Bevölkerung an den stattfindenden Wahlen teil.

 

Schließlich wurde ein nicht-iranischer Teilnehmer vor Wut rot. Seine Lippen, sein Gesicht und seine Hände zitterten. Er fragte mich dann, wer ich sei, woher ich käme, dass ich so etwas behaupten würde? Ich müsse beweisen, dass ich kein Agent des Regimes sei.

 

Das war sehr interessant. Ich habe überhaupt nicht erwartet, dass ein studierter und zivilisierter Mensch sich so über eine ihm widersprechende Meinung ärgert. Ich habe ihn gefragt, ob er mich denn verhören wolle? Dann habe ich gewitzelt, dass Ja, dass er einen richtigen Verdacht hatte. Ich habe ihn gefragt, ob er den Scheck über eine Million Euro, den Khamenei persönlich für mich unterschrieben hat, sehen will. Dann habe ich ihm erklärt, dass die Islamische Republik mein Weblogg seit drei Jahren filtere, weil sie gerade zu wenig Geduld mit meinem Weblogg hat. Ich habe ihm gesagt, dass ich, als ich im Iran war, wegen meiner Schriften,  verhört wurde, und dass ich sogar gezwungen wurde, einen Reuebrief zu unterschreiben.  Ich kann noch nicht einmal in den Iran zurückkehren, weil ich eines der größten Tabus gebrochen habe und nach Israel gereist bin. Ich habe gesagt, dass wenn das israelische  Informationssystem den kleinsten Verdacht bekommen hätte, ich nicht zwei Mal eine Einreiseerlaubnis bekommen hätte.

 

Ich habe gesagt, dass ich selbst Opfer der Ungeduld dieser Regierung bin. Dennoch können solche Dinge nicht die Legitimität der Islamischen Republik Iran vernichten. Genauso wie Guantanamo, Abu Gharreib und die Katastrophe des Irak nicht die gesamte Legitimität des amerikanischen Systems in Frage stellen kann.

 

Ich habe von dieser Konferenz gelernt, dass die Diskussionen immer so enden. Und diese Leute waren auch deswegen verärgert, dass jemand ihre Hypothese der Illegitimität der Islamischen Republik bestritten hat. Das ist eine große Schwäche in der gesamten Argumentation der Gegner der Islamischen Republik. Denn wenn man auf ihre Schwächen hinweist, ärgern sie sich, weil sie keine Antwort haben.

 

Jedenfalls war es insgesamt sehr gut. Und die Veranstalter waren auch zufrieden, weil im Gegensatz zu den meisten Konferenzen, in denen alle Teilnehmer dieselben Positionen teilen, dieses Mal unterschiedliche Meinungen geäußert wurden.“ [2]

 

 



[1] Gesetz zur Stärkung und Einigung Amerikas durch Bereitstellung geeigneter Werkzeuge, um Terrorismus aufzuhalten und zu blockieren.


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