Irak: Bringt Scharm el-Sheikh uns der Demokratisierung des Mittleren Ostens näher?

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Irak: Bringt Scharm el-Sheikh uns der Demokratisierung des Mittleren Ostens näher?*
 
Wahied Wahdat-Hagh
von Wahied Wahdat-Hagh, Kolumnist für WELT DEBATTE 
 
 
Die Teilnehmer der Irakkonferenz kamen aus 63 Staaten und von internationalen Organisationen. Der Wiederaufbau des Irak und die Einbeziehung der Nachbarstaaten im Prozess der Demokratisierung der Region gehörten zur Agenda. Ein Umdenken im Iran konnte Condolezza Rice jedoch nicht einleiten.

In der ägyptischen Stadt Sharm el-Sheikh fand letzte Woche eine zweitägige Irak-Konferenz statt. Im ersten Teil ging es um die innere Konsolidierung des Irak, im zweiten Teil um die Einbeziehung auch Syriens und des Iran.

Zu den wirtschaftlichen Themen der Konferenz gehörten ein Reformplan und der Wiederaufbau des Irak, der einhergehen soll mit einer Aussöhnung der verfeindeten irakischen Parteien, Volksgruppen und Konfessionen. Ein konkretes Ergebnis war der Schuldenerlass in Höhe von 30 Milliarden Dollar. Zudem sollen 5 Milliarden Dollar Neuinvestitionen in den irakischen Markt getätigt werden.

Angesichts des offenbar positiv verlaufenen Treffens der US-Außenministerin Condolezza Rice mit ihrem syrischen Pendant Walid Moulam, wurden zunächst Erwartungen gehegt, ob ein neuer Dialog mit dem Iran möglich sei. Der Versuch ist im Ansatz gescheitert, das Eis nicht gebrochen. In einem Smalltalk empfahl stattdessen Manuchehr Mottaki, iranischer Außenminister, seiner US-amerikanischen Amtskollegin, das persische Eis, weil es das Beste sei. Ergo: Die Beziehungen bleiben auf dem Gefrierpunkt.

Der Sprecher des iranischen Außenministeriums, Mohammad Ali Husseini, dementierte obendrein, dass es ein gesondertes Gespräch zwischen der US-amerikanischen Außenministerin und ihrem iranischen Pendant gegeben habe.

Hussein Sobhaninia, Mitglied der Kommission der nationalen Sicherheit des islamistischen „Parlaments“ des Iran wusste zudem, dass es „sehr unwahrscheinlich ist, dass iranisch-amerikanische Gespräche Erfolge zeitigen.“
Ein weiteres Mitglied desselben Gremiums kommentierte , dass die Konferenz keine Sicherheit für Irak mit sich bringen könne und ergebnislos zu Ende gegangen sei.

Ayatollah Ahmad Jannati, Teheraner Freitagsprediger, fragte in Hinblick auf die Irak-Konferenz demagogisch, warum die Menschen in der Region eigentlich einen Vormund brauchen? Die Konferenz sei eigentlich eine Einmischung in die Angelegenheiten des Irak. Die westlichen Regierungen wollten doch nur eine Regierung in Irak stabilisieren, die sie alleine kontrollieren. Die Teilnahme des Iran sei daher wichtig, um der Konferenz auch andere Impulse zu geben.

Die Ursache für den Terrorismus in Irak, liegt nach der Propaganda des iranischen Staatsklerus lediglich in der westlichen Politik. Jannati verdammte daher auch prompt die Briten und die US-Amerikaner, weil sie den Irak besetzt hielten.

Der iranische Außenminister nahm tatsächlich an der Irakkonferenz teil, sorgte jedoch für schlechte Stimmung, indem er das Abendessen der Konferenzteilnehmer verließ, weil eine russische Musikerin nicht ausreichend islamisch gekleidet war. Der reformislamistischen Zeitung Entekhab zufolge soll die ukrainische Violinistin dazu bemerkt haben: „Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass ich oder mein Kleid ein Problem darstellten.“ Ihr rotes Kleid ohne Arm sei sehr elegant gewesen. Außerdem hätte die „weibliche Bedienung des Hotels nur kurze Röcke getragen.“

Mehrnews kam in einer Analyse zu dem Schluss, dass der Themenschwerpunkt „Föderalismus und Unabhängigkeit“ für Irak als durchaus positiv zu bewerten sei, da dies für die pluralistische irakische Gesellschaft wichtig sei.

Unter dem Strich geht es den iranischen Politikern gegenwärtig hauptsächlich um die Macht der Schiiten und um die Sicherung der Machtposition des Iran. Ali Reza Akbari, Sekretär des iranischen Verteidigungsministers, brachte die Perspektive des Regimes auf den Punkt: Der Iran habe der Welt vor Augen geführt, dass ohne ihn niemals eine „legitime Entscheidung“ fallen könne. Faktisch versucht das iranische Regime die positive Dynamik, die mit der Irak-Konferenz in Gang gesetzt wurde, zu bremsen.

Für einen Kolumnisten der Kuwait Times dagegen war das Ziel der Konferenz, Frieden und Stabilität in Irak zu fördern. Dies sollte durch Verhandlungen, nationale Versöhnung und internationale Hilfe zustande kommen.
Die libanesische Zeitung
Al-Hayat ordnete die Konferenz als einen Teil des von USA forcierten Demokratisierungsprogramms eines Greater Middle East ein. Präsident Bush habe aber auch die Konferenz gebraucht, um einen Teil der Belastungen auf die UNO abzuwälzen.

Zwar bewertete der iranische Außenminister Manuchehr Mottaki die Unabhängigkeitsbestrebungen der Regierung Maleki als einen positiven Schritt und betonte, dass der Iran vorhabe neue Aufbauprojekte im Süden und Norden Iraks durchzuführen.

Dennoch kann der Konflikt um die Demokratisierung des Mittleren Ostens auf eine Grundfrage zurückgeführt werden: welches Modell soll im Mittleren Osten realisiert werden? Soll die Region Teil einer demokratischen „einen Welt“ werden, oder endgültig unter Herrschaft der iranischen Khomeinisten geraten, die das Ziel verfolgen, weiteren totalitären islamistischen Bewegungen zur Macht zu verhelfen? Die Irak-Konferenz war ein Stachel im Fleisch derjenigen, die ein paradigmatisches Gegenmodell der Islamisierung der Region gegen die „Verwestlichung“ und Demokratisierung umsetzen wollen.

 

*Zuerst veröffentlicht bei WELT Online. Für die Rechte zur Weiterveröffentlichung bedanken wir uns beim Autor.

 

 


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