Iran: Innenminister empfiehlt der Jugend die Polygamie

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Iran: Innenminister empfiehlt der Jugend die Polygamie
 
Wahied Wahdat-Hagh von Wahied Wahdat-Hagh, Kolumnist für WELT DEBATTE
 
 
Der iranische Innenminister, Mostafa Purmohammadi, empfahl der iranischen Jugend Polygamie und Zeitehe. Nach dem massiven Vorgehen gegen iranische Frauen und junge Männer, die unislamische Kleidung tragen, wird nun eine islamische Lösung für den Zeitvertreib der Jugend gesucht.

Der iranische Innenminister, Purmohammadi, hat kürzlich auf einer Versammlung in der Klerikerstadt Qom 15-jährige junge Männer aufgefordert Zeitehen einzugehen. O-Ton des iranischen Staatsministers: „Der Mensch hat natürliche Instinkte, die auf dem richtigen Wege befriedigt werden müssen. Der Islam ist die vollkommenste Religion und hat auf alle Probleme der Menschen eine Antwort. Die Zeitehe ist als eine Lösung solcher Probleme im Islam vorgesehen.“ Der Staatsminister forderte die Klerikerschulen auf, dieses von „Gott geschaffene Gesetz“ mehr zu propagieren.

Das islamische Gesetz der Zeitehe

Eine juristische Erklärung für den Stellenwert der Zeitehe in der iranischen Staatsgesetzgebung lieferte ein Anwalt namens Abdolsamad Khoramshahi: „Aus der Sicht der Scharia und des Staatsgesetzes gibt es unterschiedliche zeitliche Beschränkungen bei einer Eheschließung. Eine Gesetzeslücke haben wir bei dieser Frage nicht. Auch eine zeitlich begrenzte Ehe zählt als eine Ehe.“ Es gäbe kein gesetzliches Problem, nur die „gesellschaftliche Kultur hat diese Gesetzgebung noch nicht akzeptiert,“ stellt der Jurist fest. Die Männer würden aus unterschiedlichen Gründen eine Zeitehe verheimlichen, was den betroffenen Frauen oft Probleme bereiten würde. Wenn infolge einer Zeitehe ein Kind geboren werde, trage der Vater die finanzielle Verantwortung für das Kind. Wenn aber der Vater nach einer Zeitehe verleugne, das Kind gezeugt zu haben, gäbe es kein Gesetz, das die Probleme Frau löst. Die Leugnung des Vaters würde zu psychischen, sozialen und wirtschaftlichen Schäden für die betroffenen Frauen und Kindern führen.

Das Heiratsalter steigt trotzdem

Die Frage stellt sich nun, warum der Innenminister einen solchen Vorschlag macht. Ein Autor fragt, vielleicht führen die wirtschaftlichen Probleme der Gegenwart dazu, dass man die religiös erlaubte zeitliche Ehe propagiert? Immerhin habe der Innenminister gesagt, dass der „Islam für alle geschlechtlichen Instinkte eine Lösung kenne.“ Aber die Zeitehe könne „nicht erfolgreich umgesetzt werden, wenn nicht praktische und kulturelle Programme entwickelt werden, die diese Idee förderten.“ Die tatsächliche Zahl des Heiratsalters sei im Iran gestiegen. Männer würden im Alter zwischen 27 und 34 Jahren und Frauen zwischen 22 und 29 Jahren heiraten. Gleichzeitig sei die Anzahl der verheirateten Paare, die zwischen 15 und 24 Jahre alt sind, spürbar gesunken.

Tatsächlich macht sich der Klerus Gedanken, warum das islamische Gesetz nicht mehr von der Gesellschaft angenommen werde. Der Freitagsprediger von Qom, Ebrahim Amini, beispielsweise hatte für die „Wollust der Jugend“ gleich einen Lösungsvorschlag. Die Staatsbeamten sollten doch „Maßnahmen, wie die Gründung von Zentren ergreifen, damit junge Menschen weniger Probleme bei der Suche des Ehepartners haben.“ Die Gesellschaft brauche dringend solche Zentren, so Amini.

Muslimische Männer und nicht-muslimische Frauen

Bezeichnenderweise dürfen muslimische Männer mit einer Jüdin oder Christin, d.h. Frauen, anderer Religionszugehörigkeit eine Zeitehe eingehen, umgekehrt darf eine muslimische Frau keine Zeitehe mit einem Nichtmuslim eingehen. [Gemeint sind Angehörige der im Iran anerkannten Religionen] Großayatollah Sistani predigt im irakischen Najaf, hat aber viele Anhänger auch im Iran. Ihm zufolge sollte ein Muslim auch keine Dauerehe mit einer Nicht-Muslimin eingehen. Die Zeitehe eines muslimischen Mannes mit einer Nicht-Muslimin, die mit einem Nicht-Muslim verheiratet ist, sei aber erlaubt! Die Zeitehe mit einer Muslimin, die mit einem Muslim verheiratet ist, ist hingegen strikt verboten. Dafür darf ein muslimischer Mann offiziell sogar mit einer Prostituierten eine Zeitehe eingehen.

Die iranische und die arabische Gesellschaft

Es gibt auch islamistische Stimmen, die der Meinung sind, dass die Vielehe im Iran nicht so gut ankommt, wie in den arabischen Ländern. Mohamad Taqi Rahbar, geistliches Mitglied des islamistischen Parlaments, sagte zu den Problemen der Durchsetzung des islamischen Gesetzes: „Die iranische Gesellschaft hat gezeigt, dass sie mit diesem Thema Probleme hat. Wann immer dieses Thema der Zeitehe thematisiert worden ist, hat die Gesellschaft es nicht so positiv aufgenommen. Unsere Kultur passt nicht zu der Idee der Polygamie und der Zeitehe. Ein Blick auf die Gesellschaft beweist, dass niemand in Wohlstand und in Ruhe lebt und dabei Polygamie und Zeitehe betreiben kann. Ganz anders haben die Araber dieses Thema gänzlich akzeptiert und haben diese Geschichte für sich gelöst.“

Er setzte fort, dass vor einigen Jahren auch Ex-Präsident Rafsanjani die Polygamie empfohlen habe, aber die Gesellschaft habe schon damals nicht positiv reagiert. Er ist der Meinung, dass die Zeitehe die dauerhaften Probleme der Jugend nicht lösen kann. Rahbar meint, dass das religiöse Gesetz vorschreibe, dass die noch keusche Tochter den Vater um die Erlaubnis frage. Er könne sich jedoch keinen Vater vorstellen, der seiner Tochter eine Zeitehe erlaube, auch wenn die Sicherheit der Tochter in der Zukunft nicht gewährleistet sei. Was würde denn die Tochter machen, wenn sie infolge der Zeitehe ein Kind bekommt. Daher sei die Zeitehe eigentlich aus religiöser Sicht nur für unkeusche Frauen angebracht. Schließlich plädierte er für die Idee der „Häuser der Sittlichkeit“. Es sind Häuser, die Prostituierte aufnehmen und umerziehen sollen.

Zeitehe fördert die Prostitution im Gottesstaat

In einem Weblogg schreibt eine Iranerin, dass im Iran die Prostitution sogar unter 11 bis 18 jährigen Mädchen verbreitet sei. Die „Häuser der Sittlichkeit“ würden lediglich die Unterschiede zwischen den Rechten der Männer und denen der Frauen vergrößern.

Ein Hotelbediensteter berichtet, im Norden von Teheran, in vier und fünf Sterne-Hotels, sei es sehr gängig, dass „Gäste mit einem schriftlichen Dokument über eine Zeitehe regelmäßig Zimmer mieten. Sogar auf speziellen Websites geben Männer und Frauen Anzeigen auf und geben ihr Interesse an einer Zeitehe bekannt.“ Oft würden auch junge Männer zwanzig Jahre ältere Frauen islamisch für eine Nacht „heiraten“.

Fakt ist, dass die Zeitehe die meist alleingelassenen Frauen in Armut, Prostitution, Drogensucht und Aids treibt. Der iranische Gottesstaat besitzt ohnehin die meisten Prostituierten im Mittleren Osten. Das anachronistische Gesetz der islamischen Polygamie ist ein Beispiel für die ideologische Krise des sich religiös legitimierenden Staatsideologie, wenn diese von der Gesellschaft immer weniger respektiert und akzeptiert wird.

 

*Zuerst veröffentlicht bei WELT Online. Für die Rechte zur Weiterveröffentlichung bedanken wir uns beim Autor.

 

 


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