Iran: Todesurteil bestätigt

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Iran: Todesurteil bestätigt*

 
Wahied Wahdat-Hagh von Wahied Wahdat-Hagh, Kolumnist für WELT DEBATTE
 

Seit 19 Jahren muss der Schriftsteller Salman Rushdie in Angst leben. Am 14.2.1989 verurteilte Ayatollah Khomeini ihn in einer Fatwa als Abtrünnigen, der die Todesstrafe verdient habe. Dem iranischen Revolutionsführer zufolge sei es die Pflicht eines jeden Muslim Rushdie hinzurichten. Ahmad Khatami, Freitagsprediger, bestätigte gestern dieses Todesurteil.

In fast der gesamten islamischen Welt protestierten in den letzten Tagen fanatisierte Muslime gegen die Verleihung der Ritterwürde an Salman Rushdie. Die britische Queen wird Salman Rushdie wegen seiner schriftstellerischen Leistungen ehren. Jenseits der Proteste in Iran und in Pakistan hat auch das ägyptische Parlament die britische Entscheidung kritisiert.
Der Vorsitzender des Rates der indonesischen Moscheen meinte, dass „die Meinungsfreiheit nur als Vorwand benutzt werde“, damit überlegene Personen sich das Recht nehmen, alles über andere sagen zu dürfen.

Und der pakistanische Minister für Religionsangelegenheiten warnte sogar davor, dass die Auszeichnung des Schriftstellers ein Selbstmordattentat rechtfertige. Mohammad Ijaz ul-Haq sagte: „Derjenige, der eine Bombe an seinem eigenen Körper zur Explosion bringt, befindet sich im Recht, solange die britische Regierung sich nicht entschuldigt und den Titel des ‚Sir‘ nicht zurücknimmt.“

Bei diesen Aussagen schimmert nicht das geringste Verständnis von der Freiheit der Kunst, der Meinungs- und Gewissensfreiheit und der Gewaltfreiheit in politischen Auseinandersetzungen durch. Hat etwa Ijaz ul-Haq mit einer solchen Aussage bewusst Ayatollah Khomeini huldigen wollen?

Woher kommen die un-geistigen Brandstifter

Schon im Februar des laufenden Jahres, pünktlich zum Jahrestag der Fatwa, wurde bestätigt, dass an dem Todesurteil, das Khomeini am 14.2.1989 verkündet hatte, nichts zu rütteln sei. Die iranische Regierung hat 1998 zwar erklärt, sie werde keine eigenen Kommandos mit der Tötung Rushdies beauftragen, aber wie der folgende Wortlaut des Todesurteils, das zum wiederholten Male am 17.6.2007 in verschiedenen iranischen Zeitungen veröffentlicht wurde, zeigt, hatte Khomeini alle Muslime aufgefordert Rushdie zu ermorden. Ein staatlicher Mordauftrag wie beim Mykonosattentat in Berlin oder bei der Ermordung von iranischen Politikern in Wien und Paris, war im Falle Rushdies von vornherein nicht geplant gewesen. Dem Revolutionsführer war es auch gleich, dass er mit seinem Mordauftrag in Rechtsräumen anderer Staaten hineinregierte. Ayatollah Khomeini sagte damals:

„Im Namen Gottes. Wir gehören Gott, und zu ihm kehren wir zurück. Ich erkläre allen stolzen Muslimen in der ganzen Welt, dass der Autor, der das Buch der Satanischen Verse gegen den Islam, gegen den Propheten und gegen den Koran verfasst, gedruckt und veröffentlicht hat, sowie alle seine Verleger, die den Inhalt des Buches kennen, zum Tode verurteilt sind. Ich fordere die stolzen Muslime auf, wo sie diese Personen auch finden mögen, sie sofort hinzurichten, damit niemand es mehr wagt, die Heiligtümer der Muslime zu beleidigen. Wer auf diesem Weg ermordet wird, zählt als Märtyrer, wenn Gott will. Darüber hinaus, falls jemand den Aufenthaltsort des Verfassers kennt, jedoch selbst nicht die Macht besitzt ihn persönlich hinzurichten, soll er die Bevölkerung informieren, damit dieser [Rushdie] den Lohn seiner Taten bekommt.“

Das Informationsbüro des Ayatollah Khomeini gab bekannt, dass dieser „alle Muslime des Iran und der Welt angesprochen habe und die Notwendigkeit der Ermordung von Salman Rushdie betont habe.“ Weiterhin zitierte das Büro Ayatollah Khomeini, vier Tage nach der Verkündung der Fatwa mit folgenden Worten: „Im Namen Gottes. Die kolonialistischen ausländischen Medien lügen, wenn sie den verantwortlichen Instanzen der Islamischen Republik zuschreiben, dass sie das Todesurteil aufheben würden, falls der Autor der Satanischen Verse bereut. Dieses Thema ist hundertprozentig falsch. Wenn Salman Rushdie bereut und wenn er sogar der Asket seiner Zeit wird, bleibt es die Pflicht aller Muslime alle Mühen, Leben und alles Geld daran zu setzen, um ihn in die Hölle zu schicken. Wenn ein Nicht-Muslim erfahren sollte, wo er sich befindet und wenn der Nicht-Muslim die Macht besitzen sollte, ihn schneller als ein Muslim hinzurichten, ist es die Pflicht der Muslime, ihm das, was er als Gegenleistung will, als einen Preis oder als seinen Lohn zu geben.“

Die Notwendigkeit der Hinrichtung Rushdies erneut bestätigt

Tatsächlich hat der gegenwärtige Führer des Iran, Ayatollah Ali Khamenei die westliche Berichterstattung ausdrücklich zurückgewiesen, wonach das Todesurteil von Salman Rushdie zurückgenommen worden sei. Farsnews schrieb, dass „das Urteil Khomeinis auch nach dessen Tod nicht revidierbar“ sei. Schließlich habe im Jahr 2004 Ayatollah Khamenei die „Notwendigkeit der Hinrichtung Salman Rushdies betont.“ Farsnews schrieb am 14.2.2007: „In den letzten 18 Jahren haben Rushdie und seine Unterstützer immer wieder versucht den Muslimen zu widerstehen, damit vielleicht das historische Urteil gebrochen oder geschwächt wird. Aber sie haben nichts erreicht. Und die Muslime der Welt warten immer noch auf ihre Gelegenheit, um ihre revolutionäre und gesetzliche Pflicht zu tun.“ Farsnews weiter: „Der 59-jährige Salman Rushdie muss in aller Ewigkeit Todesträume haben und vor den moralischen Kindern von Ayatollah Khomeini fliehen.“ Gestern betätigte der Freitagsprediger Ahmad Khatami erneut das Todesurteil gegen Rushdi.

Die Zusammenarbeit der staatlichen und halbstaatlichen Brandstifter

Seit 1991 haben bisher drei iranische Institutionen ein Kopfgeld für Salman Rushdie ausgeschrieben: Die Stiftung des „15. Khordad“, die sich nach dem Aufstand von Ayatollah Khomeini und seiner Anhänger im Jahr 1963 benannt hat. Die „Märtyrerstiftung“ und der „Stab zum Gedenken der Märtyrer der islamischen Weltbewegung“ sind zwei weitere iranische Institutionen, die bisher Kopfgelder für die Ermordung des weltbekannten Schriftstellers ausgeschrieben haben. Dieser „Stab“ rekrutiert im übrigen freiwillige Selbstmordattentäter für den islamistisch-palästinensischen Kampf gegen Israel und arbeitet nach eigenen Angaben eng mit der libanessischen Hisbollah zusammen.

Die „Bonyads“ genannten Stiftungen sind quasi-staatliche Institutionen, die über viel Geld und Macht verfügen. Forus Rajai, Direktor des genannten „Stabes zum Gedenken der Märtyrer der islamischen Weltbewegung“ gab am letzten Montag bekannt, dass derjenige, der Rushdie hinrichte, 150.000 Dollar verdienen könne. Damit könnte der Mörder heute von dieser „NGO“ 50.000 Euro mehr bekommen als noch im letzten Jahr, denn das Kopfgeld ist erhöht worden.

Es sei auch daran erinnert, dass der Sprecher des iranischen Außenministeriums, Seyyed Mohammad Ali Husseini, gerade Salman Rushdie als einen „Abtrünnigen und eine verhasste Person“ bezeichnete.
Und es sollte auch nicht vergessen werden, dass für den Abtrünnigen im Islam die Todesstrafe vorgesehen ist. Ähnliche Aussagen haben auch andere iranische Politiker in den letzten Tagen getroffen. Damit ist die konzertierte Aktion des islamistischen Staates und seiner halbstaatlichen Organe zur Ermordung eines der bedeutendsten Vertreter der Literatur des magischen Realismus perfekt.

Blumen, die das Todesurteil verdrängen lassen

Im August letzten Jahres wurde Salman Rushdie in einem Spiegel-Interview gefragt, was denn wäre, wenn der iranische Präsident Ahmadinejad die Fatwa gegen ihn „reaktivieren“ würde. Rushdie wollte solchen Spekulationen keine Bedeutung schenken. Den 14. Februar könne er nicht aus seinem Gedächtnis streichen, denn es handele sich um den Valentinstag. Wenigstens vergesse er nicht, an diesem Tag Blumen für seine Frau zu kaufen.

 

 *Zuerst veröffentlicht bei WELT Online. Für die Rechte zur Weiterveröffentlichung bedanken wir uns beim Autor.

 

 


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