Iran: Putin zu Gast in Teheran

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Iran: Putin zu Gast in Teheran

 
Wahied Wahdat-Hagh von Wahied Wahdat-Hagh, Kolumnist für WELT DEBATTE
 
 
Die iranische Regierung feiert die Ausdehnung ihrer wirtschaftlichen Beziehungen zu Russland. Der US-Plan zur Isolierung des Iran sei gescheitert. Dabei setzt Putin seine nationalegoistischen Interessen durch.

Als Stalin am 28. November 1943 nach Teheran reiste, ging es um die erste Konferenz der wichtigsten Alliierten, Großbritannien, USA und Sowjetunion. Franklin D. Roosevelt, Winston Churchill und Stalin besprachen, wie Nazi-Deutschland bekämpft und besiegt werden muss. Seitdem war kein russisches Staatsoberhaupt mehr nach Teheran gereist. Inzwischen warnt der US-amerikanische Präsident Bush vor einem Dritten Weltkrieg. Der russische Präsident Wladimir Wladimirowitsch Putin warnt dagegen vor einem militärischen Angriff gegen den Iran durch „fremde“ Staaten vom Boden eines Anrainerstaates des kaspischen Meeres und meint damit die USA.

Sollen Europäer dem russischen Weg folgen?

Das iranisch-russische Handelsvolumen soll in den nächsten zehn Jahren auf zweihundert Milliarden Dollar ansteigen, kündigte der iranische Präsident Ahmadinejad an. Russland sei entschlossen, den Bau des Atomreaktors in Bushehr zu beenden und Brennstäbe zu liefern. Die Absprachen seien im energiepolitischen Interesse beider Staaten. Moskau will zudem in Gas- und in Ölanlagen investieren.

Kein Wunder, dass die iranischen Politiker die Stärke des Iran feiern. Die US-amerikanische Isolationspolitik sei dank des Besuchs des russischen Präsidenten gescheitert. Kazem Jalai, Majlessmitglied, wusste sogar, dass Russland das US-amerikanische Raketenschild, aber auch die Präsenz der USA im Mittleren Osten ablehne, was für die „iranische Position sehr wichtig sein könnte.“

Der iranische Politiker Lotfollah Forusande schlussfolgerte beispielsweise, dass „Putins Reise den Europäern gezeigt hat, dass sie dem russischen Weg folgen müssen, im Interesse ihrer eigenen Beziehungen.“

Geoökonomischer Verteilungskampf ums kaspische Meer

Die iranischen Machthaber wissen, dass es keinen Sinn hätte auf den Vertrag zwischen der Sowjetunion und dem Iran aus dem Jahr 1921 zu pochen. Damals wurde das kaspische Meer einfach geteilt. 1927 gab es einen weiteren Vertrag, der die Fischerei beider Staaten sicherte. Die Fischfangzone betrug für jedes Land zehn Meilen. 1940 wurde der Schiffsverkehr geregelt.

Die Zeiten haben sich geändert. Das kaspische Meer hat heute fünf Anrainerstaaten: Turkmenistan, Kasachstan, Russland, Aserbaidschan und Iran. Kasachstan grenzt mit etwa 1900 km und Iran mit etwa 657 km an das kaspische Meer. Iran beansprucht aber eine zwanzigprozentige Beteiligung an den riesigen Gas- und Ölressourcen.

Es geht um den Meeresboden und die Wasseroberfläche. Immerhin weiß man, dass sieben Prozent der Erdölvorräte und rund zwölf Prozent der Erdgasreserven der Welt sich dort befinden. Russland, Kasachstan und Aserbaidschan haben das Problem der Aufteilung schon trilateral gelöst, indem sie 64 Prozent des kaspischen Meeres unter sich aufgeteilt haben. Danach wird der Meeresgrund geteilt, das Wasser wird aber gemeinsam genutzt. Nationale Sektoren werden nach einer definierten Mittellinie bestimmt. Gemessen wird der Öläquivalent in Tonnen. Iran würde nur 0,9 Milliarden Tonnen, Turkmenistan 1,5 Milliarden Tonnen, Russland zwei Milliarden Tonnen, Aserbaidschan vier Milliarden Tonnen und Kasachstan 4,5 Milliarden Tonnen Öläquivalent bekommen.

Wie im Jahr 2002 konnten die kaspische Konferenzteilnehmer sich nicht auf einen Kompromiss einigen. Aber die iranischen Machthaber sind froh, dass die Amerikaner jetzt nicht einfach aus Turkmenistan oder von einem anderen Anrainerstaat in den Iran einmarschieren können.

Iranischer Experte ist skeptisch

Der iranische Experte und Direktor eines iranischen Forschungsinstituts Abbas Maleki sagte beispielsweise: „Wir glauben nicht daran, dass Russland ein strategischer Verbündeter des Iran ist.“ Aber Iran könnte angreifbar werden, falls die Beziehungen mit Russland nicht gepflegt würden. Das kaspische Meer habe eine strategische Bedeutung für den Iran. Der persische Golf könne in „jedem Moment“ blockiert werden. Iran hatte oft gewarnt im Falle einer Krise einige Schiffe im Hormus-Kanal zu versenken und eine Weltenergiekrise zu verursachen. Aber das kaspische Meer ist ganz und gar nicht unter Kontrolle. Maleki traut den Russen einfach nicht. Es sei nicht sicher, ob Russland im Falle eines US-amerikanischen Militärangriffs Iran verteidigen werde. Denn „Russland habe seinerzeit auch nicht Irak, Syrien oder Libyen verteidigt.“

Putin sprach im Interesse des Iran

In Teheran warnte Putin vor einer „Erweiterung der NATO.“ Er sagte: „Wir sind besorgt, dass sich die NATO den russischen Grenzen annähern könnte.“ Putin forderte auch einen baldigen Abzug der westlichen Armeen aus Afghanistan und Irak. Zudem versprach der russische Präsident die Fortsetzung des Baus des Atomkraftwerkes in Bushehr. Auch die nötigen Brennstäbe sollten drei Monate vor der Inbetriebnahme in den Iran geschickt werden.
In einer iranisch-russischen Erklärung wurde zudem die Lieferung von russischen Flugzeugen des Modells Tupolew TU-204-100 an den Iran angekündigt.

Westliche Demokratien könnten die Verlierer sein

All das betrachtet Ali Khamenei, iranischer Revolutionsführer nicht als einen Anreiz, um einzulenken. Im Gegenteil versicherte er Putin, am Urananreicherungsprogramm festzuhalten.

Russland und China finden den iranischen Markt sehr attraktiv. Iran kommt trotzdem nicht immer seinen Schuldenzahlungen nach. Auch eine iranische Atombombe dürfte Putin nicht erfreuen. Europa ist gespalten. Deutschland, Italien und Spanien sind gegen neue europäische Sanktionen. China und Russland gegen UN-Sanktionen.

Zwar hat Putin scheinbare Stärke gezeigt, indem er trotz Attentatsdrohungen in den Iran reiste. Aber ein wirklicher Hebel zur Durchsetzung europäischer Interessen scheint seine Politik nicht zu sein. Sie hat viel mehr den Anschein, als ob Putin und Ahmadinejad russisches Roulette spielen.

 

 

 


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