Iran: Wenn Diktaturen in die deutsche Zivilgesellschaft hineinregieren

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Iran: Wenn Diktaturen in die deutsche Zivilgesellschaft hineinregieren

Wahied Wahdat-Hagh von Wahied Wahdat-Hagh, Kolumnist für WELT DEBATTE

 

In Artikel 4 Absatz 2 des deutschen Grundgesetzes ist das Grundrecht auf ungestörte Ausübung der Religion gewährleistet. Ausgerechnet im interreligiösen Dialog in Hamburg verhindern Vertreter des iranischen Gottesstaates die Ausübung eines deutschen Grundrechts.

Wenn die Intoleranz sich durchsetzt

Religiös-politische Vertreter des Iran schleusen die iranische Religionspolitik in den säkularen Rechtsstaat der Bundesrepublik Deutschland ein. Mit der Begründung, das Baha´itum sei keine Religion, so wie Revolutionsführer Ayatollah Khomeini es propagiert, werden sogar deutsche Baha´i aus dem interreligiösen Dialog in Hamburg ausgesperrt. Iranische Religionspolitiker verhindern das verbriefte Recht der deutschen Baha´i auf Religionsfreiheit. In der islamischen Welt, gegenwärtig insbesondere in Iran und in Ägypten , werden die Baha´i verfolgt. Inzwischen werden sie auch in Deutschland diskriminiert. Nicht von Seiten des Staates, sondern von schiitischen Minderheiten in Hamburg, die von der „Islamischen Republik Iran“ befehligt werden.

Interreligiöser Dialog klingt immer positiv und nach gegenseitiger Achtung und Respekt, aber nicht im Interreligiösen Forum Hamburg (IFH). Dort wird der harmonische Anspruch des Dialogs zwischen Christen, Juden, Buddhisten, Hindus, Muslimen und Baha´i zunichte gemacht. Schiitische und sunnitische Muslime haben sich in einem Schura – Rat der islamischen Gemeinschaften in Hamburg e. V. organisiert. Mit einem Vetorecht hat die Schura die Baha´i aus dem Interreligiösen Forum ausgegrenzt. Die meisten muslimischen Organisationen begrüßen die Teilnahme der Baha´i am Dialog. Immerhin sind in der Hamburger Schura rund vierzig Moscheen organisiert. Aber die Imam Ali-Moschee unter Führung des iranischen Ayatollah Ghaemmaghami und des Revolutionsführers Ali Khamenei hat sich durchgesetzt.

Juden, Christen, Buddhisten und die meisten muslimischen Vereine hätten nichts gegen die Teilnahme der Baha´i am Interreligiösen Forum Hamburg. Aber leider haben sich in der Schura alle muslimischen Gruppen dem Befehl des Ayatollah Ghaemmaghami untergeordnet.

Der khomeinistischen Staatsdoktrin zufolge sind die Baha´i „Agenten“ und nicht Angehörige einer Weltreligion. Daher werden sie im Iran verfolgt. Laut eines Geheimplans sollen alle ihre kulturellen Zentren im Ausland eliminiert werden. In Iran werden sogar Schulkinder, die der Baha´i-Religion angehören, drangsaliert, geschmäht und verschiedenen Formen intensiven physischen Drucks ausgesetzt. Studenten wird das Recht auf Hochschulbildung verweigert. Hass und Misstrauen bestimmen die Berichterstattung über die Baha´i-Religion im Iran.

Von diesem Ungeist der iranischen Staatspolitik geleitet, werden die Baha´i nun auch in Deutschland diskriminiert.

Dabei ist die Baha´i Religion eine anerkannte Weltreligion. So sehen es Religionswissenschaftler und Theologen gleichermaßen wie das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 5. 2. 1991. Aber diese Auffassung wird nicht von Religionspolitikern, die von khomeinistischen Machthabern und Ideologen befehligt werden, geteilt.

Wenn Ayatollah Ghaemmaghami im Namen des Dialogs gegen den Dialog handelt

Das Islamische Zentrum Hamburg ist der Träger der Imam-Ali-Moschee. Diese in Hamburg an der Außenalster liegende Moschee wurde zwischen 1960-65 gebaut. Kein Geringerer als Ex-Präsident Khatami leitete diese Moschee in den iranischen Revolutionsjahren 1978-80.

Seit 2004 ist Ayatollah Ghaemmaghami der Leiter dieser Moschee. Zwar hat er Anfang 2006 im Kontext der gewalttätigen Proteste im Karikaturenstreit die Muslime aufgefordert „sich nicht zu gesetzwidrigen aggressiven Handlungen hinreißen zu lassen“ und nicht am begonnenen Weg der ‚Integration‘ zu zweifeln. Aber Religionsfreiheit ist auch für Ayatollah Ghaemmaghami kein verteidigungswürdiger Wert. Denn er folgt dem Gesetz der „islamischen Republik Iran“ und setzt dieses auch an der Alster im Hamburg um.

In Iran sowie in der Schura und damit auch im Interreligiösen Forum Hamburg hat sich im Kontext des Ausschlusses der Baha´i das Gesetz Khomeinis durchgesetzt. Der iranische Gottesstaat regiert damit in die zivilgesellschaftlichen Angelegenheiten in Hamburg hinein. Auf diesem Weg wird gegenwärtig die iranische Staatspolitik auch in Deutschland fortgesetzt.

Wenn der Verfassungsschutzbericht über die Imam-Ali-Moschee schreibt

Auf der Seite 253 des Verfassungsschutzberichtes des Jahres 2006 ist zu lesen: „Das ‚islamische Zentrum Hamburg‘ (IZH) ist eines der wichtigsten islamischen Zentren in Deutschland und nimmt hinsichtlich des iranischen ‚Revolutionstransfers‘ eine besondere Rolle wahr. Das IZH verbreitet die schiitische Glaubenslehre, verbunden mit der Propagierung einer theokratischen Staatsdoktrin, nach der die Staatsgewalt nicht vom Volk ausgehe, sondern allein religiös legitimiert werden könne. Das IZH wird von Seiten des iranischen Außenministeriums beeinflusst, insbesondere durch die Bestellung des jeweiligen Leiters des IZH.“ Das IZH sei europaweit eines der aktivsten Propagandazentren der Islamischen Republik Iran. Das Ziel des IZH sei es, Muslime anderer Nationalitäten politisch-religiös zu beeinflussen und „für die weltweite Expansion der iranischen Revolutionsidee“ zu instrumentalisieren.
Und im Mykonos-Urteil kann man nachlesen, dass das Islamische Zentrum Hamburg auch „der Sammlung nachrichtendienstlicher Informationen“ diente.

Wenn totalitäre Diktaturen in die deutsche Zivilgesellschaft hineinregieren

Ayatollah Ghaemmaghami vertritt genau diese iranische Staatsmoschee, die Ayatollah Khamenei untersteht und damit den Gesetzen des iranischen Staates verpflichtet ist.

Wäre der Lackmustest für das Verständnis von Freiheit und Demokratie eines in Hamburg praktizierenden Klerikers nicht seine Zusage zu einem interreligiösen Dialog ohne verordnetes Ausschlussverfahren einer Diktatur?

Das Problem hat sogar den deutschen Bundestag beschäftigt. Der Abgeordnete Volker Beck fragte, wie denn die Bundesregierung diesen „Vorfall und die Bedeutung der Glaubensfreiheit im Rahmen der Islamkonferenz erörtern werde?“ Staatssekretär Dr. August Hanning antwortete am 6.11.2006 lapidar: „Die Bundesregierung hat keinen Einfluss auf die Zusammensetzung des Interreligiösen Forums in Hamburg. Sie kann den betreffenden Fall daher nicht bewerten.“

Entzieht sich hier die Bundesregierung nicht ihrer Verantwortung, wenn zugeschaut wird, wie politisch-religiöse Vertreter eines totalitären Staates in die zivilgesellschaftlichen Angelegenheiten in Deutschland hineinregieren? Integration ist auch eine Angelegenheit der Zivilgesellschaft, aber nicht, wenn von Diktaturen gesteuerte religiöse Fanatiker die Regeln bestimmen.

 
 
 
 

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