Die islamische Diktatur im Iran verstärkt die Kontrolle über die Privatsphäre der Iraner. Die iranischen Frauen sind besonders davon betroffen. Inzwischen kritisieren sogar einige Kleriker die Praxis des Staatsklerus. Im Exil wächst der Widerstand der Frauen.
Im Iran werden speziell Frauen von der staatlichen Polizei ausgebildet, um die Gleichheit von Mann und Frau zu bekämpfen. Die staatliche Diskriminierung der iranischen Frauen ist immens. Am 20. November erklärte Oberst Mohammad Husseini von der iranischen „Ordnungspolizei”, dass ab sofort „Wächterinnen auf Sportplätzen und sogar auf Hochzeitsfeiern persönlich anwesend sein werden”. Rund 120 Wächterinnen würden gegenwärtig gezielt von der iranischen Polizei ausgebildet. Die Wächterinnen sollen präventive Aufgaben übernehmen, indem sie kontrollieren, ob Frauen und Männer die Kleidungsvorschriften einhalten. Dies sei als ein Schutz der Bürger zu verstehen, damit sie keine weiteren Probleme bekommen. Das Ziel ist die Kontrolle der Privatsphäre der iranischen Frauen.
Im Iran gibt es in der Tat eine Einheit, die sich „Polizei für moralische Sicherheit” nennt. Nach einer Meldung der Teheraner Polizei vom 20. November seien seit Mitte November rund 4800 „Gesindel” genannte Personen verhaftet worden. Mindestens 31 von ihnen seien zum Tode verurteilt worden. Und rund 1500 von ihnen seien zu langen Haftstrafen verurteilt worden.
Eine Frau, die sich unislamisch kleidet, wird im Iran kriminalisiert. Daher fallen in diesen staatlichen Statistiken sowohl Kriminelle als auch Menschen, die sich nach eigenem Gutdünken kleiden wollen, unter das straffällige Gesindel.
Das neu in Europa und in USA gegründete internationale Netzwerk zur Solidarisierung mit der iranischen Frauenbewegung, schreibt, dass die staatlichen Scharia-Gesetze im Iran zu den primitivsten Formen der Gewaltanwendung gehören: „Diese Gesetze werden als Kampf gegen Verderbtheit und als eine Strategie zur Gesundung der Gesellschaft dargestellt. Aber die Entwicklung der Kriminalität und der gesellschaftlichen Missstände, sowie das bisher unbekannte Ausmaß an Prostitution, Frauenhandel und die Probleme der Drogensucht, zeigen das Ausmaß des gesellschaftlichen Verfalls im Iran unter dem islamischen Regime, das mit einem moralischen Anspruch angetreten ist.”
Kleriker kritisiert die Kleriker
Während die größte iranische Frauenwebsite „Sanestan”, übersetzt „Frauenestan”, vor wenigen Tagen vom iranischen „Ministerium für Kultur und islamischer Führung” geschlossen worden ist, wachsen die Proteste im In- und Ausland. Sogar schiitische Geistliche, wie Ayatollah Mussawi Tabrizi kritisieren explizit die Verhaftung von Frauen unter dem Vorwurf, diese hätten „Schritte gegen die nationale Sicherheit” unternommen. Ayatollah Tabrizi hat sogar die Frauenproteste als „legitim” bezeichnet, solange bei Demonstrationen keine Waffen eingesetzt werden. Zudem sprach er sich für eine Änderung und Anpassung der islamischen Gesetze an die Bedürfnisse der Zeit aus. In den letzten 28 Jahren der Geschichte der islamistischen Diktatur im Iran wurden solche Stimmen kaum gehört oder ihre Anregungen wurden zumindest kaum umgesetzt.
Iranische Exilfrauen wenden sich gegen die staatliche Gewalt gegen Frauen
Shahla Shafiq ist eine Sprecherin des parteiübergreifenden internationalen Netzwerks zur Solidarisierung mit der iranischen Frauenbewegung. In einem Radiointerview forderte sie die Aufhebung aller Frauen diskriminierenden Gesetze der Islamischen Republik Iran. Frauendiskriminierung sei im Iran Gesetz und stehe im Gegensatz zu allen Erklärungen der Menschenrechte. Zudem sprach sie sich gegen die Islamisierung von gesellschaftspolitischen Fragen der Demokratie, der Gleichberechtigung und der Menschenrechte aus. Für sie ist die Frage nach der Emanzipation der iranischen Frauen nicht von der Frage der politischen Freiheit zu trennen und daher sei diese eng verknüpft mit anderen gesellschaftlichen Bewegungen.
Zwangsverschleierung sei das Symbol der Unterdrückung. Man könne es in den letzten Monaten beobachten, wie unter dem Vorwand des Kampfes gegen schlechte Bekleidung die gesamte Gesellschaft in Schach gehalten werde. Die staatliche Unterdrückungspolitik führe zu einer Erstickung aller gesellschaftlichen Bewegungen, daher habe sich das neue Netzwerk zur Aufgabe gemacht, eine Stimme gegen die staatliche Unterdrückung im Iran zu werden.
Monireh Kazemi ein weiteres Mitglied des genannten Netzwerkes meint, dass infolge der herrschenden Scharia-Gesetze im Iran der Mann mittels Zeitehe Frauen kaufen darf. Die Frau würde dem Willen des Mannes unterliegen. Die staatlichen Gesetze des Iran würden somit den Weg für sexuelle Vergewaltigung der Frau anbahnen. Im Islam können Mädchen schon mit neun Jahren verheiratet werden. Das Heiratsalter für Mädchen ist nach Protesten auf 13 Jahre heraufgesetzt worden. Damit bleibt der sexuelle Missbrauch von Mädchen legal. Kazemi zufolge ist ein iranisches Mädchen heute im Alter von 9 Jahren schon strafmündig. Die Lage der Frauen im Iran müsse eine Warnung sein an alle muslimischen Frauen anderer Gesellschaften. Das islamische Scharia-Gesetz dürfe nicht im 21. Jahrhundert als Zivil- oder Strafrecht eines Staates zur Geltung kommen.
Monireh Kazemi sagt, dass iranische Frauen auch ein Recht auf Selbstbestimmung ihrer Bekleidung haben. Besonders primitiv seien die Blutrache-Gesetze und die Steinigung. Allein im letzten Jahr seien fünf Personen im Iran gesteinigt worden.
Wenn ein Ehemann seine Frau töte, werde er vom Gesetz im Namen der Verteidigung der Ehre gesetzlich in Schutz genommen. Wenn aber eine Frau im Falle einer Vergewaltigung sich nur verteidige und dabei den Verteidiger töte, werde sie mit der Todesstrafe bedroht. Das islamische Erbrecht habe ebenfalls katastrophale Folgen für die Frauen. Beispielsweise dürfen Ehefrauen noch nicht einmal ihr Haus, in dem sie mit ihren verstorbenen Man zusammen gelebt haben, behalten. Alles gehe an die männlichen Familienmitglieder des Ehemannes.
Die Frauenrechtlerin Monireh Kazemi sieht keine Chance, dass die Frauen im Rahmen der Gesetzgebung der Islamischen Republik Iran ihre Rechte bekommen. Sogar die Frauenrechte, die in der Schahzeit erkämpft worden seien, seien wieder abgeschafft worden.
„Was verstehen sie unter dem Wort Gerechtigkeit?”
Für die Freilassung von Aktivistinnen der Frauenbewegung aus der Haft setzt sich auch Shirin Ebadi im Iran ein. Sie kritisierte die Verhaftung von Delaram Ali, Ronak Safarsadeh und Zahra Bani Ameri. Diese Frauen hatten am 12. Juni 2006 an einer friedlichen Kundgebung für Gleichberechtigung, Menschenrechte und Demokratie teilgenommen. Ebadi sagte: „Ich sage es der Weltbevölkerung: Die Frauen wurden nur verurteilt, weil sie sich für Frauenrechte eingesetzt haben. Sie bekommen solche Urteile lediglich, weil wir alle gegen die Polygamie sind, weil wir ein gleichwertiges Blutrecht fordern. Zu Unrecht wirft man uns Apostasie vor oder wir würden die nationale Sicherheit gefährden. Wir erklären dies der Welt.”
In diesem Zusammenhang sei an zwei weitere Ereignisse erinnert:
Frau Haleh Rouhi und Frau Raha Sabet, zwei Frauen der Baha´i-Gmeinde in Schiras und ein junger Mann, die in einem privaten Sozialprojekt arbeiteten, wurden Anfang dieser Woche verhaftet. Ihnen wird lediglich die Arbeit in einem Sozialprojekt vorgeworfen. Die Projektmitarbeiter halfen armen Menschen in der Stadt Schiras. Grausam ist gegenwärtig der Druck auf Kinder aus Baha´i-Familien. Allein in Schiras wurden rund 17 Schüler und Schülerinnen von der Schule herausgeworfen, nur weil sie Baha´i sind. Besonders Mädchen aus Baha´i-Familien lernen früh von ihren Eltern die Gleichberechtigung der Geschlechter als ein Lebensprinzip.
Erinnert sei auch an die bestialische Hinrichtung von Parvaneh und Dariush Forouhar am 22.11.1998. Parastou Foruhar, die Tochter fragte am Jahrestag der Hinrichtungen im Hinblick auf die iranischen Machthaber: „Was verstehen sie nur unter dem Wort Gerechtigkeit?”
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