Beleidigte Palästinenserinnen

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Jerusalem, 2. Januar 2008 – Eine preisgekrönte 200 Seiten lange
Magisterarbeit von Tal Nitzan an der Hebräischen Universität löste in Israel
heftige Diskussionen aus. Nitzan, zur Zeit in Kanada und telefonisch nicht
erreichbar, erforschte, wieso israelische Soldaten keine palästinensische
Frauen vergewaltigen.
Während die arabische Propaganda israelischen Soldaten so ziemlich jedes
Kriegsverbrechen und Verstöße gegen Menschenrechte nachsagt, fehlt dieses
Motiv fast völlig. Bei Youtube, der Internetseite, wo jeder Filmchen
veröffentlichen kann, gibt es einen „Dokumentarfilm“ zum Thema „Israelische
Soldaten vergewaltigen palästinensische Frau“. Doch zu sehen ist da nur eine
Massendemonstration von dutzenden arabischen Frauen und zwischen ihnen in
die Luft feuernde Soldaten in voller Kampfmontur. Sowie eine Frau ohnmächtig
zu Boden sinkt, hockt sich ein Soldaten hin und reicht ihr Wasser.
Menschenrechtsorganisationen wie  Betzelem, die jegliche Schikane und jedes
Fehlverhalten von Soldaten dokumentieren, haben bisher keinen einzigen Fall
von Vergewaltigung einer palästinensischen Frau gemeldet.
In der zweiseitigen englischen Zusammenfassung der Studie, wie sie die
Presseabteilung der Hebräischen Universität bereithält, wird in einem kaum
verständlichen Soziologen-Jargon dargestellt, dass militärische
Vergewaltigungen das „Produkt unklarer Gruppengrenzen, physisch-räumlicher
Grenzen und verschwommener Verhaltensweisen seien, während die
Geschlechtergrenzen klar seien“. Nitzan behauptet, dass die Seltenheit
„symptomatischer militärischer Vergewaltigung“ im
palästinensisch-israelischen Konflikt auf eine „klare Politik der Ablehnung
militärischer Vergewaltigung als soziale Gefahr für das Kollektiv“
hindeuten. Um zu den Ergebnissen ihrer Studie zu gelangen, habe sie
Literatur zu Massenvergewaltigungen etwa in Serbien und früheren Kriegen
gelesen. Zudem habe sie 25 israelische Soldaten im Alter zwischen 23 und 33
befragt, die inmitten palästinensischer Zivilbevölkerung ihren Dienst
geleistet hätten.
Letztlich, so die rechtsgerichtete Zeitung „Makor Rischon“, die am 23.
Dezember erstmals über diese Forschungsarbeit berichtete, werde den
israelischen Soldaten kein Wohlverhalten bescheinigt. Ihnen werde vielmehr
tiefer Rassismus vorgeworfen. Palästinensische Frauen würden von den
Soldaten „entmenschlicht“ und deshalb verschmäht. So gesehen seien die
Massenvergewaltigungen von Serben an bosnischen Frauen genauso ein
Kriegsverbrechen, wie die Weigerung israelischer Soldaten, sich an
palästinensischen Frauen zu vergehen. Immerhin kommt die Forscherin zum
Schluss, dass der Mangel an Vergewaltigungsfällen durch israelische
Besatzungssoldaten einzigartig in der Militärgeschichte der Welt dastehe.
Unvermeidlich stürzten sich Blogger im Internet auf diese Magisterarbeit, um
sie mit Satire und verwirrten Fragen zu kommentieren. Das „Israel Satire
Labor“ reagierte mit einer fiktiven Entschuldigung des Oberkommandierenden
Gabi Aschkenasi bei palästinensischen Frauen: „Wir werden unser Bestes tun,
unsere Soldaten zur Vergewaltigung arabischer Frauen anzufeuern, damit diese
nicht beleidigt sein müssen.“ Es sei schwer, so Aschkenasi, eine
erniedrigende Besatzungszeit durchzuleben, ohne vergewaltigt zu werden. Der
linksgerichteten Abgeordneten Zahava Galon wird in den Mund gelegt: „Diese
Studie beweist mal wieder, wie sehr die Besatzung die israelische
Gesellschaft korrumpiert.“ Und der arabische Abgeordnete Ahmad Tibi fordert
eine harte Bestrafung der Soldaten: „Wir verlangen Gleichberechtigung.
Unsere Frauen sind es genauso wert, vergewaltigt zu werden, wie andere
Frauen auch. Warum nur zeigen israelische Soldaten kein Mitgefühl?“
Manche Kommentatoren behaupteten, dass das Verhalten der Soldaten mit ihrer
„jüdischen Erziehung“ zusammenhänge, die Gewalt an Frauen verbiete. Andere
glauben, dass sich die Soldaten vor einem demographischen Übergewicht der
Araber fürchten, und deshalb, aus politischen Gründen, dazu keinen Beitrag
leisten wollten.
Wie in jedem anderen zivilisierten Land ist auch in Israel gewaltsamer Sex
verboten und verpönt. Gleichwohl ist die jüdische Gesellschaft nicht frei
von diesem Übel. Täglich melden die Medien Festnahmen von Männern, die sich
an Frauen vergangen haben. Und spätestens im vergangenen Sommer wurde klar,
dass sogar der Staatspräsident, Mosche Katzav, gewissen männlichen Schwächen
erliegen kann. Katzav steht im Verdacht, als Tourismusminister und später im
Präsidentenamt mehrere Mitarbeiterinnen zu „unzüchtigen Akten“ gezwungen zu
haben.

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