Die neue Nahost-Politik von Bush

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Jerusalem, 10. Januar 2008 – Zum Abschluss seiner Visite im Heiligen Land verlas US-Präsident George Bush in Jerusalem eine „Präsidenten-Erklärung“. Dieses Papier stellt die neue Grundlage der amerikanischen Nahostpolitik dar. Der Ruf nach dem Ende der israelischen Okkupation seit 1967 kommt darin nur mit Abstrichen vor.
Bush entwirft drei parallele Wege. Beide Seiten müssten die Roadmap (Wegekarte zum Frieden) erfüllen. An die Palästinenser geht die alte Forderung, ihre Wirtschaft zu fördern, politische Institutionen aufzubauen und ihren Sicherheitsapparat in Ordnung zu bringen. Ohne Forderung an Israel, sollten die arabischen Staaten, einen „lang überfälligen“ Frieden mit Israel zu schließen, „die Hand nach Israel auszustrecken“.
Ohne konkrete Vorgaben will Bush die Fortsetzung der Verhandlungen. Er teilt die „Vision“ von „zwei demokratischen Staaten, Israel und Palästina, die Seite an Seite in Frieden und Sicherheit leben“. Da Israel schon ein demokratischer Staat ist und da allein Israels Sicherheit zur Debatte steht, steckt auch hinter diesen Worten eine Forderung an die Palästinenser. Mit seiner Betonung auf eine „ausgehandelte Lösung“ erteilt Bush zudem eine Absage an die von Palästinensern erhoffte Entscheidung durch „bewaffneten Kampf“.
Erst jetzt erwähnt Bush den „klaren Ausgangspunkt für ständige Endstatus-Verhandlungen“: ein Ende der Besatzung, die 1967 begann. Doch sogleich folgt eine Formulierung, die Palästinenser schon im Vorfeld des Nahosttreffens von Annapolis empört zurückgewiesen haben: „die Errichtung von Palästina als Heimstätte für das palästinensische Volk, so wie Israel (schon) die  Heimstätte für das jüdische Volk ist.“ Gemeint ist ein Abzug israelischer Siedler aus dem Gebiet des künftigen Staates Palästina und ein Rückkehrrecht für palästinensische Flüchtlinge in jenen Staat, keinesfalls aber nach Israel. Rechtsgerichtete Israelis könnten da sogar eine amerikanische Zustimmung für die Umsiedlung israelischer Araber in den palästinensischen Staat herauslesen.
Israel, und nicht etwa der Staat Palästina, müsse „sichere, anerkannte und verteidigungsfähige Grenzen“ erhalten. Auch hier wird wieder klar, dass Bush keinen vollständigen Rückzug Israels aus den besetzten Gebieten erwartet. Der Staat Palästina müsse „lebensfähig, zusammenhängend, souverän und unabhängig“ sein. Vier große Worte, die freilich unterschiedlich interpretiert werden.
Sein Ruf nach „gegenseitigem Verständnis der fundamentalen Ziele“ als „Schlüssel für ein erfolgreiches Abkommen“ klingt wie ein frommer Wunsch, auch wenn er erneut „Sicherheit für Israel“ und „Lebensfähigkeit für den palästinensischen Staat“ erwähnt.
Bush schränkt ein weiteres Mal die Forderung nach einem völligen israelischen Rückzug ein, indem er meint, dass sich beide Seiten in der Gebiets-Frage einigen müssten, wobei ein Friedensabkommen „vereinbarte Korrekturen zu der Waffenstillstandslinie von 1949″ enthalten und „heutige Realitäten“ berücksichtigen müsse. Ganz beiläufig widerspricht Bush den Palästinensern, die in der „grünen Linie“ schon eine anerkannte Grenze zu den „Palästinensergebieten“ sehen. Mit „heutigen Realitäten“ dürfte Bush die israelischen „Siedlungsblöcke“ meinen. Weiter redete er von „neuen internationalen Mechanismen“, inklusive einer (finanziellen) Kompensation zwecks Lösung der Flüchtlingsfrage. Von einem Rückkehrrecht der palästinensischen Flüchtlinge nach Israel ist da jedenfalls keine Rede.
Von Israel fordert er ein Ende der „Erweiterung der Siedlungen“ und einen Abbau „nicht autorisierter Vorposten“. Im Klartext bedeutet das nicht totaler Baustopp und kein Abriss der „genehmigten“ Siedlungen. Von den Palästinensern verlangt Bush, die „Terroristen zu konfrontieren“ und die „terroristische Infrastruktur“ abzuschaffen. 
Zur Jerusalem-Frage liefert Bush keinen konkreten Vorschlag, da er weiß, dass dieses eine „Tough issue“ sei, ein harter Knochen. Er hat „tiefes“ Verständnis für die „politischen wie religiösen Bedenken“ beider Seiten. Das klingt nicht nach einer Forderung an Israel, den Zugang zur Klagemauer im „illegal besetzten arabischen Ost-Jerusalem“ aufzugeben, wie es manche Autoren formulieren.
Erneut sagt er ganz im Sinne der Israelis, dass „Sicherheit“ eine fundamentale Frage sei und dass ein palästinensischer Staat „nicht aus Terror“ geboren werden könne.  Bush beendet seine Erklärung mit der Feststellung, dass ein palästinensischer Staat „überfällig“ sei und dass das palästinensische Volk ihn „verdiene“. Seine Entstehung könne die Stabilität in der Region fördern und der Bevölkerung von Israel Sicherheit bringen. „Das Friedenabkommen könnte und sollte bis zum Jahresende geschehen.“
Der Originaltext:
http://www.whitehouse.gov/news/releases/2008/01/20080110-3.html

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