Häufig gestellte Fragen – Das NIE und die Bedrohung durch den Iran

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Häufig gestellte Fragen




Das NIE und die Bedrohung durch den Iran


19. Dezember 2007

 

Obwohl das neue „National Intelligence Estimate“ (NIE) zum Iran die Aussage enthält, Teheran habe seine geheimen Atomwaffenprogramme im Jahr 2003 eingestellt, kommt es zu dem Schluss, dass das Regime „erhebliche Fortschritte“ in seinen Bemühungen um die Anreicherung von Uran gemacht habe – die größte Hürde für die Erlangung von Atomwaffenkapazitäten. In dem Bericht wird ferner darauf hingewiesen, dass Teheran sich „die Option zur Entwicklung von Atomwaffen offen halte“. Es folgen einige häufig gestellte Fragen zu den im NIE enthaltenen Schlussfolgerungen und zu der Bedrohung in Form des anhaltenden Atomprogramms des Irans.

 

 

F: Bedeutet das neue NIE, dass der Iran keine Bedrohung Israels und seiner Verbündeten mehr darstellt?

 

A: Nein. Trotz der Absage an weitere Bemühungen um den Erwerb von Atomwaffenkapazitäten als nicht nuklearer Unterzeichner des Atomwaffensperrvertrags unterhielt der Iran laut dem NIE bis 2003 ein geheimes Waffenprogramm. Mit dieser Schlussfolgerung des NIE wird die Gefahr durch das fortbestehende Atomprogramm des Irans sogar noch unterstrichen. Der Iran ist der weltweit führende staatliche Förderer des Terrorismus; Hezbollah, Hamas, die Islamische Dschihad und andere terroristische Vereinigungen werden von diesem Land finanziert, ausgebildet und bewaffnet. Der Iran ist schon heute die führende Militärmacht im Persischen Golf und setzt die Modernisierung seiner Raketenkapazitäten und die Ausdehnung der Reichweite seiner Waffen fort. Der Iran hat feierlich die Zerstörung Israels gelobt.

 

Ferner erklärt das NIE, Teheran habe in direkter

Zuwiderhandlung gegen mehrere Beschlüsse des UN-Sicherheitsrates erhebliche Fortschritte bzgl. seiner Fähigkeit erzielt, Uran anzureichern – eine entscheidende Komponente bei der Entwicklung von Atomwaffen. Das NIE bestätigt, dass der Iran sich „die Option offen halte, Atomwaffen zu entwickeln.“ Der vom Iran für die Realisierung der Fähigkeit der Erzeugung einer Atomwaffe projizierte Zeitplan ist seit dem letzten NIE vor zwei Jahren unverändert. Der Iran wird bis Anfang des nächsten Jahrzehnts voraussichtlich in der Lage sein, genügend Spaltstoff bzw. Kernbrennstoff für eine Waffe zu erzeugen, und die Waffe selbst kurz darauf herstellen können.

 

 

F: Hat der Iran alle seine atombezogenen Aktivitäten, einschließlich der Urananreicherung, eingestellt?

 

A: Nein. Der Iran betreibt die Forschung an zwei der drei Kernelemente, die nötig sind, um sich zu einer Atommacht zu entwickeln, aggressiv weiter. An erster Stelle, und dies ist das größte Problem, steht dabei der schwierige Prozess der Erzeugung von Spaltstoff – von angereichertem Uran oder Plutonium – als Brennstoff der Bombe. Zweitens wird ein Trägersystem, z. B. ein ballistischer Flugkörper, benötigt. Und drittens muss die eigentliche Waffe – z. B. ein Raketensprengkopf – hergestellt werden. Das Regime steht kurz davor, den gesamten nuklearen Brennstoffzyklus zu meistern, darunter Abbau, Konvertierung, Anreicherung und Hortung von Uran, das letztendlich den Kern eines Atomwaffenarsenals bilden könnte. Außerdem ist es im Begriff, ein technisch immer höher entwickeltes Arsenal von Langstreckenraketen zu entwickeln und anzulegen, die sich ideal als Träger atomarer Sprengköpfe eignen.

 

Die Frage, ob der Iran sein nunmehr bestätigtes geheimes Programm für Entwicklung und Bau einer Atomwaffe auf Dauer eingefroren hat, lässt sich jetzt noch nicht endgültig beantworten. Zwar heißt es im NIE, dass diese Bemühungen im Jahr 2003 wahrscheinlich abgebrochen wurden, doch gilt es als weniger gesichert, dass der Bau einer Bombe zusammen mit einem im Verborgenen laufenden Urananreicherungsprogramm in der Zwischenzeit nicht an einem geheimen Ort wieder aufgenommen wurde. Während Israel im Begriff ist, seine eigenen nachrichtendienstlichen Informationen zu überprüfen, hat Verteidigungsminister Ehud Barak seinen Standpunkt zum Ausdruck gebracht, dass die Waffenbauaktivitäten des Irans derzeit fortgeführt werden.

 

 

F: Kann das zivile Atomkraftprogramm des Irans auch als Teil eines Atomwaffenprogramms genutzt werden?

 

A: Ja. Der größte Teil dessen, was von den iranischen Behörden als friedliches Programm zur Versorgung dieser öl- und erdgasreichen Nation mit noch mehr Energieressourcen beschrieben wird, ist in Wirklichkeit perfekt zur Bereitstellung der Komponenten eines Atomwaffenvorrats für militärische Zwecke geeignet. Das niedrig angereicherte Uran, das der Iran derzeit mit zunehmender Effizienz im Atomkraftwerk von Natanz (und vielleicht auch an einem anderen, geheimen Standort) produziert, ist angeblich zur Nutzung in Leistungsreaktoren vorgesehen. Allerdings kann dieses Uran weiter gereinigt und zu dem für Atombomben benötigten hochangereicherten Uran verarbeitet werden, wobei nur geringfügige Modifikationen an den Gaszentrifugen-Kaskaden erforderlich sind, die das Regime derzeit an diesem Standort installiert, um Spaltmaterial anzusammeln. Kaskaden sind miteinander verbundene Maschinen, die sich mit Ultraschallgeschwindigkeit drehen, um das zur Erzeugung des Brennstoffs für Atomreaktoren oder -bomben benötigte Uran anzureichern.

 

Ebenso können der derzeit in Arak im Bau befindliche Schwerwasserreaktor und selbst der aus russischer Produktion stammende Reaktor von Bushehr als Quelle bombentauglichen Plutoniums dienen, falls der Iran eine Anlage bauen sollte, in der dieser alternative Spaltstoff aus abgebranntem Reaktorbrennstoff gewonnen werden kann, was durchaus im Rahmen der technischen Fähigkeiten des Landes liegt. In diesem Zusammenhang ist von Interesse, dass die Internationale Atomenergieorganisation (IAEO) den Nachweis vorgelegt hat, dass der Iran mit der Plutoniumtrennung experimentiert hat.

 

Im Gegensatz dazu gibt es keinerlei sichtbare Beweise – z. B. zu der Anlage führende Starkstromleitungen –, die zu erkennen geben würden, dass der iranische Reaktor in Bushehr tatsächlich zur Elektrizitätserzeugung für zivile Zwecke vorgesehen ist.

 

 

F: Falls der Iran seine Bemühungen, eine Bombe zu bauen, tatsächlich aufgegeben hat, wie schnell könnten diese dann wieder aufgenommen werden?

 

A: Selbst wenn das NIE mit seiner Beurteilung, dass der Iran sein Bombenbauprogramm 2003 vollständig eingestellt und seitdem nicht wieder aufgenommen hat, Recht hat, ist diese Tatsache von relativ geringer Bedeutung dafür, wie lange der Iran benötigen würde, um bei einer entsprechenden Entscheidung ein nukleares Arsenal zu entwickeln. Auch wenn man davon ausgeht, dass der Iran die meisten der zur Atomwaffenproduktion erforderlichen Schritte zum Zeitpunkt der Unterbrechung dieser Bemühungen im Jahr 2003 noch nicht abgeschlossen hatte, wäre, basierend auf den Plänen, die der Iran bekannterweise bereits besitzt, nur relativ wenig Zeit nötig, um eine funktionsfähige Bombe zusammenzubauen und sie auf einem ballistischen Fernlenkgeschoß zu montieren. Dabei könnte man unter Anlegung vernünftiger Maßstäbe von einem Zeitraum von schätzungsweise sechs Monaten bis zu einem Jahr von der Neuaufnahme entsprechender Schritte bis zur Stationierung der Waffe ausgehen.

 

 

F: Warum liefert Russland den Brennstoff für den Atomreaktor des Irans in Bushehr? Ist das angesichts der aktuellen Situation eine vertretbare Entscheidung?

 

A: Russland hat den Reaktor in Bushehr gebaut und versprochen, den Iran mit niedrig angereichertem Uran zur Speisung des Reaktors zu beliefern. Dieses Geschäft wurde unter der Voraussetzung abgeschlossen, dass Russland den während des Prozesses der Einspeisung des Urans in den Reaktor erzeugten abgebrannten Brennstoff zurücknimmt und somit das Risiko begrenzt, dass das Nuklearmaterial zum potenziellen Gebrauch in Waffen abgezweigt wird. Russland behauptet, dass die Bereitstellung einer sicheren Nuklearbrennstoffquelle für den Iran dem Land die Rechtfertigung für fortgesetzte Anreicherungsaktivitäten entziehen würde.

Führende iranische Politiker, u. a. Präsident Mahmud Ahmadinedschad, haben diese Interpretation jedoch verworfen und bestehen darauf, dass der Iran seinen Anspruch auf den vollständigen nuklearen Brennstoffzyklus nicht aufgeben wird.

 

Als ständiges Mitglied des UN-Sicherheitsrats, das zwei Resolutionen mitgetragen hat, in denen der Iran zur Einstellung der Anreicherung von Uran verpflichtet wird, sollten die Russen den Iranern erst dann wieder niedrig angereichertes Uran liefern, wenn Teheran seine Anreicherungsaktivitäten aufgibt. Obwohl die Einspeisung von niedrig angereichertem Uran in einen Leichtwasserreaktor wie den in Bushehr kein größeres Proliferationsrisiko darstellt, hat der Iran das zivile Nuklearprogramm in Verbindung mit Bushehr als Vorwand für sein geheimes Atomwaffenprogramm benutzt.

 

 

F: Warum brauchen wir weitere Sanktionen gegen den Iran, wenn das Land sein Atomwaffenprogramm bereits eingestellt hat?

 

A: Während die nicht geheime Version des NIE erklärt, der Iran habe die Arbeit an Design und Produktion von Atomwaffen eingestellt, macht der Iran unter direkter Zuwiderhandlung gegen mehrere Resolutionen des UN-Sicherheitsrats auch weiterhin erhebliche Fortschritte bzgl. seiner Fähigkeit, Uran anzureichern – die wichtigste Komponente der Atomwaffenentwicklung. Wenn dem Iran die völlige Beherrschung der Urananreicherungstechnologie gestattet wird, wird das Land die Fähigkeit erwerben, sein Waffenprogramm mühelos wieder aufzunehmen, es mit dem angereicherten Uran zu kombinieren und eine Bombe herzustellen.

 

Verschärfte Sanktionen bieten die besten Aussichten dafür, den Iran vom Verzicht auf die Wiederaufnahme seines Atomwaffenprogramms und zur Aufgabe seiner Anreicherungsaktivitäten zu überzeugen. Das NIE kommt zu dem Schluss, dass die Handlungsweise des Irans einer Kosten-Nutzen-Analyse folgt und verstärktem Druck gegenüber anfällig ist. Eine Intensivierung der Sanktionen würde die dem Iran entstehenden Kosten erhöhen und eine größere Wahrscheinlichkeit zur Folge haben, dass Teheran der Forderung des UN-Sicherheitsrats nachkommt, sein Anreicherungsprogramm zu beenden, und es könnte sichergestellt werden, dass es seine Bemühungen um die Entwicklung von Atomwaffen nicht wieder aufnimmt. Der Iran stellte die Urananreicherung im Jahr 2003 vorübergehend ein, nahm diese Aktivitäten Anfang 2006 jedoch wieder auf. Der mutmaßlichen Aufgabe der Atomwaffenproduktion durch den Iran kann das gleiche Schicksal zuteil werden, wenn der Iran die Möglichkeit strengerer Sanktionen als unwahrscheinlich erachtet.

 

 

F: Warum hat der UN-Sicherheitsrat die Einstellung der Urananreicherungsaktivitäten durch den Iran gefordert?

 

A: Der UN-Sicherheitsrat hat zweimal nach internationalem Recht verbindliche Resolutionen gemäß Kapitel VII der UN-Charta angenommen, mit denen der Iran zur Beendigung seiner Urananreicherungsaktivitäten aufgefordert wird. Wenn es dem Iran gestattet wird, die zur Anreicherung von Uran benötigte Technologie zu meistern, wird das Land mühelos die Fähigkeit erwerben, sein Waffenprogramm wieder zu beleben, es mit dem angereicherten Uran zu kombinieren und eine Bombe herzustellen. Die IAEO erklärte in ihrem letzten Bericht, dass der Iran fast 3000 Zentrifugen betreibe, die bei effizienter Nutzung zur Erzeugung von genug hochangereichertem Uran ausreichen, um in einem Jahr eine Bombe zu bauen. Die Anreicherungsanlage in Natanz besitzt Kapazitäten für über 54.000 Zentrifugen, und der Iran verfolgt nach eigenen Aussagen das Ziel, die Anlage bei voller Kapazität zu betreiben. In diesem Fall könnte der Iran genug hochangereichertes Uran für 20 bis 40 Atomwaffen pro Jahr erzeugen.

 

 

F: Wie wird die Bedrohung durch den Iran in Europa und von anderen Verbündeten Israels beurteilt?

 

A: Die überwältigende Mehrheit dieser Verbündeten sieht den Iran nach wie vor als eine Bedrohung, der mit verstärktem wirtschaftlichen und politischen Druck entgegengetreten werden muss. Die Regierungschefs der EU-3 (Deutschland, Frankreich und Großbritannien) haben einheitlich betont, dass der Iran weiterhin eine Gefahr darstellt. Der französische Präsident, Nicholas Sarkozy, erklärte: „Ungeachtet der neuesten Elemente ist jedem absolut klar, dass die iranische Führung den Willen zur Aneignung von Atomwaffen besitzt … Ich sehe keinen Grund, auf Sanktionen zu verzichten.“ Die deutsche Kanzlerin, Angela Merkel, sagte: „Der Iran stellt auch weiterhin eine Gefahr dar“, während der britische Außenminister David Miliband den UN-Sicherheitsrat zur Annahme einer dritten Resolution bzgl. Sanktionen aufrief. „Wir dürfen vor einer Diplomatie mit Zähnen nicht zurückschrecken“, sagte Miliband. „Alle Alternativen sind schlimmer.“

 

 

F: Wie beurteilt Israel den aktuellen Status des iranischen Atomprogramms?

 

A: Israel betrachtet das Atomprogramm des Irans richtigerweise als seine schwerwiegendste strategische Herausforderung und als eine direkte Bedrohung des Fortbestands des jüdischen Staates, zumal der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad dazu aufgerufen hat, Israel „von der Landkarte zu tilgen“. Angesichts solcher Drohungen muss Israel eine dem „ungünstigsten Fall“ Rechnung tragende Haltung zu den Fortschritten des Irans bzgl. der Aneignung von Atomwaffenkapazitäten einnehmen. Israel besitzt die gleichen Informationen über die nuklearen Fortschritte des Irans wie seine Verbündeten, kommt aber gelegentlich zu anderen Schlussfolgerungen in Bezug auf die Bedeutung verschiedener Fakten. Dies kann sich beispielsweise auf die Einschätzung Israels auswirken, wann der Iran über die Mittel zur Herstellung einer Waffe verfügen wird. Dieser Zeitpunkt ist nach israelischer Ansicht dann gegeben, wenn die Iraner alle erforderlichen Elemente unabhängig produzieren können. Andere Länder dagegen betrachten diesen „Point of No Return“ als die eigentliche Entscheidung des Irans, eine Waffe zu bauen, unabhängig davon, wann das Land die dazu benötigten Mittel bereits erworben hat.

 

 

F: Warum verweigern sich die Vereinigten Staaten Gesprächen mit dem Iran, wenn dieser sein Atomwaffenprogramm eingestellt hat?

 

A: Die Vereinigten Staaten und ihre Verbündeten haben sich in den vergangenen Jahren mehrmals um Kontakte mit dem Iran bemüht, in der Hoffnung, ein breites Spektrum von Meinungsverschiedenheiten auf diplomatischem Weg zu lösen. Außenministerin Condoleezza Rice gab im Mai 2006 bekannt, dass die Vereinigten Staaten sich an multilateralen Gesprächen mit dem Iran beteiligen würden, wenn das Land der Forderung des Sicherheitsrats zur Beendigung seiner Urananreicherung entsprechen würde. Die Aufnahme eines Dialogs, bevor der Iran die Resolutionen des UN-Sicherheitsrats erfüllt und seine Urananreicherung beendet, könnte Entscheidungen des UN-Sicherheitsrates untergraben und es Teheran ermöglichen, einen solchen Dialog als Mittel zu weiteren Fortschritten an seinem Atomprogramm zu nutzen.

 

Rice hat mehrmals, unter anderem erst wieder Anfang Dezember, betont, dass das Angebot zu einem Dialog weiterhin auf dem Verhandlungstisch liege und dass sie bereit sei, sich „jederzeit, an jedem Ort, zur Erörterung jedes Aspekts der Beziehungen zwischen unseren Ländern“ mit ihrem iranischen Amtskollegen zusammenzusetzen. Der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad lehnte die Möglichkeit eines Dialogs und die Beendigung seines Atomprogramms jedoch ab und erklärte am 6. November: „Wir haben um keine Gespräche gebeten. … Wenn Gespräche stattfinden, muss die iranische Nation die Bedingungen dafür festlegen, nicht aber die Arroganten und Kriminellen. … Die Welt muss wissen, dass diese Nation kein noch so kleines Element seiner nuklearen Rechte aufgeben wird.“

 

 

 

 

 


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