Iran: Die Wahlen zum Pseudoparlament

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Iran: Die Wahlen zum Pseudoparlament 

 
Wahied Wahdat-Hagh von Wahied Wahdat-Hagh, Kolumnist für WELT DEBATTE
 
 
Bei den achten Wahlen zum iranischen Pseudoparlament, Madschless, wurden die meisten Reformislamisten disqualifiziert. Sogar zwanzig Mitglieder des gegenwärtig noch arbeitenden Madschless dürfen nicht mehr kandidieren.

Vorweg: Im Iran wählt das Volk nicht seine Abgeordneten, sondern die vom Wächterrat als absolut loyal eingestuften Kandidaten. Die Souveränität des Volkes wurde vor 29 Jahren vollends aufgehoben. Der Staatsklerus instrumentalisiert das Pseudo-Parlament für sein Ziel der Alleinherrschaft.

Von den gegenwärtig 288 Mitgliedern des islamistischen „Parlaments“, haben sich rund 19 Mitglieder des gegenwärtigen siebten Madschless nicht mehr um eine neue Kandidatur beworben. Rund 60 gegenwärtige Mitglieder des Madschless wurden im Vorfeld der Entscheidung des Wächterrates von vorgeschalteten Kontrollorganen disqualifiziert. Sie beschwerten sich beim Wächterrat. 20 der vorab disqualifizierten Parlamentsmitglieder wurden endgültig vom Wächterrat abgelehnt. Über die weiteren 40 Mitglieder entscheidet der Wächterrat in einer weiteren Runde.

„Einheitsfront“ der Prinzipialisten

Der Sprecher des „Jamee-ye Rohaniat-e Mobarez“, (Gesellschaft der kämpfenden Geistlichkeit) ist Qolamreza Mesbahi Moqaddam. Vorsitzender dieser Hardliner-Organisation ist Ayatollah Mahdawi Kani. Es ist noch nicht entschieden, ob sich die sogenannten Prinzipialisten, „Osulgara“ genannt, in kleine Schismen aufspalten, oder ob sie sich auf einer gemeinsamen Liste zur Wahl stellen.

Qolamreza Mesbahi Moqaddam hatte auf einer Veranstaltung der „Issargaran-e Enqelab-e Eslmai“, (Die Freigiebigen der islamischen Revolution) die „Einheitsfront“ der „Hardliner“ gefordert. Es gibt innerhalb dieser Front taktische Differenzen zwischen professionellen islamistischen Politikern und Klerikern.

Dennoch hegt eine islamistische Nicht-Kleriker-Faktion die Absicht sich zu verselbständigen: Ali Laridschani (Atomunterhändler), Mohammad Baqer Qalibaf (Bürgermeister von Teheran) und Mohssen Reszai (Ex-General der Revolutionsgarden), die als „moderate“ Prinzipialisten gelten, haben eine eigene Liste für die Wahlen zum achten Madschless gebildet. Ali Laridschani war kurz vorher von Ayatollah Yasdi, der der Jamee-ye Modaressin (Gesellschaft der Lehrenden) angehört, gefragt worden, ob er für ihre Liste kandidiert, schreibt die reformislamistische Zeitung Etemaad. Ali Laridschani hat sich noch nicht entschieden, ob eine gemeinsame Liste der Prinzipialisten nicht „logischer“ wäre. Ayatollah Yasdi hat ihn in das Klerikerzentrum Qom eingeladen, um ihn von einer gemeinsamen Liste zu überzeugen.

Ex-Präsidentschaftskandidat spricht von Machtmonopolisierung

Mostafa Moin zählte bei den neunten Präsidentschaftskandidaten zu den aussichtsreichsten Kandidaten, aber Ahmadinedschad gewann die Wahlen vom Juni 2005. Nun erklärte Moin, dass er sich gar nicht um ein Amt im achten Parlament bewerben werde. Moin schreibt über die andere islamistische Faktion von Ahmadinedschad: „Sie sind fest entschlossen, dafür zu sorgen, dass sich die Erfahrung der Wahlen vom Mai 1997, die der Reformregierung und des sechsten Madschless nicht mehr wiederholen. Daher war es vorauszusehen, dass gerechte Bedingungen, die eine Konkurrenz bei den Wahlen erlauben würden, um jeden Preis verhindert werden sollen.

Moin glaubt an die Islamische Revolution, sagt jedoch, dass eine die „Grundlagen der Revolution in Brand steckende Bedrohung, das System und die Revolution gefährde.“ Er sagt, wenn das Problem der „Machtmonopolisierung“ nicht gelöst werde, dann würden einige der „wichtigsten Errungenschaften der Revolution gefährdet werden.“

Moin unterschlägt hierbei, dass auf der Grundlage der totalitären Verfassung der Islamischen „Republik“ des Iran schon zu Beginn der Revolution alle säkularen Kräfte, ebenso wie liberale, nationalbürgerliche, sozialistische, kommunistische und später sogar nationalreligiöse Kräfte, von den Wahlen ausgeschlossen wurden. Nun zeigt sich, dass der totalitäre Staat sogar in der Lage ist, die „unruhigen“ reformislamistischen Kräfte aus den eigenen Reihen zumindest teilweise vom Parlament fern zu halten.

Tatsächlich ist lediglich die Gruppe um Mehdi Karrubi, als eine als „moderat“ geltende reformislamistische Gruppe als Konkurrent zu den Hardlinern vom Wächterrat „abgesegnet“ worden. Karrubi, der vom deutschen Bundestagspräsidenten Wolfgang Thierse so hofiert wurde, distanzierte sich inzwischen von den anderen Reformern. Die um Karrubi sich versammelnden „moderaten“ Reformislamisten stellen das letzte Feigenblatt dar, das die totalitäre Diktatur legitimieren soll. Es erweist sich als ein fataler historischer Fehler, dass die auch hierzulande proislamistische Annäherung und Unterstützung, die die Reformislamisten als Garanten eines „demokratischen Prozesses“ bewertete, weder zu Reformen noch zur Demokratisierung des Herrschaftsapparats führt.

Idealisten der Diktatur

Issa Saharkhis ist ein Journalist, der die Frage aufwirft, was mit der „demokratischen Front und den Menschenrechten“ passiert sei, die vor drei Jahren von dem Präsidentschaftskandidaten Moin gefordert wurden. Er kritisiert die Vorstellung derjenigen, die gemeinsam mit und neben den „Machtmonopolisten“, gemeint sind die Prinzipialisten, die Demokratie im Iran einführen wollen. Abstrakt fordert Saharkhis politische, rechtliche, soziale und kulturelle Rechte für alle Iraner.

Für Saharkhis sind die Universellen Menschenrechte eine Grundlage für die Verwirklichung demokratischer Rechte. Er lehnt auch die „Monopolisierung der Macht“ ab. Im Teufelskreis der Diktatur verschwinden seine abstrakten Vorstellungen von einer Welt „ohne Gewalt, Krieg und Terror und einer friedlichen Koexistenz.“ Solche Forderungen verklingen in der Dunkelheit einer totalitären Diktatur, die die staatsklerikalen Reformislamisten und ihre Technokraten nicht abschaffen wollen und idealistische Reformintellektuelle wie Saharkhis nicht abschaffen können.

Es ist eine Tatsache, dass das gesamte islamistische Spektrum, Reformislamisten und Prinzipialisten alle zu den verschiedenen Faktionen des fundamentalistisch Staates gehören. Nach 29 Jahren wird der totalitäre Wille zur Alleinherrschaft der Islamisten in einer theokratischen Herrschaft immer deutlicher.

 

 

 


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