Internationale Friedenstruppen in Nahost

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Jerusalem, 9. März 2008 – In keiner anderen Region der Welt gibt es so viele Friedenstruppen wie in Nahost. Die UNTSO beobachtet seit 1949 den seitdem dutzende Male gebrochenen Waffenstillstand zwischen Israel und seinen arabischen Nachbarn. Die UNDOF steht seit 1974 im Niemandsland zwischen Israel und Syrien auf den Golanhöhen. Die UNIFIL wurde nach einer Invasion der Israelis 1978 in den Südlibanon eingerichtet, um den Abzug der Israelis und das Vorrücken der libanesischen Armee zu beobachten. Doch die libanesische Armee rückte erst 2006 nach einer weiteren UNO-Resolution vor. Israel hatte sich schon im Jahr 2000 zurückgezogen, was aber den Libanonkrieg von 2006 nicht verhindern konnte. Zwischendurch gab es 1982 noch den ersten Libanon-Krieg, wobei die UNO-Beobachter nur rechtzeitig aus ihren Wächterhäuschen springen konnten, ehe israelische Panzer sie niederwalzten.
Vorher schon „beobachteten“ UNO-Soldaten die Grenze zwischen Ägypten und Israel. Doch die UNO ist keine Weltmacht, sondern handelt nur mit Genehmigung der Parteien. Als der  ägyptische Präsident Gamal Abdel Nasser 1967 die Lage in Nahost anheizte, populistisch vorschlug, die „Juden ins Meer zu werfen“ und die internationale Seestrasse von Tiran sperrte, verfügte er auch einen Abzug der UNO-Truppen von der Grenze. Das war ein „casus belli“, ein Kriegsgrund, für Israel. Die UNO beugte musste sich gehorsam. Genauso war allen UNO-Soldaten dringend geraten, ihre Köpfe einzuziehen, als 1973 der sogenannte „Jom Kippur Krieg“ am 6. Oktober ausbrach und die Armeen Ägyptens und Syriens die Israelis überraschten.
Nachdem Israel und Ägypten einen Frieden unterzeichneten und beide Seiten internationale Truppen zur Überwachung der „entmilitarisierten Zonen“ im Sinai und auf israelischem Gebiet wünschten, weigerte sich die UNO, wegen gesamt-arabischem Widerstand diesen Friedensvertrag anzuerkennen. Also musste eine neue „internationale“ Friedenstruppe ohne die UNO geschaffen werden. Seitdem gibt es die MFO, die „multinationalen Beobachter“, finanziert von Ägypen, Israel und den USA. Sie beobachten seitdem die Friedensgrenze zwischen Israel und Ägypten. UNO-Beobachter blieben gleichwohl mitten in der Sinai-Wüste sitzen und „beobachteten“ den längst von Israel vollzogenen Rückzug, weil die UNO nur die Teilabkommen anerkannte.
Die jüngste Schlappe erlebten internationale Beobachter an der Grenze zwischen dem Gazastreifen und Ägypten in Rafah. Die palästinensische Autonomiebehörde und Israel hatten mit ägyptischer Zustimmung ein Verfahren ausgehandelt, wie der Grenzübergang nach Ägypten kontrolliert werden sollte, ohne physische israelische Präsenz aber mit europäischer Überwachung. Als die Hamas den Gazastreifen von der PLO übernahm, war die „Sicherheit“ der europäischen Beobachter nicht mehr gewährleistet. Wie schon zuvor in kritischen Situationen flüchteten die EU-Beamten, darunter auch deutsche Zöllner, ins sichere Israel und sorgten durch ihre Abwesenheit für eine bis heute geschlossene Grenze.
Bei einer vielbeachteten öffentlichen Diskussion in Berlin forderte der pensionierte Ex-Botschafter Avi Primor den Einsatz einer „robusten“ internationalen Truppe im Westjordanland, um Frieden herbeizuführen. Sein Wunsch scheitert schon an dem Grundsatz, dass internationale Truppen niemals eigenständig handeln können, sondern stets vom guten Willen ihrer Gastländer abhängig sind. Gerade der Nahe Osten zeigt, dass sie weder Kriege noch Waffenstillstandsverstöße verhindern können. Bestenfalls können Blauhelme den Raketenbeschuss der Hamas aus dem Gazastreifen oder der Hisbollah aus Libanon nach New York melden und alternativ Aufklärungsflüge oder Bombenangriffe israelischer Kampfjets. Die Erfahrung zeigt, dass weder die PLO, Hisbollah, Hamas oder arabische Staaten wie Ägypten und Syrien von der Präsenz von Blauhelmen davon abgehalten werden konnten, Israel anzugreifen. Umgekehrt ignoriert Israel die Anwesenheit internationaler Beobachter, wenn es glaubt, jenseits der Grenze Aufklärungsflüge machen zu müssen oder zu bombardieren. Undenkbar war bisher eine kämpfende Truppe der UNO, die etwa Terroristen oder Freischärler verhaftet oder gar militärisch gegen Kämpfer der Dschihad Islami vorgeht, wenn die gerade eine Kassamrakete gegen Sderot in Stellung bringen. Und hätten etwa internationale Truppen den Anschlag auf die Talmudschule in Jerusalem durch einen jungen Araber aus Ostjerusalem verhindern können, wenn in dem Fall sogar der israelische Geheimdienst scheiterte, ihn rechtzeitig aufzudecken?
Internationale Truppen mit einem „robusten Mandat“ könnten im Westjordanland oder gar in dem von Hamas kontrollierten Gazastreifen erst „funktionieren“, sowie beide Seiten beschlossen haben, sich ohnehin nicht mehr zu bekämpfen. Davon sind aber alle Beteiligten immer noch weit entfernt. Und besonders Israel dürfte wegen seiner historischen Erfahrung niemals seine eigene Sicherheit gering motivierten fremden Soldaten „unter EU-Führung“ anvertrauen, wie es Primor auf der ITB, der internationalen Tourismus-Börse in Berlin, vorschlug.

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