Siemens und der Iran: Business as Usual

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Siemens und der Iran: Business as Usual


 
Von den mindestens 1.700 deutschen Unternehmen, die im Iran tätig sind, ist die Siemens AG [1]
vermutlich am stärksten engagiert. Siemens ist der größte Technologiekonzern Europas und ein weltweit führendes Telekommunikationsunternehmen. Siemens kann auf eine lange Geschichte lukrativer Geschäftsbeziehungen zu Ländern zurückblicken, die den Terrorismus fördern und unterstützen, darunter auch der Iran, der Sudan und Syrien. [2]

Siemens hat mit „großer Wahrscheinlichkeit“ hoch entwickelte Datenüberwachungssysteme in den Iran geliefert, berichtete Erich Moechel, ein österreichischer Enthüllungsjournalist, am 7. April 2008. Der Iran erhielt „Überwachungszentren“, mit denen Telefongespräche über Mobilfunk- und Festnetzverbindungen verfolgt werden können. Diese Systeme könnten es dem iranischen Geheimdienst ermöglichen, Gespräche zwischen Israel und dem Iran zu überwachen und „ein Kommunikationsprofil zu erstellen“. Moechel, ein Spezialist auf den Gebieten Datenschutz und Überwachung, erklärte, er sei sich sehr sicher, dass die iranische Regierung in Deutschland entwickelte „Nachrichtenplattform-Systeme“ gekauft habe, mit denen der iranische Geheimdienst „Finanztransaktionen sowie Verkehrs- und Flugzeugbewegungen“ überwachen kann. [3]

Moechel schrieb in seinem Artikel, dass die integrierten Spionagegeräte gegen verfolgte Minderheitsgruppen und politische Dissidenten im Iran eingesetzt würden. Er zitierte deutsche und österreichische Datenschutzexperten, die feststellten, dass diese Art von Geräten in der EU gesetzlich verboten seien. [4]

Das deutsche Unternehmen ist derzeit Gegenstand zahlreicher Untersuchungen.  Siemens ist in den größten Korruptions- und Bestechungsskandal der deutschen Nachkriegszeit verwickelt. Das deutsche Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ berichtete darüber in einer kürzlich erschienenen Ausgabe. Dort heißt es, Ingenieure von Siemens seien in den Iran gereist, um bei der Einrichtung von Telefonanlagen zu helfen – Orte, die nicht einmal US-amerikanische Spionagesatelliten zu sehen bekommen. Dem „Spiegel“ liegen Unterlagen vor, die den Verdacht nahelegen, dass Heinrich von Pierer, der langjährige Vorstands- und Aufsichtsratsvorsitzende des Unternehmens, der vom „Spiegel“ als „Mr. Siemens“ bezeichnet wird, persönlich in das vermutlich größte Schmiergeldgeschäft der Unternehmensgeschichte eingebunden war. Allem Anschein nach hat er für den Bau der Atomanlage in Buschehr 400 Millionen Deutsche Mark (204,5 Millionen Euro) erhalten. Darüber hinaus hat Siemens angeblich sehr enge Beziehungen zum Bundesnachrichtendienst (BND) als technischer Hilfsdienst in allen Grenz- und Grauzonen des Agentenhandwerks. Siemens ist nicht nur in diese Bestechungs- und Korruptionsaffäre verwickelt, sondern auch in eine Reihe von Kartellverfahren: Frankreich, Japan, Polen, Norwegen, Türkei. [5]

Der Geschäftsführer der iranischen Eisenbahngesellschaft gab am 10. März 2008 bekannt, dass 25 Prozent (90 Millionen Euro) der Rückzahlung für das 450-Millionen-Dollar-Geschäft mit der Siemens AG geleistet seien. Hassan Ziari berichtete, dass der Iran im Jahr 2006 mit dem deutschen Elektronikriesen Siemens einen Vertrag über den Bau von 150 Lokomotiven im Wert von 450 Millionen Dollar unterzeichnet habe. [6]

Im Jahr 1974 spielte Siemens eine wichtige Rolle beim Bau des Atomreaktors in Buschehr, der während des Iran-Irak-Kriegs zerstört wurde. Matthias Küntzel, ein deutscher Politikwissenschaftler und führender Beobachter der deutsch-iranischen Beziehungen, schrieb: „Im August 2003 unterzeichnete Siemens einen Vertrag für die Lieferung von 24 Kraftwerken. Für den Abschluss dieses Geschäfts musste sich Siemens zum Technologietransfer in Bezug auf kleine und mittelgroße Kraftwerke verpflichten.“ [7]

Siemens und der Iran haben enge Geschäftsbeziehungen, die auf einer fast 140-jährigen Zusammenarbeit beruhen, die bis zu den Anfängen des Unternehmens zurückreicht. Der Webseite von Siemens zufolge ist die enge Verbindung zwischen deutschem Know-how und iranischem Unternehmergeist eine hervorragende Basis für die Fortsetzung des Aufbaus einer starken und dauerhaften Beziehung zwischen der Islamischen Republik Iran und Siemens. [8]
                                             

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Quellenverzeichnis:
[1]
Landler, Mark: „Germany´s Commercial Ties With Iran Prove Hard to Cut,“ The New York Times, 21. September 2007, http://www.nytimes.com/2007/09/21/world/europe/21germany.html?_r=1&oref=slogin 
[2]
„Iran signs 450 million dollar deal with Germany´s Siemens,“ Islamic Republic News Agency, 14. November 2006, http://www.irna.com/en/news/view/line-22/0611140737181052.htm 
[3]Weinthal, Benjamin: „German firm helps Iran monitor Israel,“ Jerusalem Post, 8. April 2008, http://www.jpost.com/servlet/Satellite?cid=1207649965979&pagename=JPost%2FJPArticle%2FShowFull
[4]Ibid.
[5]
Dahlkamp, Jürgen; Deckstein, Dinah; Schmitt, Jörg: „Die Firma,“ Der Spiegel, Nr. 16, 14. April 2008, Seite 76-90
[6]
Siemens to sell Iran 150 locomotives,“ Payvand´s Iran News, 11. März 2008, http://www.payvand.com/news/08/mar/1121.html 
[7]
Weinthal, Benjamin: „Germany´s Iranian secret,“ Haaretz, 12. November 2007, http://www.haaretz.com/hasen/spages/912104.html
[8]http://www.siemens.ir/en/Past%20and%20Future.html

 

 


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