Hisbollah & Iran: Gemeinsame Interessen

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Hisbollah & Iran: Gemeinsame Interessen 

Hintergrundbericht und Expertenliste, 9. Mai 2008


Bei den blutigsten Straßenkämpfen seit dem Bürgerkrieg vor 20 Jahren hat die vom Iran unterstützte Hisbollah fast alle muslimischen Viertel der Hauptstadt Beirut unter ihre Kontrolle gebracht. Mindestens elf Menschen wurden bei den Kämpfen zwischen der schiitischen Hisbollah und den sunnitischen Gegnern, die der pro-westlichen Regierung nahestehen, getötet. Über 20 weitere wurden verletzt.[1]

Bürgerkrieg nach iranischem Geschmack

·                     Der iranische Revolutionsführer, der iranische Präsident sowie sein Vize-Präsident bezeichnen Libanon seit Wochen als ein Land, in dem „der Imperialismus und der Zionismus besiegt werden müssen“, sagte Antoine Basbous, französischer Nahost-Experte vom Observatoire des Pays Arabe (OPA), in einem Interview am Freitag. „Dieses Land wurde zum Schauplatz der Operationen erklärt, zum Land des Jihad.[2]

·                     „Die Iraner haben mithilfe ihre syrischen Verbündeten 30 Milliarden Dollar investiert, um die Hisbollah in Irans militärischen Arm in der Mittelmeerregion zu verwandeln“, so Basbous. Die schiitische Organisation verfüge inzwischen bis zu 50.000 Raketen, gute militärische Ausbildung und soziale Strukturen nach iranischem Muster. Schiitische Zivilisten würden sich nach iranischen Vorbildern kleiden und ihre Slogans übernehmen.[3]

·                     Nach dem Libanonkrieg 2006 hat die Hisbollah ihr Waffenarsenal mit Hilfe Irans und auf dem Landweg über Syrien wiederaufbauen können. Heute hat die Hisbollah eine Schlüsselfunktion in der Region. „Sie verwandelt Libanon in einen zweiten Gazastreifen und in ein Zentrum der regionalen Auseinandersetzungen nach dem Willen von Damaskus und Teheran“, erklärt Basbous.[4]

·                     Der sunnitische Großmufti des Libanons, Muhammad Rashid Qabbani, sagte, die sunnitischen Muslime hätten nun genug. Die Hisbollah bezeichnete er als „bewaffnete Bande von Ungesetzlichen“, die die „hässlichsten Angriffe“ gegen die Bürger des Landes verübt hätten. Iran gefährde mit solchen Übertretungen die Einheit der Muslime des Libanons. Schiitische Geistliche verteidigten nach einer Sitzung des Hohen Schiitischen Rats jedoch Teheran und gaben der Regierung die Schuld an der Eskalation.[5]

Die Achse Iran-Hisbollah in Europa


·                     Die vom Iran unterstützte Hisbollah ist auch in Europa aktiv. In Großbritannien zum Beispiel ist die Organisation ideal positioniert, um blutige Vergeltungsschläge für alle westlichen Angriffe auf den Iran durchzuführen, warnte im November 2007 Richard Kemp, ehemaliger Leiter des britischen Geheimdienstes. Kemp erklärte, die vom Iran unterstützte Organisation habe genügend lokale Zellen in London, die jederzeit Terroranschäge ausüben könnten. „Die große Frage ist, wozu die Hisbollah-Gruppen in Europa fähig sind“, fügte er hinzu, „ich kann nur sagen, dass die Hisbollah die vermutlich effektivste Terrororganisation der Welt ist, Al-Qaida eingeschlossen.“[6]


·                     In Europa ist die Hisbollah seit mehr als 20 Jahren aktiv. Sie kamen in den 80er Jahren mit den Flüchtlingen des libanesischen Bürgerkrieges. Allein in Deutschland sind den Behörden heute 900 Unterstützer bekannt. In den 80er und 90er Jahren entführte die Hisbollah über 80 westliche Staatsbürger und tötete Hunderte in Libanon, Israel, Europa und Südamerika. Trotz einer Empfehlung des Europäischen Parlaments von 2005, die vom Iran finanzierte Organisation als Terrorgruppe zu listen, genießt sie hier nach wie vor legalen Status.[7]

·                     Frankreich, Spanien, Belgien und Schweden hatten die Einstufung der Hisbollah als Terrororganisation verhindert.[8]

 

Die Achse Iran-Hisbollah in Südamerika


·                     Die Hisbollah hat sich auch in Südamerika etabliert, wo sie eine finanzkräftige Armee radikaler Islamisten fördert. Laut Mitgliedern der Miliz, Vertreter der USA und Polizeikräfte auf dem gesamten Kontinent sind die Islamisten voller Hass gegen die Vereinigten Staaten und bereit, dafür ihr Leben zu geben. In ihrem Stützpunkt im Westen, im abgelegenen Länderdreieck zwischen Paraguay, Brasilien und Argentinien, nutzt die Hisbollah die Frustration vieler Muslime. Etwa 25.000 Araber leben in diesem Gebiet. Ihre Familien kamen meist aus dem Libanon. Seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 kommt dem Länderdreieck höchste Bedeutung zu, vor allem seit der verschärften Situation mit Iran, dem Hauptsponsor der Hisbollah. [9]

·                      Am 18. Juli 1994 erlitt Argentinien seinen tödlichsten Terroranschlag, als das jüdische Gemeindezentrum in Buenos Aires (AMIA, Asociacion Mutual Israelita Argentina) in die Luft gesprengt wurde. Die Explosion legte das Gebäude in Schutt und Asche, tötete 85 Menschen und verletzte 200 weitere. Die argentinische Staatsanwaltschaft beschuldigte Vertreter des Iran, den Bombenanschlag geplant und die Ausführung in die Hände der libanesischen Hisbollah gelegt zu haben. Zu den von Argentinien gesuchten Verdächtigen gehören Ali Fallahian, ehemaliger Geheimdienstchef des Iran, Mohsen Rezaei, ehemaliger Anführer der Elitetruppen vom Revolutionären Gardekorps, und Imad Mughniyah, militantes Mitglied der Hisbollah und einer der meistgesuchten mutmaßlichen Terroristen der Welt.[10] Ende 2006 veröffentlichte ein argentinischer Sonderermittler einen detaillierten Bericht zu dem Bombenanschlag auf das Gemeindezentrum AMIA und erließ Haftbefehle für hohe iranische Funktionäre und Hisbollah-Mitglieder, die an dem Angriff beteiligt waren. Die argentinische Untersuchung ergab, dass Teheran mindestens 152.812 Dollar auf Konten überwiesen hatte, die im Namen von Mohsen Rabbani geführt wurden. Der schiitische Geistliche genoss zu diesem Zeitpunkt diplomatische Immunität als Kulturattaché an der iranischen Botschaft in Buenos Aires.[11]

·                      Hisbollah wird vorgeworfen, aus dem Grenzdreieck heraus Anfang der 90er Jahre bei Anschlägen im nahegelegenen Buenos Aires mehr als 100 Menschen ermordet zu haben.[12] Die Anschläge wurden von Moughnieh persönlich geplant.

·                      Der iranische Präsident bat seinen Gesprächspartner, dem Generalsekretär der Hisbollah, Hassan Nasrallah, und den Mitgliedern der Organisation seine Grüße auszurichten.[13]

Hintergrund: Hisbollah

Die Hisbollah – oder „Partei Gottes“ – entstand 1982 im Libanon und entwickelte sich zur führenden radikalen islamischen Organisation in der Region, entschlossen, die israelischen Truppen aus dem Libanon zu vertreiben. Die Hisbollah dient den palästinensischen Fraktionen jetzt als Inspiration beim Kampf um die Befreiung der besetzten Gebiete.
Die Hisbollah wurde von dem Iranischen Revolutionären Gardekorps gegründet. In ihren Anfangstagen bestand die Hisbollah aus rund 2.000 Männern, die 1982 in den Libanon entsandt wurden, um im Widerstand gegen Israel zu kämpfen.
[14] Inspiriert vom Erfolg der iranischen Revolution träumte die Parteispitze davon, auch den Libanon mit seinen unterschiedlichen Konfessionen in einen islamischen Staat nach dem Vorbild des Iran zu verwandeln.

Die Hisbollah erhält bedeutende finanzielle, politische, diplomatische und organisatorische Unterstützung sowie Ausbildung, Waffen und Sprengstoff aus Iran und Syrien. Berichte, nach denen der Iran jährlich Hunderte von Millionen Dollar an Hilfe leistet, sind wahrscheinlich übertrieben. Der Iran leistet vermutlich finanzielle und militärische Unterstützung in Höhe von etwa 25–50 Millionen Dollar. Die Hisbollah ist mit dem Iran eng verbündet und wird häufig von ihm angeleitet, besitzt jedoch die Fähigkeit und den Willen zu unabhängigen Handlungen.[15]

Die Rolle des Iran als Gefahr für die Region wurde am 18. Juli 2006 untermauert, als der damalige britische Premierminister Tony Blair den Iran beschuldigte, die Hisbollah mit „sehr ähnlichen, wenn nicht den gleichen Waffen, die gegen britische Truppen im Irak eingesetzt werden“, zu beliefern. Blair warf außerdem Syrien vor, den Iran „auf unterschiedliche Weise“ zu unterstützen, und bezichtigte beide Länder der finanziellen Hilfeleistung für Hisbollah. Israel, die Vereinigten Staaten, die Europäer und viele arabische Staaten behaupten seit Langem, dass die Hisbollah ihre Waffen aus dem Iran beziehe, eine Anschuldigung, deren Wahrheitsgehalt viele Vertreter des Iran insgeheim bestätigen.[16]

Kassam Allaik, ein leitender Vertreter der Hisbollah, bestätigte, dass der Iran seine eigenen Gruppierungen im Libanon habe, die dort Brücken, Straßen und Moscheen wieder aufbauten. Außerdem gab Libanons Finanzminister Dschihad Azour zu, dass iranische Gelder direkt an die Hisbollah gingen. Allaik, Leiter des Baugewerbearms der Hisbollah, Dschihad Construction, hat eingeräumt, dass der Iran Gelder direkt an die Hisbollah überweist, um die Aufbauarbeiten zu unterstützen.[17]

Die Führungsspitzen von Terrororganisationen im Gazastreifen, auch Militante der Fatah-Partei des Präsidenten der palästinensischen Autonomiebehörde, Abbas, gaben zu, dass sie die Kampftaktiken der Hisbollah nachahmten: „Wir machen den Gazastreifen zum Südlibanon“, sagte Abu Ahmed, Terroristenführer der Al-Aqsa Märtyrer-Brigaden im nördlichen Gazastreifen. Er fügte hinzu: „Wir importieren Raketen und die Kenntnisse, sie auch einzusetzen, und wir schmieden viele Kampfpläne.“[18]

Ahmed weiter: „Wir haben ein freundschaftliches Verhältnis zur Hisbollah, und davon profitieren unsere Ausbildungsprogramme … Wir brauchen uns nicht dafür zu schämen, dass wir mit der Hisbollah zusammenarbeiten und Ausbildung und Informationen von ihnen erhalten.“[19]

Kontakt:

Dr. Sami Al Faraj
President of the Kuwait Centre For Strategic Studies, the oldest private think tank in the Gulf region dedicated to the study of and research in strategic issues pertaining to Gulf security from actual policy-making perspective, he is a consultant on national security and strategic planning to different governmental, parliamentary and private agencies, an international lawyer, and a frequent writer and TV and radio guest on Gulf Security, strategy, the strategic history of the Muslims, and international law issues.
Contact: +965 974 2002
kuwaitcss@yahoo 

Khattar Abou Diab
Political analyst and consultant, Khattar Abou Diab is a Professor at
Paris III University. A specialist on the Middle East and Islam, he is a contributor to both „Cahiers de l’Orient“ and „Arabies“ magazine. He is co-author of „The Worldwide Dictionary of Radical Islam“ under the direction of Antoine Sfeir.
Contact: khattar@noos.fr

Claude Moniquet
Claude Moniquet is an expert on counter-terrorism and extremism and a specialist on Near and Middle East issues. He is the director of the European Strategic and Intelligence Center. Moniquet focuses on terror networks and their European connections. He has published several books and studies including: „The Faceless War“ (2002); „Jihad. Secret History and European Networks“ (2004); and „Jihad and Islamism in Belgium“ (2005).
Contact: +32 478 288 812
claude.moniquet@esisc.org
esisc@esisc.org

Dr. Matthias Küntzel
Matthias Küntzel, Ph.D., is an author and a political scientist from Hamburg, Germany. Küntzel has been researching, writing and publishing on the threat of Islamic Fundamentalism and Iran. In 2006, his work on Ahmadinejad, the Bassiji movement, and Germany’s policy towards Iran was published in Internationale Politik, and in The New Republic. Küntzel is also a member of Scholars for Peace in the Middle East.
Contact: +49 453 320 4533
MatKuentzel@aol.com
http://matthiaskuentzel.de

Frédéric Encel
Frederic Encel is a Middle East expert and author. Encel earned a Ph.D. in Geo-policy at the University of Paris VII and teaches International Relations at the International Institute of Public Administration and at the Institute of Political Studies in Rennes. He is a prolific author and has published several books including: „The Art of War: Strategies and Battles“ (2000); „Geopolitics of Israel“ (2004) „Understanding the Middle-East: A Necessity for the Republic“ (2006). He also works in the field of risk-analysis.
Contact: +33 6 60 61 67 67
fredencel@hotmail.com

Simon Henderson
Baker fellow at The Washington Institute and director of the Institute’s Gulf and Energy Policy Programme, specialising in energy matters and the conservative Arab states of the Persian Gulf. He served as a foreign correspondent with the Financial Times and BBC in Pakistan in 1977-78, and reported from Iran during the 1979 Islamic revolution.
Contact: +1 202-452-0650
Media Calls: +1 202-452-0650 ext. 344
shenderson@washingtoninstitute.org



Quellenverzeichnis
[1] „Hezbollah gunmen seize control of Beirut neighborhoods,“ by Bassem Mroue, Associated Press, 9 May 2008.
[2] «Une guerre civile atroce et cruelle se dessine» au Liban, Libération, 9 May 2008,
http://www.liberation.fr/actualite/monde/325496.FR.php
[3] Ibd.
[4]
Ibd.
[5]
„Eskalation im Libanon. Die Hizbullah kämpft für ihr Telefonnetz,“ by Rainer Hermann, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 9 May 2008, No. 108, S. 6
[6] Groves, Jason: „Hezbollah will avenge Iran strike,“ Daily Express, 25. November 2007
[7]
„Die etwas andere Partei,“ by Alexander Ritzmann, Financial Times Deutschland, 4 May 2007
[8] Ibd.
[9] Gato, Pablo; Windrem, Robert: „Hezbollah builds a Western base,“ Telemundo/Msnbc.com, May 9, 2007
[10] Keaten, Jamey: „Iran role in Argentina bombing examined,“ Associated Press, November 5, 2007
[11] Levitt, Matthew; Lipton, Jake: „Dangerous Partners: Targeting the Iran-Hizballah Alliance,“ Policy Watch, No. 1267, July 31, 2007
[12] Ibid.
[13] Cohen, Dudi: „Ahmadinejad to Hizbullah: Palestinian determination key to victory,“ YnetNews, December 20, 2007

[14] Westcott, Kathryn: „Who are Hezbolla?,“ BBC News, April 4, 2002
[15] GlobalSecurity.org
[16] Sciolino, Elaine: „Iran backs Hezbollah in Lebanon,“ International Herald Tribune, July 19, 2006
[17] Whittington, James: „Iran ´sending funds to Hezbollah´,“ BBC News, November 2, 2006
[18] Klein, Aaron: „Hamas training in Iran, Lebanon,“ WorldNetDaily, January 2, 2007
[19] Ibid.
 
 
 

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