Jerusalem, 20. Mai 2008 – Sahm: Welche Themen haben Sie unter vier Augen mit Verteidigungsminister Ehud Barak besprochen?
Darabos: Es ist vor Allem um die militärische Zusammenarbeit gegangen, deswegen auch dieses vorgestufte Verfahren eines „Kontraktes”, der noch nicht ein Memorandum of Understanding ist. Das muss erst noch ausgearbeitet werden. Ich bin sehr penibel darauf bedacht, dass da das Wirtschafts- und das Finanzministerium eingebunden werden müssen. Darüber hinaus hat Österreich eine sehr historische Rolle eingenommen im Nahen Osten, schon vor 40 Jahren, durchaus ausgehend von unserem Neutralitätsstatus her, dass wir mit beiden Konfliktparteien, auf der israelischen und auf der palästinensischen Seite Kontakt halten, aber auch auf der syrischen Seite, auf der libanesischen und ägyptischen Seite etwas schwächer ausgeprägt. Nachdem wir schon sehr lange, seit 1974 auf dem Golan tätig sind, mit 384 Soldaten, meinen wir Österreicher, hier in der Region auch politisch etwas anbieten zu können. Wir finden hierbei auch immer eine gemeinsame Vorgangsweise innerhalb Österreichs. Ich mit dem Kollegen Barak auch die Rolle Österreichs auf den Golanhöhen angesprochen. Österreich ist ja über UNTSO und UNDOF in Syrien und auf der israelischen Seite engagiert.
Wir haben auch gegenüber Barak den Fall Major Lang angesprochen, wobei 2006 eine israelische Rakete vier UNO-Soldaten getötet hat. Er hat Verständnis für unsere Position gezeigt. Es wurde mit der UNO Kommission und mit uns Licht in das Dunkel gebracht. Auch die israelische Seite versicherte mit einem gewissen Lernprozess dafür sorgen wird, dass solche Dinge in der Zukunft nicht mehr vorkommen.
Sahm: Haben die Israelis Ihnen gegenüber Fehler eingestanden?
Darabos: Es war ein versehentlicher Raketenangriff. Das ist auch von der UNO Kommission so festgestellt worden. Das ist der Status Quo in dieser Frage.
Sahm: So wie ich die Israelis kenne, wurde auch das Thema Iran angesprochen.
Darabos: Ja… natürlich wurde das Thema ran angesprochen und die Rolle Irans in der Region, Syrien, Libanon. Dass sieht man hier natürlich mit großer Sorge. Aber wir als neutraler Staat sehen das naturgemäß mit großer Distanz. Wir wollen uns hier auch nicht einmischen. Es ist eine Frage der israelischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik, die ich allerdings als österreichischer Verteidigungsminister nicht kommentieren möchte.
Sahm: Es gibt ja ganz unterschiedliche Einschätzungen von BND, CIA oder Mossad zur mutmaßlichen Reichweite iranischer Raketen und der Entwicklung von Atombomben. Gemäß welchen Kriterien vertrauen Sie da welcher Quelle? Ist da nicht Österreich auch betroffen, falls die Raketen bis nach Berlin fliegen können?
Darabos: Aus heutiger Sicht glaube ich, dass diese Raketen nicht bis Österreich reichen, aber natürlich ist die Möglichkeit immer gegeben, dass das in Zukunft auch anders sein kann. Aber ich habe schon vor einigen Monaten eine sehr heikle Aussage getroffen zu dem Raketen-Abwehrsystem. Ich halte meine Meinung hier auch nicht hinter dem Berg. As geht hier nicht darum, irgend jemanden zu desavouieren. Es geht einfach darum, da es sich ja um europäisches Gebiet handelt, diese Entscheidungen auch auf europäischer Ebene diskutieren zu dürfen. Das kann man wohl einem demokratischen Staat wie Österreich nicht absprechen. Mittlerweile hat sich ja hier auch in der Einschätzung einiges geändert. Es gibt stärkere Kooperationsbereitschaft, auch einen offenen Dialog innerhalb der EU mit den Tschechen und Polen, aber auch mit den umliegenden Staaten zu führen. Das halte ich für den richtigen Weg.
Sahm: Ich frage noch mal: Unterschiedliche Geheimdienst, unterschiedliche Einschätzungen, nach welchen Kriterien entscheiden Sie, als österreichischer Vereidigungsminister, wer da recht haben könnte?
Darabos: Also über Geheimdienst-Leistungen werde ich in der Öffentlichkeit nichts sagen. Wir haben natürlich auch unsere Intelligence, die auch mit anderen Geheimdiensten in Kooperation ist.
Sahm: Aber Sie müssen entscheiden.
Darabos: Ich verstehe Ihr Nachstoßen, aber das ist eine Frage, die man nicht in der Öffentlichkeit erörtern sollte. Österreich ist gut aufgestellt, für ein kleines Land auch was die Vernetzung dieser Informationen betrifft.
Sahm: Gibt es Waffengeschäfte zwischen beiden Ländern und profitieren Sie von den Kriegserfahrungen der Israelis?
Darabos: Wir profitieren von Erfahrungen, beispielsweise im Kommunikationsbereich. Österreich hat ein ganz neues Truppenfunksystem angeschafft, unter dem Titel Conrad, das eine der teuersten Investitionen des österreichischen Bundesheeres der letzten Jahre dargestellt hat. Wir sind sehr zufrieden mit diesem Produkt. Es stammt von Tadiran (Israel) und Elbit. Es gibt ganz strenge Regeln. Die Waffenindustrie ist in Österreich nicht dem Verteidigungsministerium zugelagert, sondern wir haben bei jeder Anschaffung ganz klare Ausschreibungskriterien zu beachten. Gerade beim Kommunikationsbereich gibt es immer wieder israelisches Know-how. Da gibt es auch keine Berührungsängste. Wir haben auch in den letzten Jahren 50 Millionen Euro in israelisches Know-how investiert.
Sahm: Verkaufen Sie auch nach Israel?
Darabos: Nein wir verkaufen nicht nach Israel. Wir haben hier auch ganz strenge Auflagen, was unsere Neutralität betrifft. Da ist das eine sehr heikle Geschichte. Es gibt auch österreichische Firmen wie Steyer mit Panzer…aber ist nicht die Aufgabe der Bundesregierung, solche Geschäfte anzubahnen. Im Gegenteil, es ist Aufgabe der Bundesregierung, darauf zu achten, dass alles nach den strengen Neutralitätsvorgaben abläuft.
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