Sieben Jahre Gefängnis für Darfur-Flüchtlinge

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Jerusalem, 20. Mai 2008 – Flüchtlingen aus Darfur drohen künftig in Israel deftige Gefängnisstrafen, wenn sie illegal über die Grenze von Ägypten nach Israel eingedrungen sind. Die Knesset, das israelische Parlament, hat mit großer Mehrheit (21 gegen eine Stimme) in erster Lesung ein neues Gesetz gegen illegale Eindringlinge verabschiedet. Bis es gültig ist, muss es noch in zwei weiteren Lesungen angenommen werden.
Gemäß einer Gesetzesvorlage droht künftig illegal nach Israel eingedrungenen Fremden eine Gefängnisstrafe von fünf Jahren und Eindringlingen aus Feindesländern gar eine siebenjährige Strafe. Zu den Feindesstaaten zählen auch Sudan und Somalia, wo zur Zeit Kriege und Massenmorde wie in Darfur passieren, sowie der Gazastreifen. Aber auch Wirtschaftsflüchtlinge aus Osteuropa und Afrika nutzen die Gelegenheit, die nur schlecht bewachte 200 Kilometer lange Wüstengrenze zwischen der Sinaihalbinsel und Israel illegal zu passieren. Gemäß dem neuen Gesetz können illegal eingereiste Flüchtlinge bis zu 98 Stunden ohne Haftbefehl festgehalten werden und 18 Tage, ohne einem Richter vorgeführt zu werden. Ebenso darf der Staat die Flüchtlinge innerhalb vom 72 Stunden über die Grenze wieder abschieben, obgleich das das Leben der Flüchtlinge gefährden könnte. Wer eine Waffe bei sich trägt, wobei auch ein einfaches Messer als „Waffe“ gilt, droht eine maximale Gefängnisstrafe von 20 Jahren.
Die Freilassung des Flüchtlings könne verhindert werden, wenn im Ursprungsland des Flüchtlings „Aktivitäten gegen die Sicherheit Israels oder seiner Bürger“ nachgewiesen werden. Auch dieser Passus trifft Flüchtlinge aus Ländern, die „terroristische Organisationen“ beherbergen, was nach Angaben der Zeitung Haaretz auch wieder für Sudan und Flüchtlinge aus Darfur zutreffe.
Der stellvertretende Verteidigungsminister Matan Vilnai hatte am Montag in der Knesset erklärt, dass Israel die „Flut der Eindringlinge“ über die Grenze zu Ägypten eindämmen müsse. Seit Anfang 2007 seien mehr als zehntausend Menschen über die Grenze geschleust worden. Das neue Gesetz solle „den Rechtsstaat schützen und das Recht des Staates, festzulegen, wer einreisen darf.“ Als „Eindringling“ definiert das Gesetz, wer „nicht über einen offiziellen Grenzübergang nach Israel einreist“.
Der Abgeordnete Dov Hanin der kommunistischen Partei Hadasch wandte sich am Dienstag im Rundfunk gegen dieses Gesetz. Er erinnerte an die Millionen Juden im vorigen Jahrhundert, die von den Nazis umgebracht wurden, weil ihnen die Grenzen fast aller Länder der Welt verschlossen blieben und kaum ein Land bereit war, die jüdischen Flüchtlinge aufzunehmen. „Es ist eine moralische Pflicht, gerade des jüdischen Staates, umsichtiger mit Menschen umzugehen, die versuchen, einem Massenmord wie in Darfur zu entkommen und in Israel Zuflucht suchen.“ Es gehe nicht an, dass ausgerechnet Israel Flüchtlinge, die nur dem Tod entrinnen wollen, wie „Verbrecher“ behandelt würden.
Als die Flüchtlingswelle vor etwa anderthalb Jahren begann, wobei mehrere Flüchtlinge entlang der Grenze von ägyptischen wie von israelischen Soldaten erschossen wurden, hat die israelische Armee ganze Familien aufgegriffen. Die Menschen  konnten aber nicht in Armeelagern aufgenommen werden, weil es „Zivilisten“ verboten ist, sich in Militäreinrichtungen aufzuhalten. Sie wurden deshalb in Beer Schewa zum Beispiel vor der Stadtverwaltung abgeladen und ihrem Schicksal überlassen. Keine offizielle Institution fühlte sich verantwortlich, bis humanitäre Organisationen oder auch die „christliche Botschaft“ in Jerusalem begannen, den Menschen Windeln, Nahrungsmittel und Unterkünfte anzubieten. Seither bemüht sich der Staat als Übergangslösung, die Flüchtlinge auf Kibbuzim zu verteilen oder ihnen Arbeit als Tellerwäscher in Hotels in Eilat oder Jerusalem zu beschaffen.

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