Geiseln der iranischen Religionsdiktatur

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Geiseln der iranischen Religionsdiktatur

350 000 Anhänger der Glaubensgemeinschaft der Bahai leben im Iran. Sie werden verfolgt – auch deshalb, weil sie Israel anerkennen
 
Von Wahied Wahdat Hagh
 

Der Vorwurf lautet: „Gefährdung der nationalen Sicherheit“. Eine Anschuldigung, die den iranischen Geheimdienst gezielt zuschlagen lässt: Sieben Mitglieder der Koordinierungsgruppe der Bahai nahmen Teherans Häscher fest und übergaben sie den Knechten des gefürchteten Teheraner Evin-Gefängnisses. Die Bahai würden mit „Ausländern und besonders mit Zionisten Verbindungen haben“, schob Regierungssprecher Qolamhussein Elham eilig als Begründung nach.

Die Bahai aber streben nicht nach politischer Macht, sie haben nicht einmal eine Partei. Trotzdem hat die religiöse Machtelite die Bahai-Administration 1980 verboten, ebenso wie die säkularen Parteien, die alle seit spätestens 1982 verboten sind. Die Bahai werden im Iran verfolgt, ihnen ist der Zugang zu staatlichen Ämtern verwehrt. Ärzte, Apotheker, Professoren oder Lehrer, die der Religionsgemeinschaft angehören, dürfen seit 1979 ihrem Beruf nicht mehr nachgehen, seit Ayatollah Khomeini sein Land mit der islamischen Revolution überzog. Aus den iranischen Universitäten werden Studenten, die sich zum Bahai-Glauben bekennen, ausgeschlossen. Wie sollten sie die nationale Sicherheit gefährden?

Die Bahai sind Andersgläubige und begeben sich damit in der totalitären Religionsdiktatur bereits auf einen ideellen Kollisionskurs. Der iranischen Staatsideologie fielen Tausende von Andersdenkenden zum Opfer, im Namen der islamischen Revolution wurden und werden Muslime und Nicht-Muslime massiv unterdrückt. Dabei ist die Bahai-Religion humanistisch und aufklärerisch. Sie propagiert das Prinzip der Liebe, Hoffnung und Verantwortung für Mensch und Natur. Es sei besser, keine Religion zu haben, als eine Religion, die zur Gewalt aufruft, lautet ein Leitsatz. Die Suche nach Wahrheit ist ihnen ebenso wichtig wie Meinungsvielfalt oder die Gleichberechtigung von Mann und Frau. Sie befürworten demokratische Parlamente, treten Parteien aber nicht bei.

Bahaullah, der Offenbarer der Bahai-Religion, schlug Ende des 19. Jahrhunderts eine Erweiterung der parlamentarisch-demokratischen Systeme auf internationaler Ebene vor. Die Welt benötige eine Weltlegislative, Weltexekutive und Weltjudikative auf demokratischer Grundlage, sagte er. Auf der Grundlage universeller Menschenrechte unterstützen die Bahai die Vereinten Nationen.

Für sich selbst haben die Bahai den Klerus abgeschafft. Sie beten direkt zu Gott. Das politische System des Iran ist jedoch auf dem Prinzip der „Statthalterschaft der Rechtsgelehrten“ aufgebaut. In der iranischen Verfassung ist verankert, dass die Fortsetzung der islamischen Revolution im „In- und Ausland“ geplant sei zum Ziel der „Errichtung einer einheitlichen Islamischen Weltgemeinschaft“. Ein Widerspruch zu den Grundsätzen der Bahai, die für eine Welt kultureller und religiöser Vielfalt eintreten.

Das iranische Mullah-Regime wirft den Bahai vor, Zionisten zu sein, weil ihr Weltzentrum in der israelischen Hafenstadt Haifa liegt. Bahaullah, in Persien geboren, wurde Mitte des 19. Jahrhunderts nach Akka in der Nähe Haifas verbannt. Was die Bahai in den Augen der iranischen Mullahs zu Staatsfeinden macht, ist ihre Überzeugung, dass Israel – zumal als Mitglied der UN – ein Existenzrecht habe. Die Bahai erkennen Israel an, weil sie glauben, dass mit der neuen Offenbarung ein alttestamentarisches Versprechen erfüllt wird und die Juden nach 2000 Jahren wieder in ihre Heimat zurückkehren. Sie mischen sich aber nicht in die Parteipolitik ein.

Die offizielle Staatsdoktrin des Iran besagt dagegen: Palästina ist seit 1948 besetzt. Schon Ayatollah Khomeini wollte Jerusalem „befreien“, und der jetzige Präsident Mahmud Ahmadinedschad hat sich zum Ziel gesetzt, alles zu tun, damit Israel aus „den Annalen der Geschichte getilgt“ werde.

Gleiches hat die Diktatur offenbar mit der Bahai-Gemeinde im Iran vor: Sie soll vernichtet werden. Die Administration dieser religiösen Gemeinde wurde schon 1980 verboten. Die Machthaber fürchten ein wachsendes Interesse der iranischen Bevölkerung an der Bahai-Religion. Und da sie nicht alle etwa 350 000 Bahai im Iran einsperren können, nehmen sie Geiseln. Die sieben verhafteten Geiseln heißen: Behrouz Tavakkoli, Saeid Rezaie, Fariba Kamalabadi, Vahid Tizfahm, Jamaloddin Khanjani, Afif Naeimi und Mahvash Sabet.

     

 

 


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