Schäuble will Bundeswehr gegen innere Bedrohung einsetzen

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Jerusalem, 29. Mai 2008 – Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble hat bei der ersten internationalen Konferenz für innere Sicherheit in Jerusalem plädiert, Gesetze und das Völkerrecht für den Umgang mit Terror und der „neuen Bedrohung” im Rahmen asymmetrischer Kriege „gemeinsam” zu bewältigen. Es gebe innere Bedrohungen, denen nur mit militärischen Mitteln begegnet werden könne und nicht mit der Polizei.
In „demokratisch verfassten Rechtsstaaten” gehe es um die Einhaltung der Menschenrechte und die Garantie der Verfassung, um gleichzeitig die terroristische Gefahr zu bannen. „Zwischen Freiheit und Sicherheit gibt es keinen Widerspruch”, erklärte Schäuble. „Wir müssen beides miteinander verbinden. Demokratisch verfasste Rechtsstaaten sind entstanden, um die Rechte der Menschen zu schützen. Wir bedrohen nicht die Freiheit und Grundrechte, sondern schützen sie.”
Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen, „weit davon entfernt ist, ideal zu sein” habe am 12. September 2001 entschieden, dass der 11.9. ein Angriff auf die Vereinigten Staaten von Amerika im Sinne von Artikel 51 der Carter der UN gewesen ist. Danach habe man ein Recht auf Verteidigung. „In Deutschland”, so Schäuble werde immer mit Distanz geschaut, wenn Amerika vom „Krieg gegen Terror” rede, „weil in Deutschland das Wort Krieg verpönt ist. Wir haben im vergangenen Jahrhundert genügend dafür getan.” Deswegen stehe im Grundgesetz das Wort Krieg nur beim Verbot eines Angriffskrieges. „Ansonsten nennen wir die Reaktionen auf einen Angriff und alles was die Bundeswehr zu tun hat, Verteidigung nicht Krieg”.
In der deutschen Rechtsprechung gebe es eine Tendenz, möglichst viel vom Schutz der Grundrechte und der Menschenrechte in die sogenannte „unverfügbare Menschenwürde” einzubeziehen. Rechtliche Maßnahmen könnten nur ergriffen werden, wenn eine Straftat begangen worden sei. Gegen Selbstmordattentäter, die in Ausbildungslagern in Afghanistan vorbereitet werden, sei es unmöglich, mit den Mitteln des Strafrechts zu operieren. „Denn wenn er die Straftat begangen hat, ist er nicht mehr zu verhaften, weil der Selbstmordattentäter nach erfolgreicher Tat weitere strafrechtliche Maßnahmen ausschließt.” Schäuble will keine Vorbeugehaft, weil das ein Verstoß gegen Menschenrechte sei. Er fordert, „Vorbereitungshandlungen” zur Straftat erklären. „Ich halte das überhaupt nicht für ein rechtstaatliches Problem. Wer eine terroristische Ausbildung absolviert, begeht eine Straftat.” Genauso sei Fahren unter Alkohol verboten, weil es so gefährlich ist. „Einen Besuch in einem Terroristen-Ausbildungslager kann man auch als gefährlich einstufen.”
In Deutschland sei Guantanamo viel diskutiert worden, weil Deutsche die rechtliche Grundlage dafür nicht erkennen. Doch laut Schäuble müsse die Diskussion eröffnet werden. Laut Kriegsvölkerrecht dürfe ein Kombattant (also auch der Terrorist) als Kriegsgefangener nur nach Rang und Dienstgrad befragt werden. Beim Kampf gegen Terror funktionieren alten Vorgaben nicht mehr.
Die herrschende Meinung, dass die Grenze zwischen äußerer und innerer Sicherheit, also zwischen Polizei und Militär, entlang der Landesgrenzen gehe, sei eine „nostalgische Erinnerung an frühere Zeiten”. Bei einem militärisch abgewehrten Angriff von außerhalb gelte nur das Gebot der Verhältnismäßigkeit. Im Innern, beim Polizeieinsatz, dürfe man jedoch kein Menschenleben opfern, um ganze viele Menschenleben zu retten. Aber auch Angriffe im Innern könnten nur mit militärischen Mitteln abgewehrt werden, wie Angriffe mit bemannten oder unbemannten Flugobjekten. Die Polizei sei dazu weder ausgebildet noch technisch gerüstet. „Aber die Luftwaffe darf nach herrschendem Recht innerhalb des Landes nicht eingesetzt werden. Da sind wir dabei etwas zu ändern.”
Zum Verbot der Folter dürfte keine Relativierung eingeführt werden. „Wir hatten auch in Deutschland den Fall der ticking bomb. Ein verhafteter Kindesentführer, wurde vernommen. Das Kind war nicht gefunden. Polizei hatte noch Hoffnung, dass es noch lebe. Der verantwortliche Polizeiführer drohte dem Verbrecher mit  körperlichen Schmerzen. Er hat also Folter angedroht. Das Gericht hat später entschieden -und ich halte es für richtig-, dass dieses strafbar war.”
„Die asymmetrische Kriegsführung stellt ganz neue Herausforderungen.” Der Kampf gegen Terrorismus sei nur zu gewinnen, wenn nicht nur die operationalen Möglichkeiten genutzt würden. Auch die „Motivationen” müssten beachtet werden. „Es gibt Unverfügbares, aber man muss besonnen sein, was man für unverfügbar erklärt. Solange eine Gesellschaft sich nicht bedroht fühlt, besteht Gefahr, dass man alles für unverfügbar erklärt. Dann wird man, wenn die Zeiten ernst werden und die Bedrohung wächst, schnell verlieren.”
„Wir sind nicht sehr erfolgreich, den Rest der Menschheit davon zu überzeugen, dass unser Weg von Freiheit, Menschenrechten und „rule of law” der Bessere ist. Wir sollten eine solche Konferenz mal mit arabischen Staaten veranstalten. Ich kann nicht das Problem lösen, was die Muslime tun sollten. Der Islam ist Teil unseres Landes geworden und wir müssen versuchen, das nicht als Bedrohung zu sehen.”
Alle westliche Demokratien verlieren gegenüber der Bevölkerung ihre Legitimität, wenn sich herausstellt, dass sie in Zeiten einer Bedrohung nicht in der Lage sind, die prinzipiellen Bedürfnisse nach Sicherheit zu erfüllen. Deshalb sei auch Sicherheit ein Garant für die freiheitliche demokratische Ordnung.

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