Die iranische Führung in ihren eigenen Worten über die Vernichtung Israels: Ein Plädoyer gegen apologetische Kampagnen zur Entschuldung des Aufrufs zum Völkermord

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Die iranische Führung in ihren eigenen Worten über die Vernichtung Israels:
Ein Plädoyer gegen apologetische Kampagnen zur Entschuldung des Aufrufs zum Völkermord
 
 
Joshua Teitelbaum

Danksagung

Der Autor dankt Dr. Denis MacEoin, Royal Literary Fund Fellow der Newcastle University für seine Hilfe bei der Übersetzung und Transkription der persischen Passagen. Dr. MacEoin erhielt seinen Titel in Persian/Islamic Studies an der Cambridge University (King’s College).
   
·     In den letzten Jahren haben eine Reihe von iranischen Führern – am deutlichsten der iranische Präsident Mahmoud Ahmadinejad – in verschiedenen Stellungnahmen die Zerstörung des israelischen Staates und des jüdischen Volkes gefordert. Obgleich gewisse Experten diese Verlautbarungen als schlichte Äußerungen einer Unzufriedenheit mit der gegenwärtigen israelischen Regierung und ihrer Politik abgetan haben, sind in Wirklichkeit die Absichten hinter der Sprache Ahmadinejads und anderer klar.
 
·     Eine umfassende Analyse dessen, was Ahmadinejad tatsächlich gesagt hat, und wie es im Iran aufgefasst wurde, zeigt deutlich, dass der iranische Präsident nicht nur einen Regimewechsel in Jerusalem forderte, sondern die faktische physische Zerstörung des Staates Israel. Wenn Ahmadinejad seine Reden mit dem Ruf „Tod Israel!“ (marg bar Esraiil) unterstreicht, bleibt nicht viel Raum für mannigfaltige Interpretationen.
 
·     Ein altbekanntes Motiv der Anstiftung zum Völkermord ist die Dehumanisierung der Opfergruppe. Die Nazi-Wochenzeitschrift Der Stürmer porträtierte Juden als Parasiten und Heuschrecken. Ahmadinejad drückte es in einer Rede vom 20. Februar 2008 so aus: „Im Nahen Osten haben sie [die globalen Mächte] die finstere und schmutzige Mikrobe, genannt zionistisches Regime, geschaffen.“
 
·     Der oberste Führer Ayatollah Ali Khamenei, Nachfolger Ayatolah Khomeines seit 1989, hat in der Öffentlichkeit ähnliche Äußerungen über Israel getätigt wie Ahmadinejad. Am 15. Dezember 2000 erklärte er im iranischen Fernsehen: „Es ist die Position des Iran, als erstes durch den Imam [Khomeini] verkündet und viele Male von den Verantwortlichen wiederholt, dass das Krebsgeschwür, genannt Israel, aus der Region herausgerissen werden muss.“
 
·     Michael Axworthy, ehemaliger Chef der Iran-Abteilung des britischen Außenministeriums, betont, dass, als der Slogan „Israel muss von der Landkarte getilgt werden“ bei Militärparaden auf mit Transparenten drapierten Raketen erschien, die Aussage recht eindeutig gewesen sei.
 
·     Es gibt eine ausreichende Rechtsgrundlage für die Strafverfolgung gegen Ahmadinejad vor dem Internationalen Gerichtshof sowie dem Internationalen Strafgerichtshof wegen des direkten und öffentlichen Aufrufs zum Völkermord und zu Verbrechen gegen die Menschlichkeit.

 

 
In den letzten Jahren haben eine Reihe von iranischen Führern – am deutlichsten der iranische Präsident Mahmoud Ahmadinejad – in verschiedenen Stellungnahmen die Zerstörung des israelischen Staates und des jüdischen Volkes gefordert. Einige dieser Verlautbarungen wurden von einigen Journalisten und Iran-Experten schlicht als Äußerungen einer Unzufriedenheit mit der israelischen Präsenz im Westjordanland oder Ostjerusalem, oder mit der gegenwärtigen israelischen Regierung und ihrer Politik abgetan.
 
Prof. Juan Cole von der University of Michigan argumentiert beispielsweise, dass Ahmadinejad nicht die Zerstörung Israels forderte: „Ahmadinejad sagte nicht, dass er Israel von der Landkarte tilgen wolle, denn diese Redewendung existiert im Persischen nicht.“ Jonathan Steele vom britischen Guardian betonte, dass Ahmadinejad lediglich festgestellt hätte, das „Jerusalem besetzende Regime müsse von den Seiten der Zeit verschwinden.“ „Er sprach damit keine militärische Drohung aus,“ so Steele weiter, „Er forderte ein Ende der Besetzung Jerusalems an irgendeinem Zeitpunkt in der Zukunft. Die Redewendung ‚Seiten der Zeit‘ legt nahe, dass er es nicht in unmittelbarer Zukunft erwartet.“[1]
 
Das Beschönigen der Äußerungen des iranischen Präsidenten unter Akademikern setzt sich fort. Prof. Stephen Walt, ehemals Dekan der Kennedy School of Government in Harvard und Mitautor des mit Prof. John Mearsheimer verfassten Buches The Israel Lobby and US Foreign Policy antwortete bei einem gemeinsamen Auftritt vor Jerusalemer Publikum auf die Frage nach Ahmadinejads Äußerungen: „Ich glaube nicht, dass er damit zum Völkermord aufruft.“[2]
 
In Wirklichkeit sind die Absichten hinter der Sprache Ahmadinejads und anderer deutlich. Jene, welche sich apologetisch vor die iranische Führung stellen, sollten nicht ohne Widerspruch bleiben, wenn sie auf wissenschaftliche Art versuchen, diese extremen und vorsätzlichen Aufrufe zur Zerstörung Israels zu vernebeln. Sprache bedingt Bedeutung. Diese Verlautbarungen wurden von führenden iranischen Blogs und – auch offiziellen – Nachrichtenorganen genau dahingehend gedeutet: die Vernichtung Israels.
 
 
 
Die amerikanische Kongress-Debatte über die Übersetzung Ahmadinejads
 
Ahmadinejads Äußerungen zu übersetzen ist nicht allein eine akademische Angelegenheit. 2007 debattierte das amerikanische Repräsentantenhaus eine mögliche Resolution zur Aufforderung des UN-Sicherheitsrates, Ahmadinejad wegen der Verletzung der Genozid-Konvention von 1948 durch seine wiederholten Vernichtungsdrohungen gegen Israel zu belangen (H. Con. Res. 21). Die Frage der akkuraten Übersetzung seiner Bemerkungen wurde in dieser Debatte aufgeworfen.
 
Der demokratische Abgeordnete Dennis Kucinich (Ohio) forderte, dass alternative Übersetzungen von Ahmadinejads Äußerungen – wie die der südafrikanischen Politikwissenschaftlerin Virginia Tilley – in den Congressional Record aufgenommen werden sollten. Diesen Übersetzungen zufolge strebt der iranische Präsident lediglich einen Regimewechsel in Israel an, nicht jedoch die physische Vernichtung des Landes.[3] Die Resolution H. Con. Res. 21 wurde dennoch mit einer Mehrheit von 411 zu 2 Stimmen angenommen. Kucinich sowie der republikanische Abgeordnete Ron Paul (Texas) stimmten dagegen.
 
 
 
Eine Analyse von Ahmadinejads Sprache
 
Eine umfassende Analyse dessen, was Ahmadinejad tatsächlich gesagt hat – und wie es im Iran verstanden wurde – zeigt, dass der iranische Präsident nicht lediglich zum „Regimewechsel“ in Jerusalem aufrief, sondern die faktische physische Zerstörung des Staates Israel forderte. Es ist schwierig, ein Land von der Karte wischen, ohne dass nicht auch die Bevölkerung zerstört wird.
 
Die iranische Regierung selbst bestärkt dieses Verständnis in der Art und Weise, wie sie diese Parolen auf Plakaten und Werbetafeln bei offiziellen Paraden präsentiert. Jene, die Ahmadinejads Äußerungen durch ihre Reduktion auf einen „gemeinten“ Regimewechsel zu entschulden suchen, führen in die Irre. Ahmadinejads Forderungen sind eindeutig ein Aufruf zum Völkermord – die Zerstörung des jüdischen Staates und seiner Bevölkerung.
 
Eine Analyse des Äußerungskontextes zeigt ohne Zweifel auf, dass, wenn die iranische Führung die Euphemismen „zionistisches Regime“ oder „das Besatzungsregime in Jerusalem“ verwendet, sie ausschließlich den Staat Israel meint und nicht seine gegenwärtige Regierung. Dahingehend folgen die iranischen Führer einer altbekannten Praxis der arabischen Welt, Israel in der Bezeichnung „zionistisches Regime“ mit seinem Namen die Anerkennung zu verweigern.
 
Die iranische Führung spricht zudem auch nicht über einen ungesteuerten, natürlichen historischen Prozess, welcher zum Niedergang Israels führen werde. Stattdessen befürworten sie aktiv die Zerstörung Israels und haben klargestellt, dass sie den Willen und auch die Mittel haben, dies umzusetzen.
 
 
 
Ahmadinejads „Israel von der Landkarte getilgt werden“-Rede
 
In seiner Ansprache bei der am 26. Oktober 2005 in Teheran abgehaltenen Konferenz „Welt ohne Zionismus“ sagte der iranische Präsident Mahmoud Ahmadinejad folgendes:[4]
 

Original
Transkription
Übersetzung

 و امام عزيز ما فرمودند كه اين

رژيم اشغالگر قدس بايد از صفحه

روزگار محو شود. اين جمله

بسيار حكيمانه است

Va Imam-e aziz-e ma
farmudand ke in rezhim-e
eshghalgar-e Qods bayad
az safhe-ye ruzegar mahv
shaved. In jomle besyar
hakimane ast.
Unser teurer Imam [Khomeini] befahl, dass dieses Jerusalem besetzende Regime von den Seiten der Zeit getilgt werden muss. Dies war eine sehr weise Äußerung.
 
Die New York Times übersetzte diese Äußerung mit Israel „must be wiped of the map,“ (Israel muss von der Landkarte getilgt werden) – eine nicht-wörtliche Übersetzung, die dennoch die Bedeutung des Originals zum Ausdruck brachte – die Vernichtung Israels.[5] Trotz der aus Ahmadinejads Sprachwahl entstandenen internationalen Kontroverse, war ein Bericht seiner Rede vom Oktober 2005 auch noch im Mai 2008 auf der Website des Präsidenten verfügbar.
 
 
 
Das „Besatzungsregime in Jerusalem“ – der Staat Israel
 
Ahmadinejads Forderung nach einer Zerstörung Israels schönredend sagte Prof. Juan Cole der New York Times, dass alles, was der iranische Präsident habe sagen wollen, sei, dass „er hoffe, dass das Regime, also der jüdisch-zionistische Staat, welcher Jerusalem besetze, zusammenbrechen werde.“[6]
 
Offizielle Sprecher des Iran und ihre Nachrichtenorgane haben ihre Parolen seitdem an den Äußerungen Ahmadinejads ausgerichtet und sie frei als „Israel muss vom Angesicht der Erde getilgt werden“ übersetzt. Dies zeigt sich anhand von Transparenten und Schildern, welche auf Paraden und bei Zeremonien präsentiert werden. Ein iranischer Nachrichtensprecher benutzte bei einem Bericht über die Konferenz „Welt ohne Zionismus“ sogar das Wort „Israel“ (anstatt „Besatzungsregime in Jerusalem“) und das Wort „Welt“ (anstatt „Seiten der Zeit“) und bezog sich auf die Äußerungen Ahmadinejads, mit den Worten, man müsse „den Schandfleck Israel aus der Welt ausradieren.“ (Clip auf Anfrage verfügbar beim Jerusalem Center for Public Affairs).
 
Während sich die iranische Führung durchaus darüber bewusst ist, dass sie von den internationalen Medien beobachtet wird und dementsprechend ihre Wortwahl und Sprache entsprechend abmildert, ist sie weniger zurückhaltend bei internen Foren und Veranstaltungen. Wenn Ahmadinejad seine Reden vor großen Menschenmassen mit „Tod Israel“ (marg bar Esraiil) unterstreicht, bleibt nicht viel Raum für verschiedene Interpretationen.[7] Er ruft in diesem Fall öffentlich zur Vernichtung eines Landes auf – nicht eines Regimes.
 
 
 
 
Dehumanisierung als Vorspiel zum Völkermord: Israel als Infektion
 
In derselben Rede vom 26. Oktober 2005[8] kehrte Ahmadinejad zu dem Topos zurück, dass Israel schmutziges Ungeziefer sei, welches ausgemerzt werden müsse:
 

Original
Transkription
Übersetzung

به زودي اين لكه ننگ را از دامان

دنياي اسلام پاك خواهد كرد و

اين شدني است

Be-zudi in lake-ye nang ra az
damane donya-ye Islam pak
khahad kard, va in shodani’st.
Bald wird dieser Schandfleck auf dem Gewand der Welt des Islam gesäubert werden, und dies ist machbar.
 
Um keinen Zweifel bei persischen Lesern zu hinterlassen, dass Ahmadinejad tatsächlich Israel gemeint habe, wurde auf der offiziellen Website des iranischen Präsidenten www.president.ir das Wort „Esraiil“ (اسرائيل) in den Bericht eingefügt, um den Ausdruck „Schandfleck“ zu erläutern.[9]
 
Ein altbekanntes Motiv der Anstiftung zum Völkermord ist die Dehumanisierung der Opfergruppe. Die Nazi-Wochenzeitschrift Der Stürmer porträtierte Juden als Parasiten und Heuschrecken. In den frühen Neunzigern verwendete die Hutu-Propaganda gegen die Tutsi den Begriff „Kakerlaken.“[10] Im Vorfeld der Aktionen Saddam Husseins gegen die irakischen Schiiten 1991 bezeichnete die Zeitung seiner Baath-Partei sie als „affengesichtige Leute.“[11] Ebenso hat Präsident Ahmadinejad die israelischen Juden als „Vieh“, „blutdürstige Barbaren“ und „Verbrecher“ bezeichnet.[12] Dehumanisierung erscheint auch in anderen Formen wie z.B. Dämonisierung, bei welcher die Opfergruppe als „satanisch“ bezeichnet wird – ein von Ahmadinejad besonders benutzter Topos.[13]
 
Das Bild Israels als Keim oder Mikrobe findet sich häufig beim iranischen Präsidenten. In einer Rede vor einem Publikum in Bandar Abbas sagte Ahmadinejad am 20. Februar 2008:[14]
 

Original
Transkription
Übersetzung

در منطقه خاورميانه نيز جرثومه

سياه و كثيفي به نام رژيم

صهيونيستي درست كرده اند تا

به جان مردم منطقه بيندازند و به

بهانه آن سياست هاي خود را در

خاورميانه پيش ببرند

Dar mantaqe-ye Khavar-e
Miyane niz jarsum-e siyah
va kasifi be-nam-e rezhim-e
sahyonisti dorost karde-
and ta be-jan-e mardom-e
mantaqe biandazand va
be-behane-ye an siyasatha-
ye khod-ra dar Khavar-e
Miyane pish bebarand.
 
Im Nahen Osten haben sie [die globalen Mächte] die finstere und schmutzige Mikrobe, genannt zionistisches Regime, geschaffen, um damit die Völker der Region anzugreifen und um es als Ausrede zu benutzen, ihre Pläne im Nahen Osten voranzutreiben.
 
 
Anläßlich des 60. Jahrestages der Gründung Israels äußerte der iranische Präsident, „globale Arroganz hat das zionistische Regime vor sechzig Jahren etabliert.“ Die offizielle iranische Nachrichtenagentur IRNA berichtete, „Präsident Mahmoud Ahmadinejad hat das zionistische Regime am Donnerstag als ‚stinkenden Leichnam‘ bezeichnet und gesagt, dass jene sich irrten, die glaubten, sie könnten den Kadaver dieses fabrizierten und usurpierenden Regimes wiederbeleben.“[15]
 
Vernichtung Israels kein langer historischer Prozess, sondern machbar und imminent
 
Präsident Ahmadinejad zufolge ist die „Befreiung“ der Welt von dem „Krankheitserreger“ Israel sowohl möglich als auch unmittelbar bevorstehend. Am 14. April 2006 betonte Ahmadinejad, dass Israel „ seiner Auslöschung“ entgegengehe. Er fügte hinzu, Israel sei:[16]
 

Original
Transkription
Übersetzung

درخت خشكيده و پوسيد هاي است كه

با يك طوفان درهم خواهد شكست

Derakht-e khoshkide va
puside’i ast ke ba yek tufan
dar ham khahad shekast.
Ein vertrockneter, verfaulter Baum der bei einem einzigen Sturm zusammenbricht.
 
 
 
Auf einer Pressekonferenz am Rande des Treffens der Organisation der Islamischen Konferenz (OIC) in Senegal sagte der iranische Präsident am 14. März 2008:[17]
 

Original
Transkription
Übersetzung

رژيم صهيونيستي از بين رفتني است

rezhim-e sahyonisti az bayn
raftani’st.
Das zionistischer Regime ist dabei, zu verschwinden.
 
Bezüglich der Vereinigten Staaten („Großer Satan“) und Israel („Kleiner Satan“) äußerte Ahmadinejad auf einer Militärparade vom 17. April 2008:[18]
 

Original
Transkription
Übersetzung

منطقه و جهان آماده تحولات

بزرگ و پاك شدن از دشمنان

اهريمني است

Mantaqe- va jehan amadeye
tahavolat-e bozorg va
pak shodan az doshmanan-e
ahrimani’st.
Die Region und die Welt sind bereit für große Veränderungen und dafür, von den satanischen Feinden gereinigt zu werden.
 
Ahmadinejad zufolge wird die iranische Unterstützung der Palästinenser ihnen helfen, den Staat Israel zu zerstören. Gegenüber einer Pressekonferenz verlautbarte Ahmadinejad am 13. Mai 2008: „Dieser Terroristen- und Verbrecherstaat wird von fremden Mächten gestützt, doch die Palästinenser werden dieses Regime bald hinwegfegen.“[19] Einen Tag später verkündete Ahmadinejad bei einer Rede im nordiranischen Gorgan, dass „Israels Tage gezählt“ seien, und dass „die Völker der Region … nicht die geringste Chance ungenutzt lassen [würden], dieses falsche Regime zu vernichten.“[20] In einer öffentlichen Ansprache, am 2. Juni 2008 vom iranischen Nachrichtensender übertragen, wiederholte er erneut: „Danken wir Gott, dass der Wunsch bald erfüllt wird und dieser Keim der Verderbtheit bald vom Angesicht der Welt getilgt wird.“[21] Ganz offensichtlich handelt es sich bei Ahmadinejads Aufruf zur imminenten Zerstörung Israels nicht um ein einmaliges Ereignis von 2005, sondern er wurde vielfach öffentlich verkündet.
 
 
 
Israel – ein „gefälschtes Volk“
 
Ahmadinejad ist absolut bereit, seine Ansichten über die Juden und Israel auch in der westlichen Presse zu verbreiten. So sagte er in einem am 5. Februar 2008 in der französischen Tageszeitung Le Monde erschienenen Interview, die Juden Israels seien „ein gefälschtes Volk, ausgedacht; [die Menschen Israels] haben keine Zukunft; sie müssen das Gebiet verlassen.“
 
In diesem Interview wird seine Überzeugung deutlich, dass die Israelis nicht beharren und länger in dem Territorium bleiben werden, wo sie gerade leben. Dies ist nicht lediglich ein Aufruf zum Regierungswechsel oder für eine neue Politik, sondern vielmehr die Forderung, die jüdische Bevölkerung Israels aus dem Gebiet zu entfernen, sei es durch ethnische Säuberung oder durch physische Zerstörung.
 
 
 
Die iranische Rezeption dieser Äußerungen
 
Blogs und Internetforen
 
Während diverse westliche Kommentatoren apologetisch versuchen, Ahmadinejads Äußerungen über Israel reinzuwaschen, lassen regimekritische wie –freundliche Iraner in iranischen Blogs und Internetforen keinen Zweifel daran, dass der Präsident die Zerstörung Israels meint. Es gibt bis zu 180 000 persische Blogs. Iraner stellen 53 Prozent der Internet-User im Nahen und Mittleren Osten.
 
 
Mr. Ahmadinejad, reicht das nicht?
 
„Auf jeder Internet-Seite, die ich mir heute angeschaut habe (z.B. BBC oder Radio-Farda), oder all den Satellitenradio und –fernsehsendern, die ich höre, kommen an erster Stelle diese Perlen der Weisheit, die Mr. Ahmadinejad über den Countdown zur Zerstörung Israels produziert.“[22]
 
 
Was haben wir bislang getan, um Israel auszulöschen?
 
„Hat nicht der Imam Khomeini entschieden, dass Israel vom Schauplatz der Zeit ausgelöscht werden solle? Nun, ich frage euch – was haben wir getan, um dieses Israel vom Schauplatz der Zeit auszulöschen?“[23]
 
 
Ahmadinejads Äußerungen und der Koran
 
Ein anderer iranischer Blogger fragt sich, wieso Ahmadinejad über die Vernichtung Israels rede? Würden diese Äußerungen von religiösen Gesetzen und Beschlüssen gestützt? Der Blogger präsentiert daraufhin seine eigenen Untersuchungen hinsichtlich religiöser Schriften im Koran, welche die Äußerungen Ahmadinejads zu unterstützen scheinen.[24]
 
 
Schaff erst Ordnung in deinem eigenen Land, bevor du Israel zerstörst
 
Im Ham-Mihan Forum wurde über den von Ahmadinejad verkündeten Beginn des Countdowns zur Zerstörung Israels diskutiert. Unter den 71 Antworten fand sich:
 
„Meiner Meinung nach solltest du [Ahmadinejad] erstmal dein eigenes Land aufräumen, bevor du davon sprechen kannst, dass Israel zerstört werden solle. Den Leuten in Iran fehlt es an Brot und wir sorgen uns um Palästina.“
 
„Ich wünschte mir, dass man all die Energie, die man der Vernichtung Israels widmet, lieber der Ausmerzung von Drogenabhängigkeit, Armut, Korruption und Prostitution widmen würde.“[25]
 
 
Erste Schritte zur Auslöschung Israels
 
Bloggers der Iman Sadegh Universität riefen mit folgenden Worten zum Boykott israelischer Produkte auf:
„Liebe Blogger, wenn ihr es wünscht, könnt ihr so die ersten Schritte zur Auslöschung Israels von der Weltkarte unternehmen.“[26]
 
Die iranischen Blogs spiegeln eine ganze Bandbreite an Haltungen gegenüber den Äußerungen der iranischen Führung – v.a. Ahmadinejads – wieder. Seine Verlautbarungen auf der „Welt ohne Zionismus“-Konferenz wurden ausgiebig zitiert, sowohl von jenen, die sie unterstützen als auch von jenen, die sie ablehnen, und jenen, die sie  unterstützen, jedoch das Timing für ungünstig halten. Eines ist unbestreitbar – Ahmadinejads Äußerung, das „Jerusalem besetzende Regime muss von den Seiten der Zeit getilgt werden,“ wird von iranischen Bloggern – ohne jede Ausnahme – als physische Vernichtung des Staates Israel interpretiert.
 
 
Die Tageszeitung Resalat über Ahmadinejad-Rede: „Ein großer Krieg liegt vor uns“
 
Die konservative iranische Tageszeitung Resalat veröffentlichte am 22. Oktober 2006 den Leitartikel „Vorbereitung für den Großen Krieg,“ welcher Bezug nahm auf eine zwei Tage zuvor von Ahmadinejad gehaltenen Rede. „Es sollte nicht vergessen werden, dass ein großer Krieg vor uns liegt, vielleicht morgen, vielleicht in einigen Monaten, oder einigen Jahren. Die Gemeinschaft aller Muslime muss sich auf den großen Krieg vorbereiten, um das zionistische Regime vollständig auszutilgen und dieses Krebsgeschwür zu entfernen“ (nachträgliche Hervorhebung).[27]
 
 
Vernichtungsrufe gegen Israel bei Militärparaden, auf Tafeln und Demonstrationen
 


 

Schon bevor Ahmadinejad selbst davon sprach, Israel von der Landkarte zu tilgen, hat das iranische Regime derartige Parolen verwendet, ohne je einen Zweifel daran aufkommen zu lassen, was hinter dieser Phraseologie steht. Indem es seine Vernichtungsdrohungen gegen Israel Seite an Seite auf Militärparaden mit seinen Shahab-3 Raketen präsentierte, machte das Regime deutlich, dass diese Verlautbarungen über die Zukunft Israels, sich nicht auf langfristige historische Prozesse beziehen, in welchen der israelische Staat ähnlich wie die Sowjetunion selbständig kollabiert, sondern auf eine faktische physische Zerstörung in Folge von Militärschlägen. Die Shahab-3-Raketen haben eine Reichweite von 1 300 Kilometern und können Israel von iranischen Abschussrampen aus erreichen. Sobald der Iran die Produktion von ausreichend hoch angereichertem Uran – oder waffenfähigem Plutonium – vollendet hat, gibt es keinen Grund mehr, wieso der Iran Shahab-3 Raketen nicht mit Atomsprengköpfen versehen sollte, um die Drohung Ahmadinejads, Israel von der Landkarte zu tilgen auszuführen.
 
 
 
 
  
„Israel muss rausgerissen und aus der Geschichte getilgt werden“ – Inschrift auf einer Shahab-3 Rakete auf einer Militärparade in Teheran, 22. September 2003.
 
  
 
 
 


 

Dieses Transparent befindet sich an einem Gebäude, in welchem sich das Zentrum für die Bassidschi-Widerstandsgarde im Justizbereich befindet, Teil der Bassidschi-Widerstandsgarden in Regierungsbehörden und Ministerien.[28] Die Bassidschi sind als „Mobilisierungstruppen“ Reserve der Islamischen Revolutionsgarden (IRGC) Pasdaran, welche 1979 zur Verteidigung des iranischen Revolutionsregimes gegründet wurden. Die englische Übersetzung des Transparents verdeutlicht, wie ein offizielles Organ der iranischen Regierung Ahmadinejads Worte interpretiert. Zu beachten ist, dass Variationen der Formulierung „vom Angesicht der Erde tilgen“ schon zuvor in einem spezifisch militärischen Kontext verwendet wurden. In einer Freitagspredigt ließ der ehemalige iranische Präsident Rafsanjani verlautbaren: „Wenn eines Tages, eines natürlich äußerst bedeutenden Tages, die islamische Welt mit Waffen ausgerüstet sein wird, über welche Israel schon heute verfügt, dann wird die imperialistische Strategie in eine Sackgasse geraten, denn die Anwendung auch nur einer Atombombe in Israel wird es vom Angesicht der Erde tilgen, während die islamische Welt lediglich Schaden erleiden wird.“[29]
 
Das gleiche Transparent findet sich hier an einem Bus bei einer Militärparade im Iran, November 2006. Der englische Schriftzug lautet: „Israel muss vom Angesicht der Welt getilgt werden.“[30]


 

 
 
 
  
 
Auf Englisch: „Nieder mit Israel“
Auf Persisch: „Tod Israel“
 
 
 
 
 
Während die englischen Schriftzüge der Schilder „Nieder mit Israel“ und „Nieder mit den USA“ lauten, übersetzt sich das arabische in „Tod Israel“ und „Tod Amerika“.
 
 
 
 
 
Äußerungen des Obersten Führers Ayatollah Ali Khamenei
 
 
 
Die ranghöchste Figur im iranischen System ist der Oberste Führer Ayatollah Ali Khamenei, Nachfolger des Ayatollah Ruhollah Khomeini seit 1989. Khamenei hat über Israel ähnliches geäußert wie Ahmadinejad. So erklärte er am 15. Dezember 2000 bei einer im iranischen Fernsehen übertragenen Freitagspredigt: „Es ist die Position des Iran, als erstes durch den Imam [Khomeini] verkündet und viele Male von den Verantwortlichen wiederholt, dass das Krebsgeschwür, genannt Israel, aus der Region herausgerissen werden muss.“[31]
 
Einen Monat später, am 15. Januar 2001, äußerte er sich auf einem Treffen mit den Organisatoren der Internationalen Konferenz zur Unterstützung der Intifada: „Das Fundament des Islamischen Regimes ist die Gegnerschaft gegen Israel und das beständige Thema des Iran ist die Eliminierung Israels in der Region.“[32] Der iranische Journalist Kasra Naji übersetzte diesen Satz aus dem Original in Farsi wie folgt: „Es ist die Mission der Islamischen Republik des Iran, Israel von der Landkarte der Region zu tilgen.“[33]


 

Der Unterschied zwischen der internationalen Reaktion auf Khameneis gegen Israel gerichteten Äußerungen und der auf jene Ahmadinejads von 2005 ist dem Umstand geschuldet, dass Ahmadinejad sie nach der Enthüllung des geheimen Atomwaffenprogramms des Iran 2002/2003 und dem Abbruch der Gespräche zwischen Iran und EU über die Einstellung der Urananreicherung tätigte. Ab 2005 begann Khamenei gezielt, den durch Ahmadinejads Rhetorik verursachten Schaden zu begrenzen, indem er darauf bestand, dass der Iran nicht die militärische Zerstörung Israels anstrebe.[34] Gleichwohl verfasste der enge Vertraute Khameneis und einer seiner wichtigsten Sprecher Hossein Shariatmadari am 30. Oktober 2005 einen Leitartikel in der iranischen Tageszeitung Kayhan, in welchem er argumentierte: „Wir erklären ausdrücklich, dass wir uns mit nichts geringerem zufrieden geben werden, als der vollständigen Auslöschung des zionistischen Regimes von der politischen Karte der Welt.“[35] Es kann also durchaus sein, dass Khamenei seine eigene Rhetorik etwas gemäßigt hat, nur gestattete er nichtsdestotrotz seinem von ihm selbst gewählten Chefredakteur der Kayhan seine ursprüngliche ideologische Position, dass Israel zerstört werden müsse, weiterhin vor der iranischen Öffentlichkeit zu vertreten.
 
Bei einer Rede vom 4. Oktober 2007 äußerte Shariatmadari: „,Tod Amerika‘ und ‚Tod Israel‘ sind nicht allein auf Papier geschriebene Worte, sondern symbolisieren vielmehr den Wunsch aller islamischen Nationen.[36]
 


 
In Ahmadinejads Fußstapfen – Vernichtungsdrohungen weiterer iranischer Führer
 
 
Ayatollah Janati: Das Volk wünscht den Tod Amerikas und Israels
 
 
 
 
Der 82-jährige Ayatollah Ahmad Janati ist Mitglied des inneren Kreises um Präsident Ahmadinejad und Vorsitzender des Wächterrates der Verfassung. Der Fars Nachrichtenagentur zufolge sagte er während der Parade am 22. Bahman (dem Jahrestag der islamischen Revolution) gegenüber Reportern, dass die Masse jährlich wachse, ihre Parolen immer enthusiastischer und die Situation für das islamische Regime immer besser würden. Er fügte hinzu: „Die blinden Feinde sollten sehen, dass die Wunsch dieser Menschen der Tod von Amerika und Israel ist. [37]
 
 


 

General Safavi: Todesurteil für das zionistische Regime
 
 
Der 55-jährige Yahya Rahim Safavi gehört zum harten Kern der Gründungspersönlichkeiten der Islamischen Revolutionsgarden, war ihr Kommandeur und agiert nun als einer der wichtigsten Berater für den Obersten Führer Khamenei. Im Februar 2008 verkündete er auf eine Rede: „Mit Gottes Hilfe ist die Zeit gekommen für das Todesurteil für das zionistische Regime.[38]
 
Zu den Lieblingstopoi Safavis gehört die Beschreibung Israels als „unrein“, „unhygienisch“ und „verseucht“. Auf einer Gedenkzeremonie in Hamadan für den bei einem Anschlag ums Leben gekommenen Terroristen Imad Mughniyeh


 

sagte Safavi am 23. Februar 2007, „der Tod dieses unreinen Regimes (این مرگ ناپاک رژیم) wird bald folgen, wenn sich die Muslime erheben.[39]
 
 
Mohammad-Ali Ramin: Die Juden sind ein äußerst schmutziges Volk
 
Die Presse, wie auch er selbst sich, bezeichnet Mohammad-Ali Ramin als Berater Ahmadinejads. Er ist ein bekannte Holocaust-Leugner und wird als maßgeblicher Einfluss hinter den diesbezüglichen Bemerkungen des Präsidenten vermutet. Er ist Sekretär des Politkomitees der den Präsidenten unterstützenden Partei Rayeheh Khosh-Khedmat. Der reformistischen Online-Tagespublikation Rooz zufolge äußerte Ramin am 9. Juni 2006 gegenüber einer Gruppe Studenten in Rasht: „Unter den Juden fanden sich immer jene, welche Gottes Propheten töteten und sich der Gerechtigkeit und Rechtschaffenheit widersetzten. In der Geschichte gibt es viele Vorwürfe gegen die Juden. Man sagte, sie seien verantwortlich für Pest und Typhus. Denn die Juden sind ein äußerst schmutziges Volk. Eine   


 

Zeitlang hieß es auch, dass die Juden die Brunnen der Christen vergifteten, um sie zu töten.“[40] Ramin hält es nicht für nötig, seinen Antisemitimus dadurch zu tarnen, indem er „Zionisten“ statt Juden sagt.
 
Ayatollah Nuri Hamadani: Bekämpft die Juden und bezwingt sie
 
Ayatollah Hussein Nuri Hamadani (geb. 1925) ist eine führende religiöse Autorität des Regimes. Bei einem Treffen im Institut für Messianische (Mahdaviyat) Studien äußerte er im April 2005: „Man muss die Juden bekämpfen und bezwingen, damit die Bedingungen für die Wiederkehr des Verborgenen Imans erfüllt werden.“ Zugleich betonte er: „Gegenwärtig bedroht uns die Politik der Juden. Man sollte auf das deutlichste aussprechen, welche Gefahren uns, dem iranischen Volk und den Muslimen, von den Juden drohen … Schon von Beginn an strebten die Juden in ihrer Gier und Gefräßigkeit danach,
die Güter der Welt zu horten. Sie haben immer in den wichtigsten Berufen gearbeitet und horten nun allen Reichtum an einem Ort. Die ganze Welt, vor allem Amerika und Europa, sind ihre Sklaven.“[41]
 
General Mohammad-Ali Jafari: „Krebs erzeugende Mikrobe Israel“
 
In einer Botschaft an den Generalsekretär der Hisbollah Hassan Nasrallah schrieb der Kommandeur der Islamischen Revolutionsgarden im Februar 2008 : „In naher Zukunft werden wir Zeugen der Zerstörung der Krebs erzeugenden Mikrobe Israel (اسرائيلسرطاني جرثومه) durch die mächtigen und fähigen Hände der Hisbollah-Nation sein.“[42]


 

 
Außenminister Mottaki: Israel hat keine Legitimität
 
Der Nachrichtenagentur iranischer Studenten zufolge äußerte der iranische Außenminister Mottaki am 18. Februar 2008 in einer Rede: „Der Westen hat versucht, dem Nahen Osten ein künstlich fabriziertes Regime aufzuzwingen. Doch selbst nach sechzig Jahren hat das zionistische Regime (Israel) weder Legitimität erlangt noch eine Rolle in der Region gespielt.“[43]
 
(ehem.) Madschles-Sprecher Adel: Zerstörung des zionistischen Regimes
 
Der ehemalige Sprecher des iranischen Parlaments Gholam Ali Haddad-Adel betonte in einer Rede in der Moschee der Teheraner Universität im Februar 2008 ebenfalls: „Der Countdown für die Zerstörung des zionistischen Regimes hat begonnen.“[44]
 
 
 
Äußerungen der Hisbollah
 
Auch die Verlautbarungen der Hisbollah bieten sich als Indikator für die iranischen Intentionen gegenüber Israel an. Die Hisbollah wurde 1982 gegründet mit der Entsendung iranischer Revolutionsgarden ins libanesische Bekaa-Tal und der Ausbildung des ersten Schiitenkaders. Der damalige iranische Botschafter in Damaskus Ali Akbar Mohtashemi gründete den ersten Führungsrat der Hisbollah.[45] In ihrem grundlegenden Programm macht die Hisbollah deutlich, dass sie ihre Anweisungen aus Teheran bezieht: „Wir bleiben den Befehlen einer einzigen und gerechten Führerschaft treu, wie sie im Wali al-Faqih und der Person Khomeinis zum Ausdruck kommt.“[46]
 
In diesem Kontext gilt es auf die Äußerungen des Generalsekretärs der Hisbollah Hassan Nasrallah hinzuweisen. 2002 offenbarte er die genozidalen Absichten seiner Organisation mit den Worten:
 
„Nicht nur die jüdischen, sondern auch die islamischen Prophezeiungen verkünden, dass dieser Staat [Israel] entstehen und die Juden der ganzen Welt in das besetzte Palästina versammeln wird. Doch dies geschieht nicht, damit ihr falscher Messias [al-Dajjal] die Welt beherrschen kann, sondern weil Gott euch dadurch die Sorge erspart, sie in der ganzen Welt zu verfolgen. Denn dann wird die Schlacht entscheidend wie vernichtend sein.“[47]
 
Dieser Topos wurde auch während des Zweiten Libanonkrieges deutlich, als Nasrallah die arabischen Einwohner Haifas aufforderte, die Stadt zu verlassen, damit kein arabisches Blut durch die Raketenangriffe der Hisbollah vergossen werde, sondern nur jüdisches.[48] Es überrascht daher nicht, dass Nasrallah Ahmadinejads wiederholtes Thema der Vernichtung Israels ebenfalls aufgreift.[49] Die Hisbollah wird vom Iran geleitet.
 
 
 
Aufruf zum Völkermord
 
Die Äußerungen Ahmadinejads wurden von Nahost- und Farsi-Experten untersucht. Michael Axworthy, der ehemalige Leiter der Iran-Abteilung des britischen Außenministeriums von 1998-2000 und jetzige Dozent des Institut für Arabische und Islamstudien der University of Exeter, weist die Vorstellung, dass Ahmadinejad falsch übersetzt und verstanden wurde, nachdrücklich zurück: „Diese Formel wurde bereits zuvor von Khomeini und anderen verwendet und wurde von Vertretern des iranischen Regimes als ‚von der Landkarte tilgen‘ übersetzt. Manches der Argumentation darüber, was Ahmadinejad exakt gemeint habe, ist eine Scheindebatte. Wenn diese Parole bei Militärparaden auf Raketen zu lesen ist, dann ist die Bedeutung ziemlich eindeutig.“[50]
 
In diesem Kontext betrachtet, stellen die Äußerungen der iranischen Führung, und ganz besonders die Präsident Ahmadinejads, Aufruf zum Völkermord an der israelischen Bevölkerung dar. Sie ähneln den kodierten Hetzbotschaften unmittelbar vor dem Genozid an den Tutsi in Ruanda 1994[51] und sollten schon daher die friedensliebenden Nationen alarmieren.
 
Es gibt eine ausreichende Rechtsgrundlage für die Strafverfolgung gegen Ahmadinejad vor dem Internationalen Gerichtshof sowie dem Internationalen Strafgerichtshof wegen des direkten und öffentlichen Aufrufs zum Völkermord und zu Verbrechen gegen die Menschlichkeit.[52]
 


 

 
Anhang
 
 
Die Europäische Union Verurteilt Ahmadinejad, Adel, Mottaki und Jafari
Erklärung des Vorsitzes im Namen der Europäischen Union zu jüngsten anti-israelischen Äußerungen
 
25. Februar 2008
 
Die Europäische Union verurteilt die Äußerungen des iranischen Präsidenten Ahmadinejad, des Sprechers des iranischen Islamischen Rates (Majlis) Haddad Adel, des iranischen Außenministers Mottaki und des Kommandeurs der iranischen Revolutionsgarden Jafari auf das Schärfste. Ihre gegen Israel gerichteten Kommentare sind untragbar, gefährlich und unzivilisiert. Die Europäische Union fordert Iran auf, seine Anschuldigungen einzustellen und jedwede Drohungen gegen andere Staaten der Völkergemeinschaft zu unterlassen.[53]
 
 
Über den Autor
Dr. Joshua Teitelbaum ist Visiting Senior Fellow des Jerusalem Center for Public Affairs, Senior Research Fellow des Dayan Center for Middle Eastern Studies der Tel Aviv University sowie Rosenbloom Israeli Visiting Associate Professor am Department of Political Science und dem Center on Democracy, Development, and Rule of Law, sowie W. Glenn Campbell und Rita Ricardo-Campbell National Fellow an der Hoover Institution, beide in Stanford University. Er ist Autor und Herausgeber verschiedener Bücher über den modernen Nahen und Mittleren Osten. Sein jüngstes Werk Political Liberalization in the Persian Gulf erscheint in Kürze bei Columbia University Press.
 


 

 
 
 


Anmerkungen:
[1]Siehe Ethan Bronner, „Just How Far Did They Go, Those Words Against Israel?,“ New York Times, 10. Juni 2006. Siehe auch Arash Norouzi, „‘Wiped off the Map‘ – The Rumor of the Century,“ www.mohammadmossadegh.com/news/rumorof-the-century. Jonathan Steele, „Lost in Translation,“ The Guardian, 14. Juni 2006; Virginia Tilley, „Putting Words in Ahmadinejad’s Mouth,“ Counterpunch, 28. August 2006.
[2]„‘Israel Lobby‘ Authors in Jerusalem: Ahmadinejad Not Inciting to Genocide,“ AP, Ha’aretz (Englisch), 13. Juni 2008.
[3]http://www.govtrack.us/congress/record.xpd?id=110-h20070618-25&person=400346.
[4] Für einen direkten Link zu der Rede siehe Iranian Students News Agency, 26. Oktober 2005, http://www.isna.ir/Main/NewsView.aspx?ID=News-603209. Für einen ähnlichen Bericht auf der Website des Präsidenten (http://www.president.ir/fa) muss das Archiv der Präsidentenreden gemäß des persischen Datums, 4. Aban (8. Monat) bemüht werden. Von den fünf verfügbaren Artikeln ist die „Welt ohne Zionismus“-Rede die erste.
[5]Die von der New York Times verwendete nicht-wörtliche Übersetzung der Ahmadinejads Äußerung als „the occupying regime must be wiped of the map,“ wurde von vielen dem Regime kritisch gegenüberstehenden führenden Politiker der Welt aufgegriffen. Für Nazila Fathis Übersetzung siehe New York Times 30. Oktober 2005. Fathi arbeitet im Teheraner Büro der New York Times. Sie übersetzte das Buch History and Documentation of Human Rights in Iran der Friedensnobelpreisträgerin Shirin Ebadi vom Persisischen ins Englische. Während der Drucklegung dieser Studie tätigte Präsident Ahmadinejad in einer Rede zu Ehren Khomeinis ähnliche Aussagen. Für den Clip und Übersetzung siehe MEMRI TV http://www.memritv.org/clip/en/1784.htm, und die Agenturmeldung von IRNA, AFP, AP, Reuters, 2. Juni 2008.
[6]Ethan Bronner, „Just How Far Did They Go.“ Doch wie Bronner beschreibt: „All official translations of Mr. Ahmadinejad’s statement, including a description of it on his Web site (www.president.ir/eng/), refer to wiping Israel away. Further confusing matters was that Ahmadinejad managed to misquote Khomeini, who had used the noun sahneh (arena/field/stage in Persian), and not safheh (page in Persian).“ Siehe auch http://en.wikipedia.org/wiki/Mahmoud_Ahmadinejad_and_Israel.
[7]Auszug einer Rede Ahmadinejads übertragen vom iranischen Nachrichtenkanal (IRINN) am 2. August 2006. Siehe MEMRI TV, http://www.memritv.org/clip/en/1222.htm. Für das Transkript http://www.memritv.org/clip_transcript/en/1222.htm.
[8]Iranian Students News Agency, 26. Oktober 2005, http://www.isna.ir/Main/NewsView.aspx?ID=News-603209.
[9]http://www.president.ir/fa/ Archiv der Präsidentenreden, 4. Aban (8.Monat) 1384. Das iranische Fernsehen ging ebenso vor, wie ein Ausschnitt beweist, in dem über die Rede berichtet wird (Clip auf Anfrage beim JCPA erhältlich).
[10]Gregory S. Gordon, „From Incitement to Indictment? Prosecuting Iran’s President for Advocating Israel’s Destruction and Piecing Together Incitement Law’s Emerging Analytical Framework,“ forthcoming in Journal of Criminal Law & Criminology, Vol. 98 (2008), Entwurf online unter http://works.bepress.com/cgi/viewcontent.cgi?article=1000&context=gregory_gordon.
[11]Document 103, „Report on the Situation of Human Rights in Iraq Prepared by the Special Rapporteur of the Commission on Human Rights,“ 18. Februar 1992, in: Department of Public Information, The United Nations and the Iraq-Kuwait Conflict, 1990-1996 (New York: United Nations, 1996), S. 407-408.
[12]Gordon, op. cit
[13] So zitierte z.B. die offizielle iranische Nachrichtenagentur IRNA Ahmadinejad am 1. März 2007: „Zionists are the true manifestation of Satan.“ http://www2.irna.ir/en/news/view/line-20/0703015352005938.htm.
[14] Offizielle Website des iranischen Präsidenten, http://www.president.ir/fa/?ArtID=8444; Der Clip ist zu finden unter http://www.memritv.org/clip/en/1694., Mit leicht abgeänderter Übersetzung: http://www.memritv.org/clip_transcript/en/1694.htm..htm
[15]Islamic Republic News Agency (Englisch), 8. Mai 8 2008, http://www2.irna.ir/en/news/view/line-16/0805083448175250.
htm.
[16] Offizielle Website des iranischen Präsidenten, http://www.president.ir/fa/print.php?ArtID=1544; siehe auch Bericht http://www.cbsnews.com/stories/2006/04/14/world/main1499824.shtml, sowie Anoushiravan Ehteshami and Mahjoob Zweiri, Iran and the Rise of the Neoconservatives (London: I. B. Tauris, 2007), S. 14.
[17]Offizielle Website des iranischen Präsidenten, http://www.president.ir/fa/?ArtID=10.
[18]Fars News Agency, http://www.farsnews.com/newstext.php?nn=8701290026; AFP, 17. April 2008.
[19]DPA, 13. Mai 2008.
[20]MEMRI Inquiry and Analysis Series, No. 447, 6. Juni 2008, http://www.memri.org/bin/latestnews.cgi?ID=IA44708#_edn8.
[21]MEMRI TV, 2. Juni 2008, http://www.memritv.org/clip_transcript/en/1784.htm.
[22]http://soroosh-p.blogfa.com/post-66.aspx, June 3, 2007. Es handelt sich um ein regimekritisches Blog.
[23]http://yahood.mihanblog.com/, zwei Wochen nach dem Ausbruch des Zweiten Libanonkrieges Juli 2006. Es handelt sich um ein anti-israelisches Blog.
[24]http://naan.o.panir.googlepages.com/Naan-Site-Form-Ahmadi.htm. Dieses Blog konzentriert sich auf Menschenrechte im Iran und die prä-islamische Zeit des Landes.
[25]http://forum.hammihan.com/showthread.php?t=6830&page=7. Dieses iranische Forum zeichnet sich durch thematische Vielfalt aus.
[26] http://isu.blogfa.com/post-6.aspx
[27]MEMRI Special Dispatch Series, No. 1357, November 15, 2006, http://www.memri.org/bin/articles.cgi?Page=countries&Area=iran&ID=SP135706.
[28]http://sheikyermami.com/2007/09/page/3/.
[29]„Iran Calls for the Destruction of Israel,“ Intelligence and Terrorism Information Center, Center for Special Studies,
Special Information Bulletin, November 2003, Zitat Khabar TV,14. Dezember 2000. http://www.terrorism-info.org.
il/malam_multimedia//ENGLISH/IRAN/PDF/NOV_03.PDF.
[30] AP.
[31]„Iran Calls for the Destruction of Israel.“ Siehe auch: „Iran Leader Urges Destruction of ‘Cancerous‘ Israel,“ CNN, 15. Dezember 2000, http://archives.cnn.com/2000/WORLD/meast/12/15/mideast.iran.reut/. Ein ähnliches Zitat auf Persisch findet sich auf http://www.kheimeh.org/kheimeh/index.php?po=fulltext&op=1&pg=1&id=455.
[32] „Iran Calls for the Destruction of Israel.“
[33]Kasra Naji, Ahmadinejad: The Secret History of Iran’s Radical Leader (Los Angeles: University of California Press,
2008), S. 144.
[34]Karim Sadjadpour, Reading Khamenei: The World View of Iran’s Most Powerful Leader (Washington: Carnegie Endowment, 2008), S. 20, erhältlich auf http://www.carnegieendowment.org/files/sadjadpour_iran_final2.pdf.
[35] Wiping Israel Off the Map Is Iran’s Official Policy,“ Iran Focus, 30. Oktober 2005, http://www.iranfocus.com/en/special-wire/wiping-israel-off-world-map-is-iran-s-official-policy-key-official.html.
[36]http://www.aftab.ir/news/2007/oct/04/c1c1191492912_politics_iran_hossein_shariyat_madari.php, 4. Oktober 2007.
[37]http://www.aftab.ir/news/2008/feb/12/c1c1202811597_politics_iran_jannati.php, 12. Februar 2008.
[38]http://www1.irna.com/fa/news/view/line-5/8612021449121206.htm, http://www.taghribnews.com/tmain_fa.aspx?lng=fa&mode=art&artid=20992.
[39]http://sepahnews.com/nEWS/uNew.aspx?id=8584&pid=0.
[40]http://www.memri.org/bin/articles.cgi?Page=countries&Area=iran&ID=SP118606.
[41]http://memri.org/bin/articles.cgi?Page=archives&Area=sd&ID=SP89705;
http://web.peykeiran.com/net_iran/irnewsbody.aspx?ID=23105;http://www.asylum-norway.com/modules.php?name=News&file=article&sid=182.
[42]http://sepahnews.com/nEWS/uNew.aspx?id=8482&pid=0, 18. Februar 2008.
[43]ISNA, 18. Februar 2008, zitiert auf http://www.haaretz.com/hasen/objects/pages/PrintArticleEn.jhtml?item No=955417.
[44]http://www.bornanews.ir/NSite/FullStory/?Id=121547.
[45]Martin Kramer, „Hizbullah in Lebanon,“ The Oxford Encyclopedia of the Modern Islamic World (New York: Oxford University Press, Vol. 2, 1995), S. 130-133.
[46]Intelligence and Terrorism Information Center, Center for Special Studies, Hezbollah (Part 1) (Tel Aviv: Intelligence and Terrorism Information Center, June 2003), p. 53. Wali al-Faqih heisst „Herrschaft der Rechtsgelehrten.“ Nasrallah bezeichnete Hisbollah in einer Rede vom 26. Mai 2008 als „Partei der Rechtsgelehrten-Herrschaft.“ Für den Clip siehe: MEMRI TV, http://www.memritv.org/clip/en/1779.htm.
[47]Eine Aufzeichnung der Rede auf arabisch findet sich unter http://audio.hizbollah.tv/details.php?cid=1&linkid=189. Der Beiruter
Daily Star berichtete von der Rede und zitierte Nasrallah: „If they (Jews) all gather in Israel, it will save us the trouble of going after them worldwide.“ „Nasrallah Alleges ‘Christian Zionist‘ Plot,“ Daily Star (Beirut), 23. Oktober 2002, Zitat von Nasrallah-Rede in Haret Hreik, 22. Oktober 2002. Die Einschiebung „Jews“findet sich him Originaltext des Daily Star.
[48]Times (London), 12. August 2006.
[49] Für die diesbezüglichen Ansichten des Hisbollah-Generalsekretärs Sayyid Hassan Nasrallah siehe Michael Young,“The Islamists Really Are True Believers,“ Daily Star (Beirut), 27. März 2008, www.middleeasttransparent.com/article.php3?id_article=3604. Young ist der Meinungsseitenredakteur der Beiruter Tageszeitung.
[50]Michael Axworthy, A History of Iran: Empire of the Mind (New York: Basic Books, 2008), S. 313.
[51]Gordon, op. cit.
[52]Ibid.
[53]http://europa.eu/rapid/pressReleasesAction.do?reference=PESC/08/23&format=HTML&aged=0&language=DE&guiLanguage=en.

 


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