Gemeinsame Presseerklärung vom 7. Juli 2008 – Laridschanis antisemitischer Auftritt in Berlin muss Folgen haben!

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Koordinierungsrat deutscher Nicht-Regierungsorganisationen gegen Antisemitismus und WISSENSCHAFTLER FÜR FRIEDEN IM NAHEN OSTEN – SEKTION DEUTSCHLAND (SPME-GERMANY e.V.)Gemeinsame Presseerklärung vom 7. Juli 2008 – Laridschanis antisemitischer Auftritt in Berlin muss Folgen haben!
Der frühere stellvertretende Außenminister der Islamischen Republik Iran, Mohammed Dschawad Ardaschir Laridschani, ist von der Hessischen Stiftung Friedens- und Konfliktforschung (HSFK) zu der von dieser Stiftung veranstalteten „Dritten Transatlantischen Konferenz“ eingeladen worden, die am 24. und 25. Juni 2008 in Berlin stattgefunden und sich dem Tagungsthema nach mit Fragen der Raketenabwehr befasst hat. Sein Redebeitrag war im Tagungsprogramm angekündigt worden. Nach Angaben der Stiftung wurde die Konferenz u. a. von der Bundesregierung und von der Friedrich-Ebert-Stiftung großzügig finanziell unterstützt. Nach Auskunft der Hessischen Stiftung Friedens- und Konfliktforschung war eine Beteiligung von Laridschani an der Konferenz vom Auswärtigen Amt vorgeschlagen worden.

An der Konferenz nahmen auch Referenten aus verschiedenen arabischen Staaten sowie Angehörige des Auswärtigen Amtes teil. In seiner Rede auf der Konferenz bezeichnete Laridschani Israel als ein gescheitertes „Projekt“, das zu beenden sei. Es habe nur „zu Gewalt und Grausamkeit“ geführt und könne in der islamischen Umwelt des Nahen Ostens nicht überleben. Teilnehmer aus arabischen Staaten schlossen sich in Stellungnahmen dieser Position an. Die Tagungsleitung reagierte auf die Ausführungen Laridschanis lediglich mit der Bitte, sich in Stellungnahmen zu Laridschanis Rede auf das Tagungsthema der Raketenabwehr zu beschränken, also nichts zu seinen israelfeindlichen Attacken zu sagen. Distanzierende Erklärungen gegenüber Laridschanis Angriff auf Israel gab es weder von den anwesenden Angehörigen des Auswärtigen Amtes oder anderer Bundesministerien noch von Vertretern der Friedrich-Ebert-Stiftung. Soweit dies Pressemeldungen zu entnehmen ist, gibt es eine derartige, öffentliche Verurteilung bis heute nicht.

Laridschanis Ausfall kann nach den vielfältigen Attacken des Präsidenten der Islamischen Republik Iran, Mahmud Ahmadinedschad, und von anderen Angehörigen der Staatsführung dieser Republik gegen das Existenzrecht Israels nicht überraschen. Auch die wiederholten Versuche Ahmadinedschads, den Holocaust zu leugnen oder zu relativieren, dienen erkennbar dem Ziel, Israels Existenz und damit die jüdische nationale Souveränität und Selbstverteidigung zu delegitimieren. Verbunden mit der – schon seit langem nicht mehr ernsthaft zu bestreitenden – atomaren Aufrüstung der Islamischen Republik Iran zeigt diese Agitation nicht nur volksverhetzende Züge, sondern ist darüber hinaus als Völkermordpropaganda zu qualifizieren. Wer Personen wie Laridschani nach Berlin einlädt, muss damit rechnen, dass sie, ganz auf der Linie der iranischen Staatsführung, entsprechende Erklärungen abgeben, die volksverhetzenden und vernichtungsantisemitischen Charakter tragen, wie nicht nur ein Blick auf die Antisemitismusdefinition der EUMC von 2005 zeigt. Laridschani eine Plattform für solche Angriffe zu geben und ihm zudem bei seinen antisemitischen Ausfällen nicht sofort öffentlich zu widersprechen, ist eine verantwortungslose und unakzeptable Position, für die nicht nur die Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung Verantwortung trägt. Sie stellt die politischen Solidaritätsbekundungen mit Israel in Frage, wie sie auch in der Knesset-Rede der Bundeskanzlerin Ausdruck gefunden haben.

Ein Vertreter der Hessischen Stiftung Friedens- und Konfliktforschung hat in Reaktion auf die öffentliche Kritik bedauert, dass auf der Berliner Konferenz „die Gefühle einzelner israelischer Teilnehmer verletzt“ worden seien. Es ist die Aufgabe deutscher Politik, deutlich zu machen, dass hier nicht nur „Gefühle einzelner israelischer Teilnehmer“, sondern elementare Grundsätze des friedlichen Zusammenlebens und der Menschenrechte verletzt wurden. Notwendig ist deshalb eine öffentliche Aufklärung über die Beteiligung von Bundesministerien, insbesondere des Auswärtigen Amtes, der Friedrich-Ebert-Stiftung und anderer an der Vorbereitung und Durchführung der Berliner Tagung sowie vor allem eine klare öffentliche Verurteilung der antisemitischen Laridschani-Ausfälle. Erforderlich ist ebenso eine Verschärfung der Wirtschaftssanktionen gegen die atomaren Aufrüstungspläne der antisemitischen Islamischen Republik Iran. Die deutschen Exporte in den Iran sind in der jüngsten Zeit nicht etwa zurückgegangen, sondern in erheblichem Umfang gesteigert worden.

Der Laridschani-Vorfall zeigt erneut, wie wichtig der von uns geforderte jährliche Bericht der Bundesregierung zur Antisemitismusbekämpfung ist. Die von uns und anderen erhobene Forderung nach einem derartigen Bericht hat in der öffentlichen Anhörung des Bundestagsinnenausschusses am 16. Juni 2008 vielfach Unterstützung gefunden. Auch über Vorfälle wie den Laridschani-Auftritt in Berlin müsste ein jährlicher Bericht der Bundesregierung zur Antisemitismusbekämpfung Auskunft geben, auch darüber, welche Konsequenzen die Bundesregierung aus diesem Vorfall zieht.

Für den Koordinierungsrat deutscher Nicht-Regierungsorganisationen gegen Antisemitismus:
Daniel Kilpert, M.A., Herthastr. 5, 13184 Berlin; Tel.: 030 69818376, e-mail:
kilpert@aol.com; Till Meyer, Potsdam; Tel.: 0177 7492464, e-mail: till.meyer@modernes-brandenburg.de

Für SPME-GERMANY:  SPME_Germany e.V., c/o Prof. Dr. Diethard Pallaschke, ISMW – Geb. 11.40, Universität Karlsruhe, 76128 Karlsruhe; Tel: 0721-608-3951, e-mail: LH09@rz.uni-karlsruhe.de


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