Hisbollah-Spion aus Deutschland in Israel verhaftet (ergänzt)

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Jerusalem, 7. August 2008 – Die Israelis ließen sich fast drei Wochen Zeit für das Verhör, ehe sie die Verhaftung von Khaled Kaschkusch auf dem Tel Aviver Flughafen nach seiner Ankunft aus Deutschland veröffentlichten. Mit ungewöhnlicher Ausführlichkeit beschrieb das israelische Presseamt die Aktivitäten des 1979 im israelischen Dorf Kalansua geborenen Mannes. Marietta Fuhrmann-Koch, Sprecherin der Universität Göttingen, bestätigte per Email der israelischen Zeitung Jerusalem Post, dass Kashkush in Göttingen im 14. Semester Medizin studiere und sich schon für das Wintersemester 2008/2009 eingeschrieben habe. Am 16. Juli wurde er auf dem Ben Gurion Flughafen vom Geheimdienst und der Abteilung für „schwere und internationale Kriminalität“ der Polizei festgenommen. Gemäß israelischen Angaben, soll Kaschkusch 13.000 Euro von einem Libanesen in Deutschland erhalten haben, der im Auftrag der Hisbollah Spione rekrutiert.
Im Jahr 2002 habe Kaschkusch einen gewissen Dr. Hischam Hassan über einen Verwandten kennengelernt. Dr. Hischam, ein Libanese, lebt ebenfalls in Deutschland und leitet das “ WAISENKINDERPROJECT LIBANON E.V DEUTSCHLAND“ der Hisbollah. Dieses Projekt diene dem Sammeln von Spenden für das Libanesische Märtyrer  Institut, womit die Hisbollah unter Anderem Unterstützung an Familien von Selbstmordattentätern anbietet.
Ein erstes konspiratives Treffen mit einem weiteren Libanesen namens Rami fand angeblich im Dezember 2005 in Erfurt statt, wo Khaled aufgefordert wurde, sich ein „sauberes“ Handy zu besorgen und die Treffen per Email zu vereinbaren. Für den Kauf des Handy mit Geheimnummer habe Kaschkusch nach Angaben der Zeitung Jedijot Achronot 2000 Euro erhalten. Der Hisbollah-Agent Rami, auch Mazen genannt, sei den Israelis als Muhammad Haschem bekannt und etwa 50 Jahre alt. Kaschkusch wurde angeblich aufgefordert, die Namen israelischer Studenten im Ausland herauszufinden, damit die für die Hisbollah rekrutiert werden könnten. Kaschkusch selber sollte als angehender Mediziner versuchen, Arbeit in israelischen Hospitälern zu finden, speziell beim Rambam Hospital in Haifa, wohin die verwundeten Soldaten des Libanonkrieges gebracht wurden, um der Hisbollah Informationen über Sicherheitsleute oder Soldaten zu übermitteln, die im Krankenhaus liegen. Bei einem Treffen in Erfurt oder Frankfurt wurde Kaschkusch eine Google-Satellitenaufnahme seines Heimatdorfes Kalansua gezeigt. Er sollte zeigen, wo gewisse Einwohner wohnen und wo die öffentlichen Gebäude liegen. Kalansua liegt östlich von Natanja, dort wo Israel nur 15 Kilometer breit ist, zwischen dem Mittelmeer und der Grenze zum Westjordanland.
Kaschkusch erhielt offenbar auch ein Training, um verdeckt agieren zu können und nicht entdeckt zu werden. Beim Verhör gestand Kaschkusch Kontakte mit einem weiteren „alten Bekannten“ des israelischen Geheimdienstes, Kamal Schehade, 1967 in Hebron geboren und einschlägig bekannt für seine Kontakte mit der Hisbollah.
Weiter heißt es in einer Pressemitteilung der Regierung, dass die Hisbollah seit dem israelischen Rückzug aus Libanon im Mai 2000 seine Versuche intensiviert habe, israelische Bürger zu rekrutieren und Informationen zu sammeln, die der libanesischen Miliz zur Vorbereitung des Libanonkrieges vom Sommer 2006 dienten. Nach diesem Krieg habe die Hisbollah ihre Bemühungen weiter verstärkt. Die wichtigste Zielgruppe des Geheimdienstes der Hisbollah seien arabische Israelis mit wirtschaftlichen Problemen wegen Drogennutzung oder solche mit „ausgeprägten politischen Ansichten“, die im Ausland studieren und in Israel Bewegungsfreiheit genießen, dank ihrer israelischen Ausweispapiere.
Das Waisenkinderprojekt Libanon e.V. bietet auf seiner Homepage
http://www.wkplibanon.de/ in deutscher Sprache an, für nur 32 Euro im Monat die Patenschaft für ein libanesisches Kind zu übernehmen. Diese Spenden können beim deutschen Finanzamt abgesetzt werden. (Für Bild und Kontaktdaten des Dr. Hischam: http://www.wkplibanon.de/deutsch/contactdeutsch.htm .) Amerikanern ist es verboten, für die ursprünglich iranische Empfängerorganisation im Libanon zu spenden, da die Gelder für die Stärkung der Hisbollah-Miliz bestimmt seien. Die Hisbollah steht bei den Amerikanern auf der Liste der „Terrororganisationen“, während Deutschland diese Organisation, die 1982 schon die Methode der Selbstmordattentate in der Neuzeit „erfunden“ hatte, nicht für eine verbotene  Terrorvereinigung hält.
Es ist nicht das erste Mal, dass Spionageaktivitäten der Hisbollah in Deutschland publik werden. An Heilig Abend 1997 veröffentlichten die israelischen Behörden die Verhaftung eines deutschen Konvertiten zum Islam, Stefan Smyrek. Er war Sohn eines britischen Soldaten und einer deutschen Mutter. Smyrek wurde wie Kaschkusch bei der Einreise auf dem Flughafen in Tel Aviv verhaftet. Er habe gestanden, ein Selbstmordattentat gegen Israelis ausführen zu wollen. Smyrek soll seine geplanten Verbrechen im Namen der Hisbollah nie bereut haben. Im Rahmen eines Gefangenenaustausches kam er 2004 frei und kehrte nach Deutschland zurück.
Die ausführliche Veröffentlichung aller Namen und Orte konspirativer Treffen solle „abschrecken“, hieß es in Berichten des israelischen Rundfunks. So sollten in Deutschland lebende Israelis davor gewarnt werden, sich in die Hände der Hisbollah zu begeben.
Die Zeitung Jedijot Achronot veröffentlichte ein Photo von Kaschkusch, aufgenommen im Gerichtssaal in Petach Tikwa, wo am Mittwoch Anklage gegen den Medizinstudenten erhoben wurde.
 
  • Zusatzinformation: Offizielle Erklärung der Bundesregierung
    Datum: 28.02.2007 heute im Bundestag – 28.02.2007Bundesregierung: Keine Gefahr durch Hisbollah-Anhänger in Deutschland
    Berlin: (hib/SUK) Nach Einschätzung der Bundesregierung hat die islamistische libanesische Organisation Hisbollah in Deutschland keine vereinsähnlichen Strukturen. Allerdings seien bundesweit etwa 30 Kultur- und Moscheevereine bekannt, in denen sich Hisbollah-Anhänger oder ihrer Ideologie nahe stehende Personen treffen. Ihre Aktivitäten beschränkten sich überwiegend auf die „Teilnahme an religiösen Zusammenkünften“. Weiter heißt es in der Antwort der Regierung (16/4344) auf eine Kleine Anfrage der FDP (16/4225), es existiere zudem der Verein „Waisenkinderprojekt Libanon e.V.“, der der libanesischen „Ashahid Association“ zugehöre. Es gebe Anhaltspunkte dafür, dass die Organisation mit der Hisbollah verknüpft sei. Die der Hisbollah nahe stehenden Organisationen verfügten im Jahr 2005 über 900 Mitglieder und Anhänger. Ihre Zahl sei seither konstant. Sie unterstützten die Hisbollah durch die Sammlung und den Transfer von Spendengeldern. Ziele, die sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung richteten, würden dabei nicht propagiert. Nach den Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden gingen von den Hisbollah-Anhängern in Deutschland „keine konkrete Gefährdung“ aus. Auch libanesische Aktivisten, die in Deutschland Hasspredigten hielten, seien nicht bekannt. Es sei allerdings nicht auszuschließen, dass islamistische Propaganda eine Radikalisierung der islamistischen Szene in Deutschland „bewirken oder verstärken“ könne. Beispielhaft dafür seien die Reaktionen der islamistischen Szene auf den Abdruck der so genannten Mohammed-Karikaturen oder die Papst-Rede.

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