Iran: Ein frauenfeindliches Gesetz

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Iran: Ein frauenfeindliches Gesetz  

Wahied Wahdat-Hagh von Wahied Wahdat-Hagh, Kolumnist für WELT DEBATTE
 
 

Eigentlich ist es ein Anti-Familien-Gesetz, das als „Familienschutz-Gesetz“ deklariert wird. Die iranische Frauenrechtsbewegung protestiert gegen die neue Gesetzesvorlage.

Die Gesetzesvorlage zum „Schutz der Familie“ wurde auf Vorschlag des Justizministeriums am 24. Juni 2007 im iranischen Ministerrat verabschiedet. Am 23. Juli 2007 wurde diese an das Majless übergeben. Am 26. August 2007 wurde die Gesetzesvorlage in der Kommission für Rechtsfragen des iranischen Pseudoparlaments abgesegnet und soll demnächst staatliches Gesetz werden. Der folgende Beitrag basiert auf einer juristischen Studie,
die iran-women-solidarity veröffentlicht hat.

Demnach wird befürchtet , dass infolge eines solchen Gesetzes die Gewalt in der Familie zunimmt und immer mehr Frauen aus Verzweiflung ihre Männer töten. Dies ist bereits zu einem gesellschaftlichen Phänomen im Iran geworden.

Zeitehe

Wie aus Artikel 22 der Gesetzesvorlage zu entnehmen ist, soll es keine Verpflichtung mehr geben, die zweite Ehefrau oder eine Zeitehe offiziell anzumelden, es sei denn die betroffene Frau wird schwanger. Die Moral gebiete doch, dass der Vater offiziell bekannt ist. Aber solange der Mann kein Kind zeugt, hat er Narrenfreiheit und darf sich austoben. Dass der Weg der Frau nach einer Zeitehe oder als geschiedene Zweitfrau in die Prostitution führt, interessiert die hohen Moralapostel im iranischen Gottesstaat nicht. Der Begriff Zeitehe, Mote, hat ohnehin nur sexuelle Implikationen, und bedeutet so viel wie genießen und profitieren. Iranische Kritiker der Zeitehe gehen jedoch davon aus, dass in der Zeitehe nur der Mann von der Beziehung profitiert und diese einseitig genießt.

In der Zeitehe kann die Frau beispielsweise nichts erben. Nur falls der Mann sterben sollte, kann sie im Falle eines Testaments bis 1/3 des Besitzes erben. Es gibt auch kein Scheidungsrecht. Der Mann kann entscheiden, wann er die Frau verlässt.

Wenn ein iranischer Mann mit einer Nicht-Iranerin eine Zeitehe eingehen sollte, hat die Frau kein Recht deswegen einen Antrag auf die iranische Staatsbürgerschaft zu stellen. Dies benachteiligt beispielsweise afghanische Frauen, die oft aus sozialen Gründen gezwungen sind, Zeitehen einzugehen.
Generell hat eine Frau, die eine Zeitehe eingegangen ist, faktisch keine Rechte, die verteidigt werden könnten.

Zweite, dritte, vierte Frau

Laut Artikel 23 muss der Mann, wenn er eine zweite Frau heiratet, im Gericht lediglich garantieren, dass er eine weitere Frau „gerecht“ finanziell versorgen kann. Es gibt auch keinen Maßstab für dies „Gerechtigkeit“ oder wie Gerechtigkeit zwischen der ersten und den weiteren Frauen hergestellt werden sollte, wenn sie sich gar nicht kennen oder sie zwangsläufig zusammen leben müssen . Der Begriff Liebe existiert in dieser Form der islamischen Ehe nicht. Emotionale Gefühle der Frauen werden dabei nicht berücksichtigt. Zumal eine Zustimmung der ersten Frau laut dieser Gesetzesvorlage nicht nötig ist. Dies hat zur Folge, dass die Frau ihr Recht verliert sich scheiden zu lassen, weil der Mann eine zweite, dritte oder vierte Frau geheiratet hat. Für die zweite und die weiteren Frauen braucht der Mann auch kein Brautgeld mehr zu zahlen.

Trotz all der existierenden Probleme muss der Mann auf das heilige Buch der Muslime schwören. Zwar wird im Koran selbst eindeutig erklärt, dass es sehr schwer sei allen Frauen gerecht zu werden. Eine Schwur auf den Koran ist in der Praxis nun nicht mehr als eine Worthülse.

Brautgeld wird versteuert

In Zukunft sollen die Frauen für das erhaltene Brautgeld Steuern zahlen. Es könnte dann so aussehen, dass die Frauen Steuern zahlen für ein Brautgeld, das sie schließlich gar nicht bekommen. Iranische Frauenrechtlerinnen kritisieren, dass eine solche Maßnahme das Ziel haben könnte, dass die Frauen das Brautgeld senken. Es könnte aber auch der Fall eintreten, dass der Mann der Frau zusätzlich die zu zahlende Steuer anbietet. Es wird auch kritisiert, dass Steuern infolge eines durch Handel erworbenen Geldes eingezogen werden sollen. Ein Brautgeld, das die Frau womöglich gar nicht erhalten hat, soll aber nun im Iran versteuert werden.

Der Ehemann bestimmt, ob die Frau arbeiten darf

Nach der neuen Gesetzesvorlage kann der Ehemann sogar bestimmen, ob die Frau ihre Arbeit aufgeben muss. Die Frau hat dann nur das Recht sich in ein langwieriges Gerichtsverfahren zu begeben, in dem Sie nachweisen muss, dass ihre Tätigkeit „den Interessen der Familie oder ihrer eigenen oder der Würde des Mannes“ nicht widerspricht.

Im Übrigen soll die Mutter endgültig die Vormundschaft über ihre Kinder verlieren. Darüber hinaus sollen nur der Vater und der Großvater väterlicherseits das Recht erhalten, auch über die Verwaltung des Besitzes der Familie zu entscheiden.

In der Tat scheint die Gesetzesvorlage lediglich den Interessen derjenigen Männer, die mehr als eine Frau haben wollen, gerecht zu werden.

Die iranische Frauenrechtlerin Aida Saadat sagt in einem lesenwerten Gespräch über die iranischen Gesetzgeber:
„Mit dieser Gesetzesvorlage zeigen sie nun, dass sie im Gegensatz zu ihren Behauptungen nicht nur nichts für die Verbesserung der Lage der Frauen unternommen haben, sondern sie betrachten die Frauen als ihr Eigentum und pochen dabei auf ihre traditionelle Sichtweise und ihre männlichen Ideologien. Diese Männer geben sich die grenzenlose Legitimität, um ihrem Recht auf Frauen als ihrem Eigentum einen gesetzlichen Charakter zu verleihen.“

 

 

 


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