Israels Waffengeschäfte in Georgien

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Jerusalem, 10. August 2008 – Die „Grusinier“ haben keinen allzu guten Ruf in Israel. Deutsche Polenwitze klingen harmlos im Vergleich zu den Witzen, die man sich in Israel über die „Grusinier“ erzählte, als massenweise georgische Juden nach dem Zusammenbruch der Udssr einwanderten. Lascha Gevnia, vor zwei Jahren noch Botschafter in Tel Aviv und heute Abgeordneter im georgischen Parlament, ärgerte sich so sehr über die abschätzigen Witze, dass er offiziell beim israelischen Außenministerium beantragte, sein Land künftig nur noch Georgien zu bezeichnen und nicht mehr „Grusia“, wie es neben Israel allein die Russen täten. Der Bitte wurde stattgegeben.
Viele nach Israel eingewanderte Georgier waren Geschäftsleute und so entwickelten sich vor etwa sieben Jahren enge Militärbeziehungen. Georgien galt als freundschaftlich gesinntes Land mit relativ viel Geld, dem ohne Bedenken militärische Hightech verkauft werden könne. Nach Angaben der Zeitung Jedijot Achronot, die dem Thema eine ganze Doppelseite widmete, habe der georgische Verteidigungsminister Davit Keseraschwili, 30, bei den Militärgeschäften eine entscheidende Rolle gespielt. Als Kind wanderte er nach Israel aus, wohnte bei seiner Großmutter in Cholon südlich von Tel Aviv und besuchte die Kugel-Schule. „Die Israelis sollten stolz sein, dass die georgischen Soldaten eine israelische Ausbildung genossen haben und heute ganz toll kämpfen“, sagte am Wochenende in bestem Hebräisch ein anderer jüdischer Minister Georgiens, Timor Jakobschwili. Nach Angaben von Debka, einem unzuverlässigen Pressedienst für geheimdienstliche Angelegenheiten, seien bis zu tausend israelische Ausbilder in Georgien tätig. Israel verkaufte an Georgien eine unbekannte Zahl Drohnen vom Typ Hermes 450. Diese unbemannten Flugzeuge können 20 Stunden lang mit 150 Kilo Nutzlast ununterbrochen fliegen. Sie dienen mit Kameras zur Aufklärung und können mit Lasergeräten Ziele markieren. Aus Israels Militärindustrie stammen auch bewegliche Raketenwerfer vom Typ Lynx. Auf Lastwagen montiert können sie Raketen mit einer Reichweite bis zu 150 Kilometer und großer Zielgenauigkeit verschießen. Ebenso erhielten die Georgier das hochmoderne Schnellfeuergewehr „Tabor“. Der Abzug ist vor dem Patronenmagazin montiert ist, so dass die Waffe besonders kurz und leicht sei. Schließlich habe Israels Wehrtechnikfirma Elbit georgische Suchoi 25 (Skorpion) Kampfflugzeuge mit einer neuartigen Pilotenkanzel mit farbigen Anzeigegeräten auf den neuesten Stand gebracht. Das Volumen der Waffengeschäfte Israels mit Georgien belaufe sich nach Angaben der Zeitung Haaretz auf 200 Millionen Dollar im Jahr. Die größten Waffenlieferanten Georgiens seien allerdings die USA und Frankreich.
Auch die israelische Luftwaffenindustrie versuchte in Georgien Fuß zu fassen, stieß aber beim israelischen Verteidigungsministerium auf Ablehnung. Alle Waffengeschäfte müssen genehmigt werden, Man wollte auf Russland Rücksicht nehmen, das seine Kampfmaschinen ebenfalls in Israel mit westlicher Technologie ausstatten lässt. „Angesichts der Spannungen zwischen Moskau und Tiblisi wurde uns klar, dass allzu viele israelische Waffensysteme bei den Georgiern auf die Russen wie das rote Tuch beim Stierkampf wirken“, wird ein israelischer  Experte zitiert. In den vergangen drei Monaten haben die Russen schon drei unbemannte georgische Spionagedrohnen aus israelischer Produktion abgeschossen, was die Spannungen in der Region schon vor Ausbruch des Krieges am Wochenende erhöhte. Im Mai beschloss das israelische Verteidigungsministerium, nur noch defensive Waffensysteme an Georgien zu verkaufen: Spionageanlagen, Funksysteme und Computer aber keine Gewehre, Kanonen und Granaten. Während Sicherheitskreise behaupten, dass die israelischen Waffengeschäfte mit Georgien „sehr begrenzt“ gewesen seien, behauptet der Reiseunternehmer Dov Pikulin: „Israel ist der größte Investor in Georgien, in allen Bereichen.“
Am Sonntag empfahl das israelische Außenministerium einen völligen Lieferstop, also auch der seit Mai genehmigten defensiven Waffen. Israels Diplomaten fürchten russische Vergeltung gegen Jerusalem, indem Moskau seine Restriktionen für Waffenverkäufe an Iran oder gewisse arabische Länder aufheben könnte. Israel dürfe den Russen keinen Vorwand bieten, zum Beispiel S-300 Luftabwehrraketen an Iran zu liefern.  

?Ulrich W. Sahm


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