Kein Recht auf Bildung für Andersdenkende

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Kein Recht auf Bildung für Andersdenkende  

Wahied Wahdat-Hagh von Wahied Wahdat-Hagh, Kolumnist für WELT DEBATTE

 

Menschenrechtler beklagen den Mangel an Bildungsfreiheit im Iran. Der Zugang zu Universitäten und höheren Schulen ist Andersdenkenden verwehrt – Oppositionelle dürfen nicht studieren.

In einer Erklärung des „Vereins zur Verteidigung der Menschenrechte“, dessen Vorsitz Schirin Ebadi innehat, wird betont, dass Bildung sowohl im Islam als auch in der Verfassung der Islamischen „Republik“ gewährleistet sein soll. Weiterhin wird in der Erklärung, die am 1. September in der Exil-Nachrichtenagentur iran-emrooz auszugsweise erschien, hervorgehoben, dass Personengruppen oder Einzelne immer wieder vom Recht auf Studium ausgeschlossen werden. In der Erklärung wird betont, dass „keine Instanz eine Person oder Personengruppen vom Recht auf Bildung generell ausschließen darf.“ Auch ein iranisches Gericht dürfe nicht Strafen erlassen, die einen Ausschluss vom Studium zur Folge haben.

Oppositionelle dürfen nicht studieren

Mehdi Samani, Studentenvertreter der vom Studium ausgeschlossenener Iraner, gehörte zu den Rednern der Pressekonferenz. Laut der Exil-Agentur iran-emrooz.net berichtete Samani, dass Personen, denen vorgeworfen wird Oppositionelle zu sein, nicht studieren dürfen. Für Studenten, die nicht anerkannten islamischen Vereinigungen angehören, werde das Studium auf eine unbekannte Zukunft verschoben.

Samani habe persönlich Erfahrungen mit einem „Ordnungskomitee“ sammeln können. Dieses Komitee habe veranlasst, dass sein Studium für zwei Semester aufgeschoben wird. Als Grund wurde ein Interview angegeben, das er mit einem ausländischen Sender geführt hatte. Samani betonte, dass seine Geschichte kein Einzelfall sei.

Der Ausschluss von Studenten aus der Universität ist verboten

Shirin Ebadi erinnert auch an die dramatische Lage von Kindern, die aus materiellen Gründen keine Schule besuchen können. Sie erinnerte auch an die Lehrer, die große Probleme mit den staatlichen Verwaltungen haben, weil sie ihr Recht einfordern würden. Sie zitierte aus Statistiken der Unicef, die belegen, dass die iranischen Universitäten inzwischen ein sehr niedriges Niveau haben. Viele Akademiker seien geflohen oder seien als Universitätsprofessoren vorzeitig entlassen worden, weil sie nicht linientreu waren.

Mohammad Seifsadeh, Anwalt und Mitglied des „Vereins zur Verteidigung der Menschenrechte“ vertrat sogar die Meinung, dass diejenigen, die Menschen vom Studium ausschließen, laut der gegenwärtigen Strafgesetzgebung bestraft werden müssten. Denn ein Gesetz, das den Ausschluss vom Studium erlaube, existiere nicht. Daher sei der Ausschluss von Studenten aus der Universität verboten. Es sei tragisch, dass alles im Namen der Religion geschehe.

Batebi verteidigt Bildungsfreiheit für iranische Bahai

Ahmad Batebi wurde weltbekannt, als er als junger Student auf einer Demonstration am 9. Juli 1999 in Teheran das blutige Hemd eines Kommilitonen vor den Kameras hochhielt. Sein Photo, das auf dem Titelbild der Zeitschrift The Economist erschien, ging durch die Welt. Nach langjähriger Haft setzt er seine journalistischen und Menschenrechtsaktivitäten gegenwärtig in den USA fort. Am 2. September schrieb er in der Zeitung Rooz über das Bildungsverbot für Bahai-Studenten im Iran. Er schreibt, dass auch in diesem Jahr die meisten abgelehnten Anträge der Bahai-Studenten damit begründet wurden, dass die Anträge angeblich nicht vollständig seien.

Batebi schreibt, es gäbe keine genaue Statistik darüber wie viele Anträge abgelehnt worden seien, weil die Koordinatoren der Verwaltungsangelegenheiten der iranischen Bahai Gemeinde gegenwärtig in Haft seien. Auf jeden Fall sei es absurd, dass die Antragsunterlagen der Studenten bemängelt werden. Denn falls die Anträge unvollständig gewesen seien, würden diese erst gar nicht zur Zulassungsprüfung zugelassen werden. Die vorgetragene Begründung diene lediglich dazu, dass weder im In- noch im Ausland die Bahai gegen das Verfahren vorgehen können.

Batebi zitiert aus dem Brief eines Bahai-Studenten, Hessam Missaqi, der sogar schon im dritten Semester an einer Universität in Isfahan studierte. Plötzlich sei er informiert worden, dass die Universität von höheren Instanzen den Bescheid bekommen habe, dass Bahai-Studenten entlassen werden müssten. Die Universität habe sich sogar in einem Brief dagegen verwehrt, mit der Begründung, dass man eingetragene Studenten nicht grundlos entlassen könne und habe um eine Revision der Entscheidung gebeten: Die Universitätsleitung habe aber das Schreiben dem Studenten Missaqi mitgegeben, er solle sich selbst damit bei den entscheidenden Stellen beschweren.

Missaqi wandte sich an Dutzende Stellen in Isfahan und in Teheran, schrieb Briefe an Mitglieder des islamischen „Parlaments“, sogar Internetbriefe an den Weblogg des Präsidenten Ahmadinejad. Alles ergebnislos. Zwei Semester seien seitdem vergangen. Missaqi gilt inwzischen als exmatrikuliert, denn nach einer Regelung werden Studenten, die zwei Semester hintereinander aussetzen, exmatrikuliert. Er habe gleichzeitig den Antrag gestellt, vom Militärdienst befreit zu werden, vergeblich. Er müsse jetzt zum Militär, dürfe aber nicht studieren.

Batebi fordert gleiche Rechte für alle Iraner

Batebi schreibt, dass seit der Islamischen Revolution immer wieder Bahai-Studenten allein wegen ihres Glaubens von den Universitäten ausgeschlossen wurden. Zudem sei die Bahai-Gemeinde als Ganzes starken Repressalien ausgesetzt. Tatsächlich befinden sich gegenwärtig 25 Bahai grundlos und willkürlich in Haft. Insbesondere besorgniserregend ist die Lage von Haleh Rouhi, Sasan Taqva and Raha Sabet, die in Schiras verhaftet wurden, und der sieben Koordinatoren der Bahai-Gemeinde, Frau Fariba Kamalabadi, Herr Jamaloddin Khanjani, Herr Afif Naeimi, Herr Saeid Rezaie, Herr Behrouz Tavakkoli, Herr Vahid Tizfahm und Frau Mahvash Sabet. Batebi erinnert daran, dass sich Ayatollah Montazeri dafür ausgesprochen habe den Bahai das Recht auf Wasser und Boden zu geben. Batebi geht aber weiter und fordert gleiche Rechte für alle Iraner.

Batebi fordert Meinungsfreiheit für Bahai

Batebi kommt zu dem Schluss, dass das islamische Regime „ideologische“ Probleme mit den Bahai habe. Die Ideologie des Regimes basiere auf der Herrschaft des Klerus bis zum Zeitpunkt der Niederkunft des Messias. Die Bahai dagegen würden glauben, dass Bahaullah der Stifter einer neuen Religion sei. Bahaullah verstarb 1892 unweit von Akka, in Israel. Zudem würden die Bahai glauben, dass die Bahai-Religion die Grundlage der kulturellen Entwicklung der Menschheit sei. Batebi schreibt, dass eine solche Vorstellung in der schiitischen Gesetzgebung abgelehnt werde und daher seien viele Bahai, obwohl Iraner ihrer „elementarsten Rechten beraubt.“

Nach schiitischer Vorstellung haben in Dar-al-Islam, im Haus des Islam, noch nicht einmal die dort anerkannten Religionen das Recht zu missionieren, d.h. auch Christen dürften im heutigen Iran nicht ihre Lehre verbreiten. Batebi erinnert daran, dass der Glaube eines Menschen eine persönliche Angelegenheit sei, auch die religiöse Vorstellung sei eine individuelle Angelegenheit. Man könne daher keine staatlichen Anordnungen geben, wer an was glauben müsse. Daher sei es natürlich, dass ein Regime letztendlich den individuellen Willen eines Menschen nicht beeinflussen könne. Batebi schreibt, dass jeder Muslim für sich das Recht bekommen müsse die Wahrheit zu suchen. Der Klerus spreche nicht für alle Muslime. Jeder Einzelne könne sich mit Fragen der Suche nach Wahrheit und Erkenntnis auseinandersetzen, auch mit den Vorstellungen der Bahai-Religion. Das islamische Regime habe zwar alle materiellen und propagandistischen Mittel in der Hand, habe aber dennoch Angst – nicht nur vor der Bahai-Religion, sondern vor jeder anderen Form des Denkens, die von der staatlichen Propaganda abweicht.

Ahmad Batebi, einer der Führer der iranischen Studentenbewegung fordert schließlich Meinungsfreiheit für Bahai, auch in der islamischen Welt.

 

 


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