Jerusalem, 9. Oktober 2008 – Nachdem am Mittwoch Nachmittag die letzte Lufthansa-Maschine in Richtung Frankfurt abgeflogen war, schloss der Staat Israel seine Pforten. Alle Grenzübergänge waren schon mittags gesperrt worden, ebenso die Übergänge zu den besetzten Gebieten. Erst am Donnerstag Abend um 21:30 Uhr wurde der internationale Flughafen wieder geöffnet. In den Märkten wurden die letzten „Kapores” geschlagen. Ein flatterndes Huhn, an den Füßen festgehalten, wird drei Mal um den Kopf des Gläubigen gewirbelt. Beladen mit allen Sünden wird dieses Huhn dann geschlachtet. In biblischer Zeit schickte man einen Ziegenbock in die Wüste, ins Verderb. Das ist der Ursprung des „Sündenbocks”. Die meisten Israelis begnügend sich damit, ein paar Schekel in der Hand über dem Kopf der Familienangehörigen zu drehen, Gebetsformeln zu murmeln und dann das Kleingeld den Armen zu spenden.
Je näher der Sonnenuntergang rückt, desto dünner wird der Autoverkehr und stirbt schließlich völlig aus. Am Jom Kippur, dem jüdischen Versöhnungstag, läuft in Israel absolut nichts mehr. Die Läden sind rappeldicht zu, die Fabriken stoppen ihre Maschinen, kein Flugzeug ist mehr am Himmel zu sehen, das Radio piepst. Nicht einmal die halbstündlichen Nachrichtensendungen unterbrechen den Tag der Besinnung und der Sündenvergebung. Das Fernsehen wünscht „eine gute Unterschrift” mit einem Standbild und verkündet, erst am Donnerstag um 20:30 Uhr seine Sendungen zu erneuern. Denn an diesem Tag leistet Gott um „Buch des Lebens” für Jeden Unterschrift. Damit die günstig ausfällt, werden schon Wochen vor dem Jom Kippur in den Synagogen in nächtlicher Stunde die „Slichot” gesungen, Sündenvergebungsgebete. Am Fastentag tragen die Männer weiße Linnentücher, wie sie für das Einwickeln der Toten verwendet werden, die in Israel ohne Sarg, nur in diese Tücher gewickelt, begraben werden. Wie einst die Priester im Tempel, bis zu dessen Zerstörung durch die Römer im Jahr 70, ist es auch Sitte, Schuhe ohne Ledersohlen zu tragen.
25 Stunden lang wird gefastet. Obgleich sich nur 20 Prozent der Israelis als wirklich fromm bezeichnen, halten sich angeblich um die 70 Prozent an diesen Brauch. „Sicher ist sicher. Schaden kann es nichts. Und wenn Gott an diesem Tag darüber bestimmt, ob wir das nächste Jahr überstehen, sollte man sich vielleicht doch daran halten”, sagte ein Gemüseverkäufer auf dem Jerusalemer Machaneh Jehuda Markt am Mittwoch früh. Auch in den Supermärkten herrschte vor dem Fastentag Hochbetrieb. Denn wie während des muslimischen Fastenmonats Ramadan, den viele mit Übergewicht abschließen wegen der üppigen Fastenbrechen-Mahlzeiten, so gehört auch zum Jom Kippur Fastentag entsprechendes Essen dazu. Vor dem Fasten sollte man eine leichte Mahlzeit, etwa eine kräftige Hühnersuppe, essen und nichts Fettiges, empfehlen Experten. Nach Ende des Festes gibt es wieder etwas besonderes. Die seit Generationen im Lande lebenden Sepharden, jene 1492 aus Spanien vertriebenen Juden, trinken erst einmal „Pipitada”, ein schneeweißes, gut schmeckendes Getränk, das aus Melonenkernen gewonnen wird. Dazu gibt es mit Olivenöl bestrichene Toasts und bestreut mit der typisch arabischen Gewürzmischung Zaatar (Thymian, Sesam und andere getrocknete Kräuter).
Wie jedes Jahr wurde schwangeren Frauen, Kranken und Greisen ins Gewissen geredet, nicht zu fasten und wenigstens zu Trinken. Denn bei Lebensgefahr setzt das Judentum alle Verbote und Regeln außer Kraft. Dennoch ist es fast schon ein Brauch, dass am Jom Kippur besonders viele Kinder geboren werden, Frühgeburten infolge des Fastens.
Während für Kinder der Tag ein „Fest des Fahrrads” ist, weil sie auf Autobahnen und Schnellstraßen unbekümmert mit ihren Zweirädern spielen können, wird regelmäßig vor Unfällen gewarnt. Denn Ambulanzen oder Feuerwehr müssen in Notfällen doch auf den Straßen fahren, etwa um gebärende Frauen in die Kliniken zu bringen.
Jedes Jahr kommt es auch zu gefährlichen Zwischenfällen. In der nordisraelischen Stadt Akko fuhren gegen Mitternacht drei junge Araber mit lauter Musik und rauchend durch ein jüdisches Viertel. Aufgebrachte Juden bewarfen das Auto mit Steinen. In Windeseile kam aus allen Richtungen Verstärkung. Araber und Juden lieferten sich eine Straßenschlacht, zertrümmerten Autos und Läden. Die Polizei ging mit Tränengas und Schockgranaten gegen die Demonstranten vor. Acht Juden und Araber wurden verhaftet. Arabische Abgeordnete schimpften über das „jüdische Pogrom” gegen die Araber in Akko, während Juden sich über die unnötige Provokation an ihrem heiligen Tag empörten.
Nach Abschluss des Jom Kippur meldete der Rundfunk, dass israelische Kampfflugzeuge aufstiegen, als im Libanon ein Flugzeug in Richtung Süden auf die israelische Grenze zuflog. Es drehte noch rechtzeitig ab. Das israelische Militär ist am Jom Kippur besonders nervös, denn der Schock des Jom Kippur Kriegs, als vor 35 Jahren Ägypten und Syrien den Staat Israel überraschend überfielen, sitzt den Israelis bis heute tief in den Knochen. Am Freitag sind Friedhofsbesuche angesagt, an den Gräbern der 2700 israelischen Soldaten, die in jenem Krieg gefallen sind.
Je näher der Sonnenuntergang rückt, desto dünner wird der Autoverkehr und stirbt schließlich völlig aus. Am Jom Kippur, dem jüdischen Versöhnungstag, läuft in Israel absolut nichts mehr. Die Läden sind rappeldicht zu, die Fabriken stoppen ihre Maschinen, kein Flugzeug ist mehr am Himmel zu sehen, das Radio piepst. Nicht einmal die halbstündlichen Nachrichtensendungen unterbrechen den Tag der Besinnung und der Sündenvergebung. Das Fernsehen wünscht „eine gute Unterschrift” mit einem Standbild und verkündet, erst am Donnerstag um 20:30 Uhr seine Sendungen zu erneuern. Denn an diesem Tag leistet Gott um „Buch des Lebens” für Jeden Unterschrift. Damit die günstig ausfällt, werden schon Wochen vor dem Jom Kippur in den Synagogen in nächtlicher Stunde die „Slichot” gesungen, Sündenvergebungsgebete. Am Fastentag tragen die Männer weiße Linnentücher, wie sie für das Einwickeln der Toten verwendet werden, die in Israel ohne Sarg, nur in diese Tücher gewickelt, begraben werden. Wie einst die Priester im Tempel, bis zu dessen Zerstörung durch die Römer im Jahr 70, ist es auch Sitte, Schuhe ohne Ledersohlen zu tragen.
25 Stunden lang wird gefastet. Obgleich sich nur 20 Prozent der Israelis als wirklich fromm bezeichnen, halten sich angeblich um die 70 Prozent an diesen Brauch. „Sicher ist sicher. Schaden kann es nichts. Und wenn Gott an diesem Tag darüber bestimmt, ob wir das nächste Jahr überstehen, sollte man sich vielleicht doch daran halten”, sagte ein Gemüseverkäufer auf dem Jerusalemer Machaneh Jehuda Markt am Mittwoch früh. Auch in den Supermärkten herrschte vor dem Fastentag Hochbetrieb. Denn wie während des muslimischen Fastenmonats Ramadan, den viele mit Übergewicht abschließen wegen der üppigen Fastenbrechen-Mahlzeiten, so gehört auch zum Jom Kippur Fastentag entsprechendes Essen dazu. Vor dem Fasten sollte man eine leichte Mahlzeit, etwa eine kräftige Hühnersuppe, essen und nichts Fettiges, empfehlen Experten. Nach Ende des Festes gibt es wieder etwas besonderes. Die seit Generationen im Lande lebenden Sepharden, jene 1492 aus Spanien vertriebenen Juden, trinken erst einmal „Pipitada”, ein schneeweißes, gut schmeckendes Getränk, das aus Melonenkernen gewonnen wird. Dazu gibt es mit Olivenöl bestrichene Toasts und bestreut mit der typisch arabischen Gewürzmischung Zaatar (Thymian, Sesam und andere getrocknete Kräuter).
Wie jedes Jahr wurde schwangeren Frauen, Kranken und Greisen ins Gewissen geredet, nicht zu fasten und wenigstens zu Trinken. Denn bei Lebensgefahr setzt das Judentum alle Verbote und Regeln außer Kraft. Dennoch ist es fast schon ein Brauch, dass am Jom Kippur besonders viele Kinder geboren werden, Frühgeburten infolge des Fastens.
Während für Kinder der Tag ein „Fest des Fahrrads” ist, weil sie auf Autobahnen und Schnellstraßen unbekümmert mit ihren Zweirädern spielen können, wird regelmäßig vor Unfällen gewarnt. Denn Ambulanzen oder Feuerwehr müssen in Notfällen doch auf den Straßen fahren, etwa um gebärende Frauen in die Kliniken zu bringen.
Jedes Jahr kommt es auch zu gefährlichen Zwischenfällen. In der nordisraelischen Stadt Akko fuhren gegen Mitternacht drei junge Araber mit lauter Musik und rauchend durch ein jüdisches Viertel. Aufgebrachte Juden bewarfen das Auto mit Steinen. In Windeseile kam aus allen Richtungen Verstärkung. Araber und Juden lieferten sich eine Straßenschlacht, zertrümmerten Autos und Läden. Die Polizei ging mit Tränengas und Schockgranaten gegen die Demonstranten vor. Acht Juden und Araber wurden verhaftet. Arabische Abgeordnete schimpften über das „jüdische Pogrom” gegen die Araber in Akko, während Juden sich über die unnötige Provokation an ihrem heiligen Tag empörten.
Nach Abschluss des Jom Kippur meldete der Rundfunk, dass israelische Kampfflugzeuge aufstiegen, als im Libanon ein Flugzeug in Richtung Süden auf die israelische Grenze zuflog. Es drehte noch rechtzeitig ab. Das israelische Militär ist am Jom Kippur besonders nervös, denn der Schock des Jom Kippur Kriegs, als vor 35 Jahren Ägypten und Syrien den Staat Israel überraschend überfielen, sitzt den Israelis bis heute tief in den Knochen. Am Freitag sind Friedhofsbesuche angesagt, an den Gräbern der 2700 israelischen Soldaten, die in jenem Krieg gefallen sind.
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