Finanzkrise – Der Wirtschafts-Tsunami trifft den Iran

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Finanzkrise
Der Wirtschafts-Tsunami trifft den Iran 

Wahied Wahdat-Hagh von Wahied Wahdat-Hagh, Kolumnist für WELT DEBATTE

 

Während die Regierung von Mahmoud Ahmadinejad wegen ihrer Subventionspolitik ins Kreuzfeuer der Kritik geraten ist, kennzeichnen Streiks und Inflation die soziale und wirtschaftliche Lage im Iran. Zudem bleibt der iranische Gottesstaat von den Einflüssen des Weltmarktes nicht verschont.

Die iranische Agentur Iscanews meldete, einige iranische Wirtschaftsexperten seien der Meinung, dass der „Wirtschafts-Tsunami“ auch die iranische Wirtschaft getroffen habe. Insbesondere das Sinken des Ölpreises und das Ansteigen des Goldpreises haben sich auf die iranische Wirtschaft ausgewirkt. Der Iran bleibt auch weiterhin von Benzinimporten abhängig.

Die Goldpreise sind im Iran gestiegen. Die Bazaris, speziell in der Goldbranche, haben in verschiedenen iranischen Städten von Samstag, 4. Oktober, bis Mittwoch, 8. Oktober, gestreikt. Die Streiks begannen in Isfahan und weiteten sich schnell auf die Bazars der Städte Schiraz, Tabriz, Mashad, Ghazwin und Teheran aus. Als Grund für die Streiks wurde die sinkende Nachfrage infolge höherer Goldpreise angegeben.

Neue Steuererhebung löste Streik aus

Zusätzlich zu den steigenden Weltmarktpreisen hatte das iranische „Parlament“, das Majless, eine 3-prozentige Steuererhöhung auf den Goldhandel beschlossen. Die auch vom totalitären Organ des Wächterrates abgesegnete neue Steuererhebung löste schließlich den Streik aus. Laut der iranischen Wirtschaftszeitung „iraneconomist“ geben Goldhändler jährlich 25 bis 30 Prozent ihres Profits für Steuerzahlungen ab. Steuererhöhungen würden die Preise weiter in die Höhe treiben und die inländische Nachfrage senken. Hinzu kommt, dass die Goldpreise aufgrund der globalen Wirtschaftskrise steigen. Der Goldpreis im Iran wird direkt davon beeinflusst. Die ILNA meldete, dass spontan entschieden worden sei, dass die Umsetzung des neuen Steuergesetzes um sechs Monate verschoben wird.

Bei einer offiziellen Inflationsrate von 32,3 Prozent und dem Anstieg des Goldpreises auf dem Weltmarkt bleibt auch der iranische Goldmarkt von den Weltmarktpreisen abhängig. Damit der Kalif tief in den Sack der Öleinnahmen greifen kann, fordert die iranische Regierung nicht ohne Grund, dass der Ölpreis nicht unter 100 Dollar sinken darf.

Klientelwirtschaft als Sozialpolitik à la Ahmadinejad

Der iranische Präsident Ahmadinejad ist sehr kulant, wenn es um staatliche Geschenke für diktaturtragende Kräfte geht. Was als soziale Politik verkauft wird, verlangt vielmehr Loyalität gegen Bares.
Die Regierung entschied kürzlich, zunächst unter dem Deckmantel der Verschwiegenheit, dass jedes Mitglied des iranischen „Parlaments“, die runde Zahl von 100 Millionen Tuman, was der bescheidenen Summe von rund 75.500 EUR entspricht, als staatliches Darlehen bekommen kann. Diese Diskussionen um die Sonderkredite für Majlessmitglieder nehmen konfliktreiche Ausmaße an. Beispielsweise kritisiert Hassan Kamran aus dem Lager von Ahmadinejad, dass die Majlessmitglieder Kredite bekommen sollen für den Kauf neuer Autos, die normale Bevölkerung dagegen habe nicht die Chance zinslose Kredite zu erhalten, berichtete die iranische Wirtschaftszeitung „Iraneconomist“ am
8. Oktober. Dabei muss vermerkt werden, dass zwar Zinsen im Islam verboten sind, die Banken aber hohe Gebühren für Kredite nehmen, die den Zins ersetzen. Iraneconomist hatte zuvor berichtet, dass Hassan Kamran von einem anderen Majlessmitglied daran gehindert worden sei mit Journalisten zu sprechen. Dieser unbenannte Politiker habe sein „Aba“, das lange Gewand eines Klerikers, über den Kopf seines Kollegen gezogen und ihn mit Gewalt von den Journalisten weggerissen. Auch der Vorsitzende des Majless, Ali Larijani, habe sich beschwert, dass das Angebot eines solchen freiwilligen Darlehens öffentlich diskutiert werde.

Larijani ist der Meinung, dass man doch nicht öffentlich diskutiere, wer eine Gurke und wer einen Apfel im „Parlament“ vorgesetzt bekommt. Dabei geht es um rund 75.500 EUR. Ein iranischer Arbeiter, der nicht staatlicher Bediensteter ist, verdient zwischen 75 bis 80 EUR monatlich und würde nie ein Bankdarlehen erhalten.

Schon im Juni 2008 hatte das „Parlament“ mit der Absegnung des Wächterrates ein Gesetz erlassen, das vorwiegend staatlichen Angestellten und Rentnern die finanzielle Möglichkeit für den Bau eines Hauses gibt. Damals wurde entschieden, dass der Staat rund siebenhundertfünfundfünfzig Millionen EUR für den Bau von Häusern freigibt.
Am 7.10. meldete die Iscanews ferner, dass die „Gerechtigkeitsanteile“, die ehemalige Mitarbeiter der Ölindustrie bekommen sollen, zum ersten Mal ausgeteilt wurden. Ölminister Qolamhussein Nowzari bezeichnete die Verteilung solcher „Gerechtigkeitsanteile“ als den „Stolz der neunten Regierung“, der Regierung von Ahmadinejad.

Kritik der Subventionierung des Klientels

Asghar Oladi, selbst ein Konservativer, der zu den größten iranischen Exporteuren und Unternehmern gehört, kritisierte die herrschende Wirtschaftspolitik, da diese den produktiven Sektor im Land nicht stärke. Auch wenn jede iranische Familie rund 230 EUR vom Staat geschenkt bekomme, würde die Wirtschaft nicht wachsen. Die Politik der direkten Subventionierung der Bevölkerung helfe nicht weiter. Als Unternehmer ist Oladi überhaupt gegen zu viel Steuern. Der Staat solle überhaupt keine erheben, damit die Produktionskosten der Unternehmen gesenkt werden. Er erklärte, dass er das Gros der Regierungsmitglieder persönlich kenne und schätze, dennoch gegen die Subventionspolitik Ahmadinejads sei. Wie der Kalif sonst seine Mittelstreckenraketen und sein Atomprogramm finanzieren soll, interessiert den konservativen Unternehmer nicht.

Staatsgeheimnis: Devisenreserven

Ahmad Tawakoli, selbst Majlessmitglied, kritisierte beispielsweise, dass seine Kollegen ein solches Angebot erhalten sollen und verteidigte Ahmadinejad, dass er zu Recht keine Angaben über die Größe der staatlichen Devisenreserven mache. Aus Gründen der nationalen Sicherheit sei es manchmal angebracht die Summe der Devisenreserven nicht öffentlich bekannt zu geben. Wenn die Majless-Kommission für Planung und Budget entsprechende Fragen habe, werde lediglich das Majless informiert, nicht aber die Öffentlichkeit.

Militarisierung der Wirtschaft

Selbst Larijani wift Ahmadinejad vor die staatlichen Budgetgesetze nicht zu befolgen. Beispielsweise schreibe das Gesetz über das Staatsbudget vor, die Benzinimporte auf drei Milliarden und fünfhundert Millionen Dollar zu beschränken, die Regierung habe die Benzinimporte auf 4 Milliarden Dollar erhöht. Tatsächlich hat die Regierung schon in der iranischen Jahresmitte angekündigt ein Budgetdefizit von acht Milliarden Dollar zu haben. Davon fehlen sechs Milliarden Dollar für staatliche Bildungsausgaben und zwei Millionen Dollar für die Gasproduktion. Ohnehin hatte das islamische Pseudo-„Parlament“ der Regierung fünf Milliarden Dollar aus den Devisenreserven zur Verfügung gestellt, um Waren zu importieren, aber auch um die Trockenheit im Lande zu bekämpfen. Rooz berichtet, dass einige iranische Experten der Meinung seien, dass konservative Anhänger Ahmadinejads die ebenfalls konservativen Anhänger Larijanis kritisieren, weil dessen Lager das Darlehens-Geschenk an die Majlessmitglieder befürwortet, aber die Politik der Regierung negativ dargestellt habe. Dabei gehe es um dieselbe Politik. Das Lager von Ahmadinejad wolle nun aber klar machen, dass wenn Geschenke an Majlessmitglieder gut seien, die Verbesserung der sozialen Lage von staatlichen Angestellten und Arbeitern, auch auf dem Land nicht schlecht sein könne.

Die Bassiji und die Pasdaran kontrollieren nicht nur das Atomprogramm, sondern betreiben Infrastrukturprojekte, wie Straßenbau oder landwirtschaftliche Projekte. Auch ihre Lage soll verbessert werden. Die angeblich gerechte Wirtschaftspolitik von Ahmadinejad dient eher der Stabilisierung des Klientels der Diktatur, der eigenen Massenbasis. In Anbetracht der Tatsache, dass neben hohen Politikern und Staatsangestellten, Militärs, Pasdaran und Bassiji-Einheiten, diejenigen sein werden, die im Genuss einer staatlichen Subventionspolitik kommen, muss man hier von einer weiteren Militarisierung der Wirtschaft sprechen.

 

 


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