Kommentar: Liwnis Koalitionsverhandlungen

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Jerusalem, 14. Oktober 2008 – Ein Feiertag jagt den anderen in Israel. Wegen Neujahr, Versöhnungstag und Laubhüttenfest ist das öffentliche Leben in Israel fast durchgehend einen Monat lang gelähmt, ausgerechnet während der Frist für Kadima-Parteichefin, Zipi Liwni, eine Regierung zu bilden.
Vorerst hat Liwni nur die erste Hürde geschafft: ein Abkommen „im Prinzip“ mit Ehud Barak von der Arbeitspartei. Da ging es vor allem um Baraks künftige Machtbefugnisse. Vizepremier kann Barak nicht werden, da er nicht Abgeordneter ist. So wurde für ihn der Rang des „wichtigsten Stellvertreters“ erfunden.
Endlich kann sich Liwni den übrigen Parteien zuwenden. Ohne die bekäme sie keine regierungsfähige Mehrheit. Die orientalisch-orthodoxe Schasspartei verlangt so viel Kindergeld, dass Liwni schon versprechen musste, keinen „zu hohen Preis“ zahlen zu wollen. Das war wörtlich gemeint. Schass fordert unrealistisch hohe finanzielle Abfindungen für ihr Wählervolk, weil Parteichef Eli Ischai Neuwahlen will. Nur so könnte er seinen parteiinternen Kontrahenten, Aryeh Derri, kalt stellen. Der populäre und charismatische Derri hatte sich vor acht Jahren mit Staatsgeldern ein Jaccuzi in seine Wohnung einbauen lassen und als Innenminister 155.000 Dollar Schmiergelder angenommen. Seit seiner dreijährigen Gefängnisstrafe sind noch keine sieben Jahre „Abkühlungspause“ vergangen. Rechtskräftig wegen „ehrenrühriger“ Vergehen verurteilte Politiker dürfen in dieser Periode keine öffentlichen Ämter annehmen. Weil diese Frist in zehn Monaten abläuft, bangt Ischai um den Parteivorsitz. Nur durch Neuwahlen könnte Ischai seine Haut retten und Derri ausschalten.
Diese Probleme plagen Liwni mehr als Verhandlungstaktik mit den Palästinensern oder die Jerusalem-Frage.

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