Das iranische Regierungssystem und sein Einfluss auf die Atompolitik

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Das iranische Regierungssystem und sein Einfluss auf die Atompolitik

 


Die Islamische Republik Iran wurde durch die Revolution des Jahres 1979 ins Leben gerufen. Ziel der Revolution war die Schaffung einer Gesellschaft und einer Regierung, die mit dem schiitischen Islam im Einklang stehen und die Ankunft des „Messias“ des Islam, der als der Imam Mahdi, oder der „Verborgene Imam“ bekannt ist, herbeiführen würde. Die Revolutionäre glaubten, dass die Führer der Republik dem erwarteten Mahdi am nächsten stünden. Im Ergebnis wurde der schiitische Islam zu einem wesentlichen Bestandteil der politischen Struktur im Iran. [1] Vor der Revolution wurde das Land von einer säkularen Monarchie unter dem Schah, Muhammad Reza Pahlavi, regiert. [2]

Die gegenwärtige Regierung wird auf den Grundlagen von velayat e faqih (die Herrschaft der islamischen Jurisprudenz) geführt. Dies gibt den Geistlichen die endgültige Macht über die weltlichen Einrichtungen. Im Zentrum der Macht steht der Oberste Führer. Unter den Tausenden von Ayatollahs im Iran gelten nur 80 als solche, die echte Macht ausüben. Die meisten von diesen stehen in enger Verbindung mit dem Obersten Führer. [3] Die Theologie der iranischen Republik betrachtet die Vernichtung Israels als eine zentrale Prophezeiung und eine grundlegende Voraussetzung für den Jüngsten Tag.

Der Oberste Führer
Der jetzige Oberste Führer des Iran ist Ayatollah Ali Khamenei. Da er die mächtigste Persönlichkeit in der iranischen Regierung ist, spielt seine Befürwortung der Atompolitik des Landes eine Schlüsselrolle. „Die islamische Republik des Iran hat ihre eigene Entscheidung getroffen, und in der nuklearen Frage wird sie, so Gott will, mit Geduld und Stärke, ihren Weg fortsetzen“, sagte Khamenei 2006 in einem Interview. [4]

Der öffentliche Dienst wird in der Islamischen Republik als göttlicher Segen betrachtet. [5] In seiner Eigenschaft als Staatsoberhaupt gilt Khamenei der Verfassung zufolge als der Inhaber göttlicher Macht. Die Atommacht sieht er als eine Frage des Nationalstolzes. [6]

Der Widerstand gegen den Westen war bisher ebenfalls eine zentrale Politik der Islamischen Republik Iran. Die Ideologie der revolutionären Bewegung beschrieb die so genannte „Westofixation“ als eine fürchterliche Krankheit, und diese Ansicht ist unter den Geistlichen der Regierung weit verbreitet. [7] Aus diesem Grund stehen Khamenei und das Regime einer Versöhnung mit dem Westen ablehnend gegenüber. Khamenei betrachtet den Konflikt mit den Vereinigten Staaten als unvermeidlich. 2003 äußerte er gegenüber Regierungsbeamten: „Es ist natürlich, dass unser islamisches System von einer Unterdrückungsmacht wie den U.S.A. als feindlich und als unerträglicher Rivale betrachtet wird… Es ist ebenfalls klar, dass der Konflikt und die Konfrontation zwischen den beiden Ländern etwas darstellt, das natürlich und unvermeidlich ist.“ [8]

In einem militärischen Konflikt mit dem Westen würde Khamenei keinesfalls zögern, Atomwaffen einzusetzen. Im Verlauf einer öffentlichen Ansprache behauptete Khamenei, dass im Falle eines Krieges gegen „Feinde“ der Iran [bzw. wir] „mit allen unseren Kapazitäten zuschlagen werden.“ [9]

Der Wächter-Rat
Der Wächter-Rat ist dafür verantwortlich sicherzustellen, dass die Gesetzgebung mit der Herrschaft des Islam und der Verfassung im Einklang steht. Der Rat setzt sich aus sechs religiösen Führern und sechs Juristen zusammen. Der Oberste Führer wählt die religiösen Mitglieder aus, und der Majlis – die legislative Körperschaft des Iran – wählt die Juristen. [10]

Der Wächter-Rat besitzt das Vetorecht bezüglich der Kandidaten für das Amt des Präsidenten. 2005 disqualifizierte der Rat mehr als 1.000 potenzielle Kandidaten für das Amt des Präsidenten, die in seinen Augen als zu sehr reformorientiert galten. Dies trug dazu bei, dass Präsident Mohammad Khatami durch Präsident Mahmoud Ahmadinejad abgelöst wurde. [11]

Als Ergebnis der Macht-Konsolidierung durch Khamenei wurde die Politik des Iran zunehmend kriegerisch und halsstarrig in ihren Bestrebungen nach atomaren Fähigkeiten. [12] Ayatollah Ahmad Jannati, der Vorsitzende des iranischen Wächter-Rats, sagte im April 2008, dass die Ambitionen des Iran darin bestünden, die größte militärische Macht in der Region zu werden: „Die militärische Philosophie des Islam besteht darin, eine Macht innerhalb des Islam zu schaffen, welche die größte Macht [überhaupt] sein wird, die niemand besiegen kann… Solcherart werden Feinde nicht einmal daran denken, in Palästina, in Afghanistan, im Irak oder anderswo anzugreifen. Wir werden alle unterdrückten Völker und die unterdrückten Muslime in der Welt unterstützen. Eine solche Zukunft müssen wir anstreben.“ [13]

Der Präsident
Der Präsident des Iran ist der mächtigste gewählte Beamte in der Regierung. Dennoch übersteigen religiöse Institutionen, wie etwa die des Obersten Führers und des Wächter-Rats, viele Aufgabenbereiche des Präsidenten. [14]

Mahmoud Ahmadinejad ist der gegenwärtige Präsident des Iran. Der Präsident ist verpflichtet, gegenüber dem Obersten Führer Rechenschaft abzulegen und verfolgt eine harte Politik, die den herrschenden Geistlichen zusagt. Ayatollah Khamenei hat die Bestrebungen von Ahmadinejad nach nuklearer Technologie angesichts des internationalen Ducks und weltweiter Verurteilung ermutigt und gelobt. [15]

Ahmadinejad befürwortet eine messianische Form des schiitischen Islam. Er erwartet die Ankunft des Mahdi und formuliert seine Politik im Einklang mit dieser Vision. „Das Hauptziel unserer Revolution besteht darin, den Weg für die Ankunft des zwölften Imam, des Mahdi, zu ebnen“, erklärte Ahmadinejad in einer Sitzung mit Geistlichen im Mai 2006. Um die Ankunft ihres Messias zu beschleunigen, glaubt Ahmadinejad, dass es zu einer direkten Auseinandersetzung mit dem Westen kommen muss. In einem Gespräch mit dem nationalen Sicherheitskomitee im Jahr 2006 rief Ahmadinejad zu einer feindlicheren Politik [gegen den Westen] auf, um die prophezeite Ankunft des Mahdi herbeizuführen. [16]

Der Majlis (Islamische Beratende Versammlung)
Der Majlis im Iran ist die parlamentarische Körperschaft der islamischen Republik. Es handelt sich um eine einzige Kammer mit 290 Mitgliedern, die für eine Amtszeit von vier Jahren gewählt werden. Die Pflichten der Legislative umfassen die Verabschiedung und Interpretation von Gesetzen sowie die Untersuchung staatlicher Angelegenheiten. Die Handlungen des Majlis können nicht mit der offiziellen Staatsreligion in Konflikt treten, wie diese von dem Wächter-Rat ausgelegt wird. [17]

Der Majlis sprach sich offen für einen mit Atomwaffen ausgerüsteten Iran aus. 2005 stimmten 183 von 197 Mitgliedern für eine nukleare Anreicherung. Die parlamentarische Entscheidung bestätigte die Politik der nuklearen Verbreitung. [18]

Der Experten-Rat
Diese Versammlung setzt sich aus 86 Geistlichen zusammen, die dafür verantwortlich sind, den Obersten Führer einzusetzen und seine Leistung zu beaufsichtigen. Falls nötig, können sie ihn absetzen. Die Mitglieder der Versammlung werden im Verlauf von direkten Wahlen für eine Amtszeit von acht Jahren einberufen. [19]

In Wirklichkeit besitzt die Versammlung recht wenig Macht im Verhältnis zum Obersten Führer. Der Wächter-Rat autorisiert Kandidaten für die Versammlung. Da die Mitglieder des Rates direkt vom Obersten Führer eingesetzt werden, hat dieser die unmittelbare Kontrolle über diejenige Institution, die seine Handlungen überwachen soll. [20]  


Fußnoten
[1] Chopra, Anuj, „In
Iran’s Holy City, Dissent Over Mixing Islam and Politics,“ US News and World Report, June 27, 2008,
http://www.usnews.com/articles/news/world/2008/06/27/in-irans-holy-city-dissent-over-mixing-islam-and-politics.html?PageNr=1 
[2] „Islamic Revolution of Iran,“ Microsoft® Encarta® Online Encyclopedia 2008
http://encarta.msn.com © 1997-2008 Microsoft Corporation. All Rights Reserved.

[3] Bruno, Greg, „Religion and Politics in Iran,“ The Washington Post, July 2, 2008, http://www.washingtonpost.com/wp-dyn/content/article/2008/07/02/AR2008070201131.html 
[4] „Iran to continue pursuing nuclear technology, supreme leader says,“ USA Today, Aug. 21, 2006, http://www.usatoday.com/news/world/2006-08-21-iran-nukes_x.htm 
[5] „Supreme Leader: Serving people, sign of divine blessing,“ Islamic Republic News Agency, May 7, 2008, http://www2.irna.ir/en/news/view/line-22/0805077715161934.htm 
[6] Maveni, Azadeh, „Ayatullah Ali Khamenei,“ Time. Retrieved July 10, 2008 from http://www.time.com/time/specials/2007/article/0,28804,1595326_1615513_1616020,00.html 
[7] Poulson, Stephen C., „Social Movements in Twentieth-Century Iran,“ pg. 306, 2006, http://books.google.com/books?hl=en&id=GpPeyef-FO4C&dq=Social+Movements+in+Twentieth-Century+Iran&printsec=frontcover&source=web&ots=fCYYrqEcW-&sig=GPioppAvcATHXslKK3uYcZdhqsE&sa=X&oi=book_result&resnum=5&ct=result#PPP1,M1 
[8] Sadjapour, Karim, „Reading Khamenei: The World’s View of Iran’s Most Powerful Leader,“ Carnegie Endowment for International Peace, 2008, http://www.carnegieendowment.org/files/sadjadpour_iran_final2.pdf 
[9] „Iranian Leader Ali Khamenei Threatens to „Strike at Them with All Our Capabilities“ If Iran Is Attacked, „The Middle East Media Research Institute. Retrieved July 10, 2008 from http://www.memritv.org/clip_transcript/en/1409.htm 
[10] „Guardian Council, Iran: Who holds power?“ BBC. Retrieved July 07, 2008, from
http://news.bbc.co.uk/2/shared/spl/hi/middle_east/03/iran_power/html/guardian_council.stm
 
[11] „Iran Council Reverses Itself,“ Los Angeles Times, May 25, 2005,
http://articles.latimes.com/2005/may/25/world/fg-iran25

[12] Wright, Robin, „Iran’s Conservatives Consolidate Power,“ The Washington Post, Nov. 29, 2004, http://www.washingtonpost.com/wp-dyn/articles/A18511-2004Nov28.html
[13]  Ayatollah Ahmad Jannati, The Middle East Media Research Institute, April 18, 2008, http://www.memritv.org/clip_transcript/en/1753.htm
[14] „Chapter VI, Constitution of the Islamic Republic of Iran,“ Dr. Alexander Aghayan & Associates, Inc. Retrieved July 7, 2008, from http://www.aghayan.com/iranconst.htm
[15] „Khamenei hails Iran ‘nuclear win‘,“ BBC, Feb. 26, 2008,
http://news.bbc.co.uk/2/hi/middle_east/7264636.stm  
[16] Berman, Ilan, „Understanding Ahmadinejad,“ The American Foreign Policy Council, June 2006, http://www.afpc.org/IFI/UnderstandingAhmadinejad.PDF
[17] „Chapter IX, Constitution of the Islamic Republic of Iran,“ Dr. Alexander Aghayan & Associates, Inc. Retrieved July 7, 2008, from http://www.aghayan.com/iranconst.htm
[18] „Iran MPs back nuclear snub plans,“ BBC, Nov. 20, 2005,
http://news.bbc.co.uk/2/hi/middle_east/4454500.stm
[19] „Assembly of Experts, Iran: Who holds power?,“ BBC, retrieved July 7, 2008, from http://news.bbc.co.uk/2/shared/spl/hi/middle_east/03/iran_power/html/assembly.stm 
[20] Khalaji, Mehdi, „The Significance of Iran’s December Elections,“ The Washington Institute for Near Policy, Dec. 11, 2006, http://www.thewashingtoninstitute.org/templateC05.php?CID=2542
 
 
 
 

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