Wo David den Goliath…

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Jerusalem, 2. November 2008 – Die Beduinen, nennen den Hügel beim Ela-Tal „Khirbet Daud“ (Davids Ruine). Der israelische Archäologe Josef Garfinkel meint: „Das könnte natürlich irgend ein David sein.“ Denn auf arabischen Landkarten heiß der Hügel „Khirbet Qeiyafa“ (Schöne Ruine). Ihm zu Füßen liegt das Ela-Tal, wo traditionell der rothaarige David dem „Riesen“ Goliath begegnete. Immer wieder kamen Archäologen vorbeigefahren an diesem mit Fundstätten aus allen Jahrtausenden übersäten Einfallstor von der Küstenebene nach Judäa und Jerusalem. Die mächtigen Steinblöcke der vollständig erhaltenen Festung, Burg oder Kleinstadt oben auf dem Hügel hielten sich für ein Werk der Kreuzfahrer, also „uninteressant“ aus Sicht der Altertumsforscher.
Im Sommer 2007 bat Saar Ganur seinen Professor an der Hebräischen Universität in Jerusalem, Garfinkel, das bis dahin nicht beachtete Ruinenfeld genauer unter die Lupe zu nehmen. Der alte Weg hinauf zur Stadtmauer zwischen Olivenbäumen und Gestrüpp ist übersät mit Scherben. Mit geübtem Auge bemerkte der Professor für „Archäologie der biblischen Zeit“, dass es sich bei der „Schönen Ruine“ um eine einzigartige Fundstätte handle mit nur drei historischen Schichten. Die mächtige Stadtmauer der Festung stand auf dem Felsboden, stammte aus der Zeit des Königs David und wurde nach „zwanzig, maximal dreißig Jahren gewaltsam zerstört“. Deshalb, so Garfinkel, „befinden wir uns in einer Art Pompeji, weil die biblischen Bewohner nichts mitnahmen und alles unter den eingestürzten Mauern zurückließen.“ 600 Jahre später bezogen für höchstens zehn Jahre die griechischen Zeitgenossen von Alexander dem Großen den Hügel. Das beweisen drei silberne persische Münzen und drei Münzen Ptolomäer und kleinere Steine, mit denen sie die Mauer aus Davids Zeit erhöhten und das Stadttor blockierten. Einige Scherben dürften aus der Zeit des Abraham stammen, doch die Zeitgenossen des Erzvaters hätten keine Gebäude hinterlassen. „Für mich ist es ein Rätsel, warum dieser Hügel nur 30 Jahre lang unter David und zehn Jahre unter Alexander bewohnt wurde und ansonsten völlig unberührt blieb.“
Garfinkel hatte einen Volltreffer von Weltbedeutung gelandet. Denn jeder kennt die Geschichte von David und Goliath, und den ungleichen Kampf des mit Steinschleuder bewaffneten David gegen den „High-Tech-Riesen“ mit Schwert, Schild, Helm und anderem militärischen Schnickschnack der damaligen Zeit – wie Garfinkel es bei einer Presseführung am Sonntag darstellte. Die „Ela-Festung“, wie der Hügel jetzt genannt wird, bietet einen klaren Blick bis zu Mittelmeer, wo die griechisch-stämmigen Philister herrschten und gen Osten auf die judäischen Hügel, wo laut Bibel Davids Reich lag.
„Neue Historiker“ unter den israelischen Archäologen, allen voran Israel Finkelstein, hatte weltweite Verstörung ausgelöst, als er die Könige David und Salomon ins Reich der Mythen verwies, und die biblische Geschichte als Legende bezeichnete, weil es keine „steinernen Beweise“ gebe. Bisher hatte man nur in Tel Dan im Norden des Landes eine Stele mit der Erwähnung des „Haus Davids“ gefunden. Doch dieser Hinweis auf eine Königsdynastie mit dem Namen David war 200 Jahre nach David in den Stein gehauen worden. Sogar in Jerusalem hat David (noch) keine identifizierbaren Spuren hinterlassen. Erst ab König Rehabeam (928-911), Sohn und Nachfolger Salomons, gibt es undiskutable „Beweise“ dank dem ägyptischen Pharao Schischak: auf ägyptischen Beschreibungen seiner Eroberungszüge im Lande Kanaan, Skarabäen mit seinem Namen in Megiddo und in den Geschichten der Bibel. Da die Bibel eine Chronologie von Rehabeam aufwärts liefert und bekannt ist, wann Schishak lebte, muss David von 1010 bis 970 vor Chr. geherrscht haben.
In der ersten Grabungssaison 2008 an einem monumentalen 10,5 Meter breiten Kasemattentor fand Garfinkel vier verkohlte Olivenkerne. Die Oxford-Universität datierte die Oliven mit der C-14 Methode „ziemlich genau“ auf 1050 bis 975 vor Chr.. Das entspricht exakt der Epoche Davids. Im gleichen Raum fand er auch zwischen rund 20.000 Scherben Ostrakon (beschriftete Scherbe) mit proto-kanaanäischer Inschrift. Proto-kanaanäisch ist das älteste Alphabet der Welt. Vorher gab es nur ägyptische Hieroglyphen und mesopotamische Keilschrift. Aus dem proto-kanaanäischen Alphabet entwickelten sich die hebräische und arabische Schrift, aber auch die griechischen und lateinischen Buchstaben. Von rund 50 Buchstaben auf dem Ostrakon sind etwa 40 entziffert. „Al Taas“, auf Hebräisch („Tue nicht“) steht da neben anderen hebräischen Worten: König, Sklave und Richter. „Einwandfrei ist dieser Text nicht von den griechischen Philistern oder Kanaanäern verfasst“, sagt Garfinkel. Am Wochenende war schon die Sensation der „ältesten jemals gefundenen hebräischen Inschrift“ berichtet worden. Noch ist sie nicht offiziell veröffentlicht. Sie wurde mit einer 75.000 Dollar teuren Kamera der Weltraumbehörde NASA fotografiert, wodurch weitere Buchstaben „ans Licht“ kamen.
Die ungläubigen Presseleute hakten immer wieder nach, ob die Festung vielleicht doch von den Philistern stamme, denn das Ela-Tal liege an der Grenze zwischen beiden Reichen.
Neben der Inschrift bietet Garfinkel jedoch weitere „Beweise“ für den „jüdischen“ Charakter der Festung. Unter bisher gefundenen 700 Knochen gab es nur Schafe, Ziegen, Kühe, aber „weder Hunde noch Schweine“. In der Küstenebene, wo die Philister lebten, wurden Schweine und Hunde zum Verzehr gezüchtet. „Das wissen wir, weil wir Hundeknochen in Kochtöpfen der Philister gefunden haben“, erklärt Garfinkel.  Im Geländewagen auf dem holprigen Pfad zur Ela-Festung sagt Garfinkel, dass das biblische Verbot, Schweinefleisch zu essen, zu Davids Zeit gesetzlich noch nicht fixiert war.  Es sei wohl entstanden, weil die Menschen auf dem Bergrücken andere Ess-Gewohnheiten hatten als die Philister in der Küstenebene.
Garfinkel wollte ganz sicher sein, ehe er der Öffentlichkeit seinen sensationellen Fund präsentierte: den ersten archäologischen Beweis für die Existenz des judäischen Reiches Davids genau an der Grenze, wo es zum Krieg mit „den Goliaths“ der Philister kam. Zu einem geheimen Treffen lud er 20 namhafte Archäologen ein, die in Aschkelon, Gat und anderen Philisterstädten gegraben haben, und solche, die biblische Stätten in traditionell „jüdischen“ Gefilden Jerusalem betrieben haben. Das Votum sei klar gewesen. Die Kochpötte und Teller stammen keinesfalls von Philistern, sondern entsprachen dem Keramikstil des Königsreiches Davids.

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Auf dem Weg zu Davids Festung. Im Hintergrund das Philisterland und Blick bis zum Mittelmeer

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Die monumentale Mauer von David errichtet

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Josef Garfinkel vor Davids Mauer (rechts) und der Aufstockung unter Alexander dem Großen

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Pressetermin an den monumentalen Steinböcken von König Davids Tor

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Profesor Garfinkel vor der Schnittstelle zwischen Davids Mauer (links) und der Blockierung des Tors durch Alexander (rechts)

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Profesor Garfinkel vor der Schnittstelle zwischen Davids Mauer (links) und der Blockierung des Tors durch Alexander (rechts)

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Die Kasematten hinter Davids Tor

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Wie haben sie nur vor 3000 Jahren unter David so tonnenschwere Blöcke bewegt?

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Die Ela-Festung beherrschte das Ela-Tal, wo David den Goliath tötete


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