Die Bruchlandung der Sozialisten Israels

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Jerusalem, 3. Dezember 2008 – „Wenn es nicht so traurig wäre, könnte man lauthals lachen.“ So ein Fernsehmoderator über das Debakel bei der israelischen Arbeitspartei. Für ihre Urwahl am Dienstag wollte sich die Sozialisten modern geben. Sie hatte bei der Firma Teldor ein Programm für elektronische Wahlen bestellt. Aber als sich die Promis fernsehwirksam an den Tastaturen vor einem LCD-Bildschirm hinter billigen Pappkartons präsentierten, meldete der flache Bildschirm auf Englisch nur die Meldung „Diese Seite kann nicht dargestellt werden“. Das elektronische Wahlsystem des 21. Jahrhunderts war zusammengebrochen. Die Panne sollte innerhalb von „wenigen Minuten“ behoben werden. Aber als am Abend das System immer noch nicht funktionierte, verkündete Eitan Kabel, Wahlleiter der Arbeitspartei, einen erneuten Wahlgang am kommenden Donnerstag. Der wird freilich schön altmodisch per Papier mit handschriftlichen Kreuzchen auf Wahlzetteln geschehen.
Die sozialistische Arbeitspartei hatte den jüdischen Staat gegründet. Bis 1977 herrschte die Partei unter anderen Namen fast uneingeschränkt. Sie hatte zeitweilig sogar die absolute Mehrheit.
Seit dem historischen Wahlsieg 1977 des rechtsgerichteten Menachem Begin, der sogar einen Frieden mit Ägypten schaffte, wechseln sich rechte und linke Premierminister ab. Die Arbeitspartei, das Heim so illustrer Politiker wie David Ben Gurion, Golda Meir, Schimon Peres, Jitzhak Rabin und Mosche Dayan war seit 1977 nur noch eine Partei unter vielen.
Der derzeitige Parteivorsitzende, Ehud Barak, hatte als Premierminister im Sommer 2000 dem palästinensischen Präsidenten Jassir Arafat fast alles angeboten und dennoch einen Korb bekommen. Zum Dank erntete er den Ausbruch der zweiten Intifada mit Selbstmordattentaten. Im Januar 2001 wurde mit haushoher Überlegenheit der „Hardliner“ Ariel Scharon gewählt. Die Arbeitspartei galt als gecheitert auf der ganzen Linie. 
Seitdem ging es mit der israelischen Linken bergab. Längst hatte die israelische Mitte unter der Führung von Ariel Scharon das Prinzip einer Zweistaatenlösung adoptiert, ursprünglich eine „linke“ Ideologie. Scharon, einst „Vater der Siedler“, räumte gar alle Siedlungen im Gazastreifen und zerstörte vier Siedlungen in der biblischen Provinz Samarien im Norden des besetzten Westjordanlandes. Die Arbeitspartei bot für diese Politik „der Rechten“ keine Alternative mehr.
Aus Gewohnheit blieb sie die zweitgrößte Partei Israels und beteiligte sich an der Koalition der Kadima Partei unter Scharon und dessen Nachfolger Ehud Olmert.
Während des Libanon-Krieges im Sommer 2006, in Israel als Debakel empfunden, diente Gewerkschaftsführer Amir Peretz als Verteidigungsminister und wurde mangels Englischkenntnissen zum allgemeinen Gespött. Ihm folgte der gescheiterte ex-Premierminister und Parteichef Ehud Barak. Mit einem Ultimatum zwang er den unter Korruptionsverdacht stehenden Premierminister Ehud Olmert zum Rücktritt. Das löste eine Regierungskrise aus und bewirkte in der Folge die wenig populären Neuwahlen. Für Barak wurde das zum Bumerang.
Anstatt zu punkten, verlor die Arbeitspartei bei Umfragen. Einst größte Partei Israels sackte sie auf den fünften Platz nach Likud, Kadima und orthodoxen Parteien ab. Sie kann nur noch auf etwa 7 Prozent der Stimmen bei den Wahlen am 10. Februar hoffen. Nach dem Computerdebakel bei der Urwahl und der Notwendigkeit eines neuen Wahlgangs am Donnerstag mit altmodischen Wahlzetteln, droht den ehrwürdigen Sozialisten nun ein weiterer Vertrauensverlust.
Bei dem Machtkampf zwischen „Bibi und Zipi“ (Benjamin Netanjahu vom rechten Likud und Zipi Livni von Kadima) dürfte die verblasste und innerlich zerschlissene Arbeitspartei kaum noch eine Rolle spielen.

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