Diffuse Kriegsziele, unergiebige Vermittlungen

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Jerusalem, 10. Januar 2009 – Israel hat seine Kriegsziele nur diffus und teilweise sogar widersprüchlich formuliert. Die drei verantwortlichen Politiker, der Ministerpräsident, die Außenministerin und der Verteidigungsminister unterschieden sich in den Details, nicht aber im Ziel der Aktion: den Raketenbeschuss der Hamas-Organisation vom Gazastreifen aus auf Israel zu beenden. Seit acht Jahren wurden etwa 10.000 Raketen auf israelische Siedlungen und Städte im Umkreis von 20 Kilometern vom Gazastreifen abgeschossen. Seit Beginn der Operation „gegossenes Blei“ hat die Hamas aus ihren Waffenlagern auch noch Gradraketen hervorgeholt, die angeblich aus China stammen und wohl über Iran und Ägypten nach Gaza gelangt sind. Die haben eine Reichweite bis zu 40 Kilometern, sodass nun auch die großen Städte Beer Schewa und Aschdod getroffen wurden. So gerieten eine Million Israelis in Gefahr, jeder siebente Israeli. Nur dank der mit großem Aufwand betriebenen Schutzmaßnahmen gab es nur wenige Opfer unter den israelischen Zivilisten. Doch der Preis ist hoch. Der Schulunterricht für die Kinder wurde abgesagt. Alle Fabriken im Zielgebiet wurden geschlossen, mit Ausnahme „unabdinglicher“ Produktionsstätten, die freilich nicht genau definiert wurden. Die Menschen müssen sich bereit halten, jederzeit innerhalb von 15 oder 40 Sekunden einen Schutzbunker aufzusuchen, je nach Entfernung vom Gazastreifen.
Nebeneffekte unter den israelischen Zielen könnten eine Wiederherstellung der Abschreckungskraft Israels und eine Wiederherstellung der Herrschaft der PLO-Autonomiebehörde im Gazastreifen sein, mit der Israel Friedensgespräche führt und die sich im Prinzip an die Osloer Abkommen hält.
Wie dieses Minimalziel erreicht werden könnte, darüber scheiden sich die Geister. Zur Debatte stehen eine völlige Wiedereroberung des Gazastreifens, ein Sturz der Hamas, eine Ausweitung der schon laufenden Operation oder lediglich ein hermetisches Abriegeln der Grenze zu Ägypten. Unter der Grenze hinweg werden die Raketen durch Schmugglertunnels nach Gaza gebracht werden. Das könnte die Raketendepots der Hamas auf Dauer „austrocknen“ und zudem verhindern, dass in einer nächsten Aufrüstungsphase der Hamas Raketen mit einer Reichweite bis nach Tel Aviv geliefert werden.
Die UNO-Resolution 1860 ruft zwar „die Palästinenser“ (ohne die Hamas beim Namen zu nennen) und Israel zu einem sofortigen Waffenstillstand auf, fordert jedoch gleichzeitig einen Mechanismus zur Beendigung des Waffenschmuggels. Dieser kann nicht von heute auf Morgen eingerichtet und deshalb kann auch der Waffenstillstand nicht sofort umgesetzt werden.
Jetzt, wo die Israelis ihre schon seit Jahren ausgesprochenen Drohungen wahrgemacht haben, den Raketenbeschuss mit Gewalt beenden zu wollen, wacht die Welt alarmiert auf. Eine von Ägypten ausgehandelte „Beruhigung“ hat nicht gehalten hat. Sanktionen, wie Schließung der Grenzübergänge und Warenterminals, das Kappen des Stroms und eine Reduzierung der Benzinlieferungen haben nichts genützt. Erst jetzt, nach fast tausend palästinensischen Toten, gelangt auch der ägyptische Präsident Hosni Mubarak zur Erkenntnis, dass die Schmugglertunnels der Schlüssel für eine Waffenruhe sein könnten. Erst jetzt arbeiten Mubarak und sein französischer Amtskollege Sarkozy  an einem Plan, französische und türkische Truppen an jene Grenze zu schicken, um den Waffenschmuggel zu unterbinden. Und erst jetzt kommt Frank-Walter Steinmeier angeflogen, um zu „Vermitteln“, wie er sagte. Da aber auch Deutschland nicht mit der Hamas redet, weil die als „Terrororganisation“ gesehen wird, kann Deutschland den Ägyptern wohl nur technische Hilfe zwecks Auffinden der Tunnels anbieten, wie das der CDU/CSU Außenpolitische Sprecher Eckart von Klaeden vor einigen Tagen in Jerusalem vorgeschlagen hatte. „Vermitteln“ könnte Steinmeier dann nur, indem er den Israelis nahe legt, ein beabsichtigtes Schließen der Tunnel als Anlass für ein Einstellen seiner Attacken auf die Hamas und einen Rückzug zu akzeptieren, auch ohne Verpflichtung der Hamas, ihren Raketenbeschluss einzustellen. Eine Garantie für Ruhe kann wohl niemand abgeben, solange die Hamas einen Waffenstillstand ablehnt und Israel weiterhin auf seinem Recht auf Selbstverteidigung besteht.


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