Spionage-Vorwurf
Iran beschuldigt deutsche Stiftungen
Von Wahied Wahdat-Hagh und Joachim Frank
21.01.09, 21:08h, aktualisiert 22.01.09, 08:47h
Schwerer Vorwurf gegen deutsche Bildungseinrichtungen, Stiftungen, Medien sowie die Botschaft in Teheran: Der Iran beschuldigt die Einrichtungen der Spionage. Der iranische Armeechef droht mit möglichen Botschaftsbesetzungen.
Als Akteure der vermeintlichen Spionagetätigkeit nennen die Berichte den Deutschen Akademischen Austausch Dienst (DAAD), das Max-Planck-Institut, die Deutsche Welle (DW) sowie die parteinahen Stiftungen. Allein der DAAD förderte im Jahr 2007 insgesamt 235 Studierende und Graduierte sowie 113 Wissenschaftler aus dem Iran.
Die iranischen Medien stellen Auslandsstipendien an iranische Studenten als Mittel hin, potenzielle Spione auszubilden und langfristig das islamische System durch eine „sanfte Revolution” zu stürzen. Die wissenschaftliche Arbeit der Stiftungen sei nur ein Deckmantel für Spionage. Wer sich als Stipendiat von den Feinden der islamischen Revolution rekrutieren, mit den Idealen der Demokratie vertraut machen und einer „christlichen Weltsicht” infiltrieren lasse, verliere durch diese „Assimilation” seine Identität und werde ein williges Werkzeug des Westens.
Die Deutsche Welle nannte den Vorwurf der Spionagetätigkeit „absurd”. Die Berichterstattung des deutschen Auslandsrundfunks „erfolgt auf der Grundlage der Werte und Perspektiven, für die Deutschland in der Welt steht”, sagte DW-Sprecher Johannes Hoffmann dem „Kölner Stadt-Anzeiger”. Der Sender verstehe sich als „deutsche Stimme der Menschenrechte” und setze „auf freie, ungefilterte Information und die Kraft von Argumenten”. Andere kritisierte Institutionen wollten sich nicht äußern. Intern war aber auch dort von „völlig haltlosen, aberwitzigen Anschuldigungen” die Rede.
Einige Quellen hierzu (leider nur auf Farsi):
Kommentar – Spionage im Iran
Die „Droge” Freiheit
Von Reiner Kant, 21.01.09, 21:26h
Das Regime im Iran gibt unfreiwillig zu, wie anziehend die Gesellschaftsordnung des Westens ist. Trotzdem versucht die iranische Regierung weiterhin sein Volk vom freien Denken, freie Rede und freie Entfaltung dem Menschen fernzuhalten.
Die Strategie ist so abgefeimt wie verräterisch: Den Menschen im Iran einzubläuen, Auslandsstipendiaten seien allesamt künftige Spione und Revoluzzer, bringt nicht nur ein ganzes System des kulturell-wissenschaftlichen Austauschs in Misskredit, sondern macht es für alle künftigen Interessenten schwer, die ideelle und finanzielle Förderung deutscher Institutionen anzunehmen. In einem staatlich kontrollierten Medienbetrieb gibt es wenig Möglichkeiten, einer solchen doppelten Verunsicherung wirksam zu begegnen.
Umgekehrt gibt das Regime in Teheran unfreiwillig zu, wie anziehend die Gesellschaftsordnung des Westens ist. Wer einmal von dieser „Droge” genommen hat, möchte nicht mehr von ihr lassen. Warum wohl? Weil freies Denken, freie Rede, freie Entfaltung dem Menschen wesensgemäß ist. Mag der Iran von Dekadenz und Identitätsverlust reden – was er als Modell einer „islamischen Gesellschaft” dagegen setzt, ist offenbar nur mit Abschottung, Desinformation und Zwang aufrecht zu erhalten.
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