Wahlen im Iran

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Wahlen im Iran

 
Wahied Wahdat-Hagh von Wahied Wahdat-Hagh, Kolumnist für WELT DEBATTE
 
 
 

Mir Hossein Moussavi wird am 12. Juni 2009 als Präsidentschaftskandidat und Rivale von Ahmadinejad bei den iranischen „Wahlen” auftreten. Unter Khomeini, im Krieg gegen den Irak war Moussavi Ministerpräsident. Kritiker sagen die iranischen Wahlen böten überhaupt keine wirkliche Wahlmöglichkeit.

Mir Hossein Moussavi Khamene, so ist sein vollständiger Name, erwartet, dass Obama die USA ändert. Er selbst will weiterhin an den Zielen der islamischen Revolution festhalten. Mir Hossein Moussavi ist kein unbekannter Politiker im Iran. Er war von 1981 bis 1989 Ministerpräsident des Iran. Er gilt als ein resoluter Politiker, der sich in der Zeit des Krieges gegen den Irak unter dem Präsidenten Ali Khamenei als Ministerpräsident bewährt hat.

Mit dem Ende seiner Amtszeit wurde die Position eines Ministerpräsidenten abgeschafft. Er gilt als ein Khomeinist der ersten Stunde. In den 80er Jahren war er Mitglied des Zentralkomitees der Islamisch-Republikanischen Partei und verantwortlicher Direktor des Hauptorgans dieser Partei, die von Khomeini verboten wurde, weil dort zu viel diskutiert worden ist. Seitdem gibt es Gruppierungen, die sich um bestimmte islamistische Persönlichkeiten in Gruppen und Organisationen scharen.
Nach zwanzig Jahren will nun Moussavi in die Politik zurückkehren und an den zehnten Präsidentschaftswahlen im Iran teilnehmen.

Moussavi will mehr Markt

In einer Pressekonferenz am 6. April 2009 wurde der Präsidentschaftskandidat Moussavi gefragt, ob er wieder wie in den 80er Jahren den Konsum mit Kaufscheinen, mit sogenannten Coupons,
rationieren wolle.

Er antwortete, dass diese Maßnahme damals dazu gedient habe, dass niemand in der Kriegszeit hungere. Da die heutigen Verhältnisse aber nicht vergleichbar seien mit der damaligen Zeit, als der Iran einen achtjährigen Krieg gegen den Irak führte, sei es unwahrscheinlich, dass heute wieder der Konsum rationiert werden würde. Er wolle jedenfalls die Privatwirtschaft ankurbeln, den Markt entwickeln und die Arbeitslosigkeit und die Inflation bekämpfen.
Moussavi sprach sich in der Pressekonferenz für Meinungsfreiheit innerhalb der islamischen Verfassung aus.
Insgesamt will Moussavi eine entspanntere Staatsführung als Ahmadinejad. Ob es ihm gelingt, ist sehr fraglich. Er sprach sich für eine Entschärfung der harten Kontrollen auf den Straßen bezüglich Kleidervorschriften und im Namen der „sozialen Sicherheit” aus.

Moussavi ist im Hinblick auf einen Dialog mit den USA nicht euphorisch

Im Bezug auf die iranisch-US-amerikanischen Beziehungen äußert sich Moussavi sehr zurückhaltend. Zwar habe sich der Ton des neuen US-amerikanischen Präsidenten Obama im Vergleich zu Bush verändert, aber er wolle abwarten, ob auch die „Handlungen der Amerikaner sich ändern werden.”
Er zitierte Ayatollah Khomeini, der schon zu seinen Lebzeiten gesagt habe, falls die US-Politiker sich wie „anständige Menschen” benähmen, seien Beziehungen mit den USA durchaus vorstellbar.
Moussavi kritisierte die Ausführungen von Präsident Obama in Prag am 5. April 2009. Obama hatte in Prag gesagt, dass solange die iranische Drohung existiere, die USA die Entwicklung eines Raketenverteidigungssystems in Polen und in der tschechischen Republik fortsetzen werden.
In Bezug auf das iranische Atomprogramm ist Moussavi der Meinung, dass der „Westen stets eine destruktive Rolle” gespielt habe. Das „ganze politische System des Iran” habe sich für die Atomtechnologie entschieden und es werde „keinen Rückschritt” geben. Die Frage des Atomprogramms müsse von militärischen Rüstungsfragen getrennt werden.

Moussavi hat Anhänger sowohl bei den fundamentalistischen Hardlinern als auch bei den fundamentalistischen Reformern

Moussavi positionierte sich zwischen den beiden islamistischen Lagern. Er sagte: „Ich bin ein Reformer, der sich stets an die Prinzipien hält.” Zuvor hatte er betont, dass er sich streng an den Zielen der islamischen Revolution orientiere. In Bezug auf die Bassiji-Einheiten sagte Moussavi: „Die Bassiji haben sehr schöne Parolen, auf die wir uns stützen müssen.”
Ähnlich wie Ahmadinejad stellte er auf die Frage, was er von der Holocaustleugnung halte, die Rückfrage, was die Palästinenser eigentlich mit den Verbrechen zu tun haben, die damals geschehen seien. Warum müssten die Palästinenser am Ende den Preis der Verbrechen zahlen. Damit vergleicht auch er wie unter Islamisten üblich die israelische Politik mit der der Nazis und setzt die Lage der Palästinenser mit den Opfern des Nationalsozialismus gleich.
Auf die Frage, ob Iran unter seiner Führung Israel innerhalb der Grenzen von 1967 anerkenne, gab er eine diffuse, aber bekannte Antwort. Die Wahl der Bevölkerung müsse diese Frage entscheiden. Auch Reformer wie Khatami fordern die Rückkehr aller palästinensischen Flüchtlinge und eine Befragung aller Palästinenser, ob sie den Staat Israel anerkennen. Das iranische Regime setzt damit auf eine Mehrheit der Islamisten unter den Palästinensern.
Iran wolle zwar Mitglied auch der Welthandelsorganisation werden, könne aber gegenwärtig auch viele positive Gelegenheiten als Nicht-Mitglied nutzen.

ILNA, Iranian Labour News Agency, berichtete von einer statistischen Befragung der staatlichen Arbeitervereinigung „Khaneye Kargar”, „Haus des Arbeiters”. Demnach würden 52 Prozent der befragten staatlich organisierten Arbeiter Moussavi wählen und 36 Prozent Ahmadinejad. Für den Kandidaten Mehdi Karoubi haben die befragten Arbeiter kaum Sympathie: Nur 8 Prozent würden ihn wählen.

Moussavi ist ein Reformer

Frau Azar Manssouri, Mitglied des Zentralkomittees der „Partizipationspartei”, sagte in einem Interview mit Roozonline, ihre Partei werde Moussavi unterstützen, zumal er in den vergangenen Jahren auf eine Kandidatur verzichtet habe. Zwar wollte die „Partizipationspartei” Mohammad Khatami vorschlagen, aber dieser habe auf die Kandidatur verzichtet. Frau Manssouri meint, dass die meisten „Parteien” ihre Stimmen für Moussavi geben werden.

Moussavi selbst streitet die Existenz von Parteien ab. Er sagte wörtlich: „Eines unserer Probleme ist die Nicht-Existenz echter Parteien.” Dies würde sogar zu Problemen bei Wahlen führen.

Moussavi ist kein Reformer

Kein Geringerer als Ex-Präsident Khatami sagte über Moussavi: „Wir haben nie behauptet, dass er die Manifestation der Reformen ist und deswegen in die Politikszene gekommen ist.” Vielmehr benötige die Gesellschaft einen Wechsel und deswegen sei der Wechsel die wichtigste und dringendste Aufgabe, die gelöst werden müsse.

Es gibt zwar Wahlen, aber keine Wahlmöglichkeit

Hassan Yussefi Eshkevari war einer der Teilnehmer der Berliner Iran-Konferenz der Heinrich Böll-Stiftung im April 2000. Er hatte sich u.a. gegen Kopftuchzwang ausgesprochen. Als er wieder in den Iran zurückkehrte, wurde er zunächst zum Tode, später zu viereinhalb Jahren Haft verurteilt. Gegenwärtig lebt er in Italien und schreibt ein Geschichtsbuch über den Iran.
In einem Interview mit Roozonline am 7 April 2009 meinte Eshkevari, dass gemäß der Verfassung und der Ideologie der politisch Verantwortlichen im Iran Wahlen durchgeführt werden. „Aber von Auswahlmöglichkeit kann nicht die Rede sein.”

Verbittert sagt Eshkevari, er habe gegenwärtig keine Neigung an den Wahlen teilzunehmen. Aber wenn er wählen müsste, würde er den Präsidentschaftskandidat Hojatoleslam Mehdi Karoubi wählen.
Eshkevari war wie Ex-Präsident Khatami und wie Mehdi Karoubi ein Kleriker vom Rang eines Hojatoleslam. Eshkevari hat jedoch den Turban als Zeichen für die Funktion eines Klerikers abgelegt. Er wollte nicht mehr zu den Funktionären des iranischen Staatsklerus gehören.
Seit langer Zeit glaube er ständig überlistet und betrogen zu werden, wenn er an den Wahlen teilnehme, sagt der Ex-Kleriker. Angesichts der anstehenden Wahlen sagte er bitter-ironisch: „Vielleicht gibt es keinen anderen Weg, als dass wir solange betrogen werden, bis die Betrüger selbst an ihren Machenschaften verzweifeln und dann die Plattform verlassen.” Erst dann könnten Freiheit, Demokratie und Menschenrechte und die Entwicklung des Landes gewährleistet werden.

 

 

 


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