Iran fürchtet Einfluss westlicher Medien

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Iran fürchtet Einfluss westlicher Medien


Wahied Wahdat-Hagh von Wahied Wahdat-Hagh, Kolumnist für WELT DEBATTE

 

Trotz sich wiederholender Razzien und drastischer Strafen schauen Millionen Menschen im Iran Satellitenfernsehen und hören Radiosendungen des Exils. Das Forschungsinstitut des iranischen “Parlaments” hat eine 38-seitige Studie verfasst, die sich mit ausländischen Fernsehanstalten wie BBC und Voice of America (VOA) beschäftigt. Ihnen wird Subversion vorgeworfen.

Experten der wissenschaftlichen Abteilung des iranischen „Parlaments” halten nichts vom demokratischen Gedankengut westlicher Medien. Ihnen wird „sanfte Subversion vorgeworfen.” Der Westen wolle den Iran georgisieren, so die iranischen Wissenschaftler. Zur Erinnerung: Im April 1991 erklärte Georgien seine Unabhängigkeit und ist seit 2004 mit der NATO verbunden. Georgien ist damit Europa und dem Westen näher gerückt. Dies ist für das iranische Regime ein abschreckendes Beispiel.

Im Iran werden Journalisten und Wissenschaftler, Angehörige religiöser Minderheiten verhaftet, weil ihnen als Standardvorwurfe Spionage vorgehalten wird. Ein Vorwurf, der an die Praktiken der realsozialistischen Diktaturen erinnert. Auch der inhaftierten iranisch-amerikanischen Journalistin Roxana Saberi wird Spionage vorgeworfen. Dabei hat sie für das US-amerikanische National Public Radio, für Fox News sowie für die britische BBC recherchiert.

Kluft zwischen Volk und Herrschaft

Die persischsprachigen Sendungen der Fernsehanstalten der BBC und VOA werden als „fremde Informationsorganisationen” identifiziert. Diese sollen eine „Kluft zwischen dem Volk und der Herrschaft erzeugen, um die Klasse der Intellektuellen gegen das islamische System aufzuhetzen, und um die sezessionistischen Potentiale der Ethnien und ihre Identitäten zu verstärken,” meinen die Experten der totalitären Diktatur.

Die Arbeit von VOA und BBC bestehe aus „grenzüberschreitenden Antisicherheitsmaßnahmen”. Es ist die Sprache von Vermittlung einer „Anti-Kultur”, die dank der Revolution in der Informationstechnologie möglich werde. In der Studie wird hervorgehoben, dass verschiedene Begriffe wie „velvet revolution”, „colour revolution”, „flower revolution”, „soft subversion”, alle dasselbe Phänomen von „friedlichen Bewegungen im Management der Medien” beschreiben. Solche Medien würden das Ziel verfolgen „das öffentliche Bewusstsein zu mobilisieren.” Dieser neue Umsturzversuch legitimiere sich mit sogenannten „demokratischen Programmen.”

„Soft subversion” beinhalte anders als eine „Revolution von innen oder ein militärischer Angriff von außen jede Art von psychologischen Maßnahmen und Medienpropaganda.” Das Ziel sei eine Niederlage des Rivalen herbeizuführen. Zu den bekannten Instrumenten einer „sanften Subversion” würden „psychologische Kriegsführung, Radio und Fernsehanstalten und die Bildung von Netzwerken” gehören.
Die Studie erinnert an die „sanfte Subversion”, die im Rahmen der Perestroika unter Gorbatschow zum Sturz der Sowjetunion geführt habe. Auch in den postkommunistischen Gesellschaften der Tschechoslowakei, Serbiens, Georgiens, der Ukraine und Kasachstans sei die Strategie des Westens erfolgreich gewesen, heißt es in der Studie des iranischen „Parlaments”.
Das Hauptziel dieser Revolutionen sei die „Beseitigung eines jeden Hindernisses für die große amerikanische Hegemonie in der Welt.” Als Hindernis für eine US-Hegemonie werden China, Russland und die islamische Welt genannt. Dies erfolge in einem „nichtideologischen Kalten Krieg.” Das endgültige Ergebnis dieses Krieges sei noch offen. Zwar hätten die Shanghai-Allianz und der Krieg zwischen Russland und Georgien diesen Prozess verlangsamt, aber die Hauptstrategie der USA bestünde im Einsatz der „sanften und intelligenten Macht.”

Die „schwarze Diplomatie” und das „sanfte Umsturzmodell”

Der Westen verfolge zwei parallel verlaufende Strategien: Mit der „schwarzen Diplomatie” würden „offizielle Beziehungen” mit dem Iran gepflegt werden. Bei dieser Strategie setze der Westen auf „demokratische Prozesse im Land mit dem Ziel eines Sturzes der Herrschaft.” Mit Hilfe von Radio, Fernsehen, Internet, durch „Solidarität von Arbeiterverbänden, Menschenrechtsgruppen und religiösen Vereinigungen, die gegen das System der Islamischen Republik” seien, soll ein Umsturz von innen organisiert werden. Dabei verfolge man die Strategie der Wirtschaftssanktionen und der heimlichen finanziellen Unterstützung der iranischen Opposition.

Die zweite Strategie sei ein „sanftes Umsturzmodell”. Dabei werde auf die „schwarze Diplomatie” verzichtet und man führe lediglich „Gespräche mit der Bevölkerung, den Studenten und den Führern zivilgesellschaftlicher Bewegungen des Iran. Diese Gespräche erfolgen durch das Internet und durch moderne Technologien.”

Die Studie nimmt ernsthaft paranoiden Charakter an, wenn behauptet wird, dass für beide Strategien die „US-amerikanische Regierung und die CIA westliche Medien einsetzen, wie das persischsprachige Satellitenfernsehen der VOA und der BBC.” D.h. demnach ist die gesamte iranische und iranbezogene Exilmedienlandschaft geheimdienstlich gesteuert, was eine absolute Verkennung der freien Presse und Wissenschaft in demokratischen Staaten darstellt.

Die westlichen Medien würden mit allen „potentiellen Kräften, die einen sanften Umsturz bewerkstelligen können, mit ethnischen und anderen Minderheiten, nichtstaatlichen Institutionen, gesellschaftspolitischen Eliten, sozialen Bewegungen wie Frauen-, Studenten-, und Arbeiterbewegung im Land und schließlich mit der Exilopposition eine organische Verbindung aufbauen.” Die Akteure all dieser Bewegungen würden eine „entscheidende Rolle beim sanften Umsturz” spielen.

Die „Verführung” der iranischen Jugend oder die Sehnsucht nach Freiheit

Die iranische Jugend werde mit solchen Methoden dazu angehalten „fremden Medien” zu folgen und nicht mehr auf die iranischen Medien zu hören. Die Experten des iranischen „Parlaments” haben offenbar keinen Kontakt mit der städtischen Jugend, die nach Freiheit dürstet.

Die Studie des iranischen Parlaments nennt ausdrücklich die Soros-Stiftung, die die meisten Nachrichtenagenturen und Zeitungen weltweit leite. Die Strategie dieser Stiftung, deren Iran-Abteilung von Frau Hale Esfandiari geleitet werde, sei nach eigenen Aussagen der Stiftung in Georgien erfolgreich gewesen und werde auch woanders umgesetzt. Das Ziel sei einen „zivilen Ungehorsam” herbeizuführen.

Tatsächlich hat auch das Europäische Parlament im Januar 2008 entschieden, Ausgaben von rund 5 Millionen Euro für ein persischsprachiges Fernsehen zu genehmigen. Diese Entscheidung des EU-Parlaments gilt für das iranische Parlament als „Subversion” und wird nicht als ein politischer Wille zur Förderung der Demokratie wahrgenommen.

BBC gefährlicher als Voice of America (VOA)

In der Studie des iranischen „Parlaments” kann man nachlesen, dass BBC Persian gefährlicher sei als VOA. Der Grund sei, dass BBC sanfter vorgehe und mehr den Eindruck erwecke objektiv zu sein. BBC versuche nicht direkt nur eine Position zu propagieren, sondern indirekt würden in Analysen bestimmte Inhalte vermittelt. Zudem beschäftige sich BBC mit gesellschaftlichen Themen, die VOA weniger interessieren.

Die Autoren der Studie gehen davon aus, dass u.a. BBC den Regeln einer „medialen Diplomatie” folge, die ein Instrument der nicht-offiziellen Diplomatie darstelle und als „psychologische Operationen” bezeichnet werden.

VOA verfolge dagegen eine direktere Strategie und versuche die unzufriedenen Zuschauer anzusprechen.

Iranische Experten sprechen von einem großen medialen Krieg

Befürchtet wird abschließend eine Georgisierung der Islamischen Republik Iran. Die sanften Umsturzversuche mittels moderner Medien seien eine Realität und keine Verschwörungstheorie, meinen die iranischen Experten.
Die westliche Medienpolitik könne nur bekämpft werden, indem die einheimischen Sendungen bessere Qualität bekommen.
Die Spezialisten gestehen, dass eine Bekämpfung der multimedialen Sender per Satellit und im Internet letztlich nicht möglich sei, daher könne nur die einheimische Konkurrenz die iranische Jugend davon abhalten die ausländischen Sendungen zu schauen. Für die Unzufriedenheit der Bevölkerung, die im „Zuge der Propaganda der westlichen Medien entsteht”, müsse eine Lösung gefunden werden.
Die Autoren sprechen von einem „großen medialen Krieg zwischen dem Westen und dem Iran”.

Tatsache ist, dass Internet und Satellitenfernsehen es jedem in den entferntesten Regionen des Landes lebenden Iraner erlauben, in den Genuss westlicher Aufklärung zu kommen. Die totalitäre Diktatur versucht bislang nicht wirklich erfolgreich die offene Gesellschaft der neuen Kommunikationsmedien zu kontrollieren.
Im „Krieg der Werte” werden, wie die Erfahrungen aus den Totalitarismen des 20. Jahrhunderts gezeigt haben, Bedürfnisse nach Freiheit sogar bei den Nachfahren der rückschrittlichsten Anhänger der absoluten Herrschaft des Klerus erzeugt.

IRNA greift die Friedrich-Naumann-Stiftung an

Die iranische Nachrichtenagentur IRNA hat am 28. April mit ähnlichen Vorwürfen wie oben beschrieben eine Konferenz der Friedrich-Naumann-Stiftung für Freiheit und der Gesellschaft für bedrohte Völker attackiert.
Die IRNA schreibt über die Konferenz: „Die neue Phase der intrigenhaften Politik des Westens gegenüber den iranischen Völkern
hat begonnen.”

Der Westen wolle die „Ruhe und Freiheit” der iranischen Völker stören. Das menschenrechtliche Thema der Konferenz ist: “Nationalitätenfrage und Demokratie im Iran”.

 


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