Militarisierung der Präsidentschaftswahlen
Die Bassiji-Einheiten wurden im Jahre 1979 vom ersten „Revolutionsführer” des Iran Ayatollah Khomeini gegründet. Bassij bedeutet Mobilisierung. Im achtjährigen Krieg gegen den Irak wurden Zehntausende Kinder und Jugendliche für Himmelfahrtskommandos mobilisiert und in den Krieg geschickt. Die Bassiji sind heute teilweise im militärischen Apparat der Revolutionsgardisten, auch Pasdaran genannt, organisiert.
Die Bassiji sind personell mit der Organisation der Ansare Hisbollah verbunden. Die Ansare Hisbollah sind wiederum dem Revolutionsführer Ali Khamenei verpflichtet und unterstehen seinem Befehl. Die Ansare Hisbollah treten meist in ziviler Bekleidung auf. Sie haben bei der Zerschlagung der iranischen Studentenbewegung und bei der Zwangsdurchsetzung der islamischen Kleiderordnung für iranische Frauen eine wichtige und besonders aggressive Rolle gespielt.
Inzwischen greifen die Bassiji, die Ansare Hisbollah und die Revolutionsgardisten gemeinsam die Konkurrenten des gegenwärtigen Präsidenten Ahmadinejad an.
Karroubi kritisierte die Revolutionsgardisten
Mehdi Karroubi kritisierte den General Jafari, Oberbefehlshaber der iranischen Revolutionsgardisten, der erklärt hatte, dass die nicht militärisch organisierten Bassiji sich durchaus an den Wahlen beteiligen dürfen, berichtete die im Iran erscheinende Zeitung Entekhab am 9. Mai.
Zwar gibt es im Iran keine freien Wahlen, denn alle säkularen und gar nationalreligiösen Organisationen und Parteien dürfen nicht an den Wahlen teilnehmen, aber Karroubi spricht hier einen innerislamistischen Konflikt an.
Karroubi beruft sich auf Ayatollah Khomeini, der den militärischen Einheiten untersagt hatte sich an den islamistischen Wahlen zu beteiligen. Entekhab berichtete, Karroubi habe gesagt, er selbst sei seit 48 Jahren ein Bassiji. Vor 48 Jahren sei der gegenwärtige General Jafari noch ein Kind gewesen, sagte Karroubi. Jafari war im Krieg gegen den Irak selbst ein Bassij und wurde schon 1981 Mitglied der Pasdaran.
Tatsächlich wurden die Bassiji als Organisation erst vor rund 30 Jahren von Ayatollah Khomeini gegründet, Karroubi will offenbar bekunden, dass er stets im Geiste der Bassiji zu den Islamisten der ersten Stunde gehört habe.
Inzwischen wurde Karroubi, der selbst einer der Begründer der Gruppe der „kämpfenden Geistlichkeit” ist von den Ansare Hisbollah, die vom iranischen Revolutionsführer Khamenei geführt werden, direkt gewarnt. Karroubi solle sich von den Zielen der islamischen Revolution nicht entfernen, berichtete Aftabnews am 14. Mai.
Revolutionsgardisten stellen sich hinter die Bassiji-Einheiten.
Am 12. Mai veröffentlichten die Revolutionsgardisten des Iran auf ihrer Website Sepahnews eine offizielle Erklärung über die Einmischung der Bassiji in die Wahlen und stellten sich
eindeutig hinter sie.
In der Erklärung warnen die Revolutionsgardisten vor der negativen Stimmungsmache gegen die freiwilligen Einheiten der Bassiji und gegen die Revolutionsgardisten. Die wichtige Rolle der militärischen Kräfte wird mit äußeren Gefahren begründet:
Die zehnten Präsidentschaftswahlen der Islamischen Republik Iran würden in einer Zeit stattfinden, zu der die „amerikanischen Feldzüge in der Region scheitern und das zionistische Regime immer schwächer wird und das iranische Volk und die Herrschaft von neuen Gefahren bedroht werden.”
Die Revolutionsgardisten gehen davon aus, dass die Partizipation der Bevölkerung an den Wahlen die „Niederlage der westlichen Strategie” herbeiführen werde.
Die „revolutionären Pasdaran und die kämpferischen Bassiji” würden stets unter Führung des Oberbefehlshabers der Armee Ayatollah Khamenei den Zielen der Revolution dienen.
Wie der „große Führer der islamischen Revolution” Ayatollah Khomeini es zu seinen Lebzeiten stets betont habe, zähle jeder, der dem „Land und der Revolution” diene, zu den Bassiji.
Eine 20 Millionen Mann starke Bassiji-Armee
In der Erklärung wird hervorgehoben, dass jede Person, die sich als „Freiwillige” den Revolutionsgardisten unterordnet, um das Ziel einer 20 Millionen Mann starken Armee zu erreichen, Bassiji genannt werden wird. Die Bildung einer solchen Armee wurde tatsächlich von Ayatollah Khomeini zu Beginn der Revolution formuliert.
Die Revolutionsgardisten teilen die Bassiji-Einheiten in drei Gruppen ein: Die „einfachen” Bassiji, die Mitglied dieser Reservearmee seien und im Ernstfall aktiv werden. Die „aktiven” Bassiji, die in gesellschaftlichen Gruppen aktiv seien, z.B. in Schüler- und Studentengruppen, in Bassiji-Ärzte-Gruppen, in Arbeitergruppen, unter Professoren, Künstlern, Sportlern, etc..
Zu der dritten Gruppe zählen die militärischen Einheiten, die als Sondereinheiten innerhalb der Revolutionsgardisten organisiert sind und „Ehren-Pasdaran” genannt werden.
Mit Ausnahme der dritten Gruppe der militräisch organisierten „Ehren-Pasdaran” würden die anderen Gruppen der Bassiji „nicht als militärisches Personal” gelten. Nur die „Ehren-Pasdaran” würden eine volle militärische Ausbildung bekommen. In der Erklärung wird eingeräumt, dass das rein militärische Personal, unter diesem auch die „Ehren-Pasdaran”, nicht Mitglied einer politischen Gruppierung werden dürfe.
In der Erklärung betonen die Revolutionsgardisten, dass sich die nicht direkt im Militärapparat der Pasdaran mobilisierten Bassiji-Einheiten durchaus aktiv bei der Unterstützung von politischen Gruppen, die nicht genannt werden, beteiligen dürfen.
Es wird betont, dass Ayatollah Khomeini, aber auch der gegenwärtige Führer Ayatollah Khamenei stets hervorgehoben hätten, dass der Iran eine „20 Millionen Mann starke Bassiji-Einheit” brauche und sogar „Dutzende Millionen Mann starke Bassiji-Einheiten” seien vonnöten, wenn die Zahl der Bevölkerung wachse. Und gerade bei Wahlen, wenn es um das Schicksal der islamischen Revolution gehe, würde die Bedeutung der Bassiji steigen.
Die Revolutionsgardisten rufen in der Erklärung zur „Einheit als ein Rätsel des Erfolgs des iranischen Volkes in den letzten 30 Jahren seit der Revolution und der Errichtung des islamischen Systems” auf. Der zukünftige Präsident werde die „nationale Macht von innen stärken und die Feinde zur Verzweiflung bringen.”
Militarisierung der Wahlen ohne internationale Aufsicht und das Schachspiel mit einem Gorilla
Der Reformintellektuelle Alireza Alavitabar, der sich für den Kandidaten Moussavi stark macht, warnte vor einer Militarisierung der Wahlen und sagte: „Wir haben nichts gegen die Militärs oder gegen die Macht des Militärapparates, besonders dann nicht, wenn die gesamte Region militarisiert ist. Aber manchmal wollen sie die Politik und die Regierung dem Militär unterordnen. In den letzten vier Jahren hat sich diese Methode [der Militarisierung] entwickelt. Die Verwaltung der Gesellschaft hat heute Ähnlichkeiten mit der Verwaltung einer Kaserne, und zwar in einem noch stärkeren Ausmaß als zu Kriegszeiten.” Weiterhin sagte er über die Erfolgschancen einer Reformpolitik im Iran: „Im Iran hat die Reformpolitik Ähnlichkeiten mit einem Schachspiel gegen einen Gorilla,” berichtete Roozonline am 11. Mai.
Zwar fordern iranische Reformislamisten wie Karroubi und Moussavi ein „Komitee zum Schutz der Stimmen”, weil Wahlfälschung befürchtet wird. BBC berichtete aber schon am 27. April, dass der Wächterrat entschieden habe, solche Komitees würden nie „autorisiert” werden.
Einige Autoren und Wissenschaftler im Iran fordern nun eine internationale Aufsicht der Wahlen. Eine solche Kontrolle der Wahlen werde aber kategorisch von der Regierung ausgeschlossen, berichtete Roozonline am 5. Mai.
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