Abmachungen begreifen

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Abmachungen begreifen

HonestReporting Media BackSpin, 5. Juni 2009

Die NY Times bezieht sich auf israelische Aussagen, dass Präsident Bush und Premierminister Sharon eine Abmachung über das natürliche Wachsen von Siedlungen getroffen haben.

Zum Einen ist Ethan Bronners Artikel irritierender Lesestoff, weil Israelis und US-Offizielle  miteinander streiten, andererseits aber auch, weil keine Quelle namentlich genannt wird (Anonyme Quellen sind so eine Sache – Sie wissen schon).

Bronner zugute muss man jedoch darauf verweisen, dass er zu einem früheren Kommentar Elliott Abrams‘ verlinkt, der die Zustimmung der Amerikaner zu einem natürlichen Wachstum der Siedlungen bestätigt. Abrams schrieb im April:

Aber diese Siedlungen existieren nun mal und in keinem Punkt der Debatte wurde die Rechtmäßigkeit ihrer Errichtung angezweifelt. Präsident Bush klärte die Frage der großen Siedlungen weitgehend in seinem Brief an Sharon im Jahr 2004. Er erklärte eine Wahrheit, an die sich die Palästinenser erinnern sollten: „Angesichts der neuen Realitäten vor Ort einschließlich bereits vorhandener großer Zentren mit israelischer Bevölkerungsmehrheit ist es unrealistisch, zu erwarten, dass das Ergebnis abschließender Verhandlungen eine vollständige und komplette Rückkehr zu den Waffenstillstandslinien von 1949 bedeutet; und alle bisherigen Verhandlungsversuche zur Zweistaatenlösung sind zur gleichen Schlussfolgerung gekommen. Realistisch ist die Annahme, dass jegliche mögliche Schlussvereinbarung zum Status nur auf der Basis von beidseitig vereinbarten Änderungen erzielt wird, die diese Realitäten wiedergeben.“

Es geht also nicht um Siedlungsaktivitäten in der Vergangenheit, sondern um die Forderung nach dem Einfrieren neuer Siedlungsaktivitäten….

Während der letzten fünf Jahre hat Israels Regierung sich weitestgehend an Richtlinien gehalten, die mit den USA besprochen,  aber nie formal festgelegt worden waren: dass es keine neuen Siedlungen gebe würde, keine finanziellen Anreize für Israelis, in Siedlungen umzuziehen und keine neuen Bauvorhaben – außer in bereits bestehenden Arealen. Der eindeutige Zweck der Richtlinien: Erlaubnis für den Ausbau bestehender Siedlungen, wenn er die Auswirkungen für die Palästinenser auf ein Minimum begrenzt.

Lesen Sie dazu bitte den vollständigen Text des Briefwechsels zwischen Bush und Sharon und Sie werden verstehen, warum Israel sich nicht aus dem Gazastreifen ohne eine gewisse Form des quid pro quo hätte zurückziehen sollen.

Es ist zweifellos richtig, zu fragen, ob der Briefwechsel und seine darin enthaltenen Übereinkünfte provisorisch waren oder nicht und ob die neuen Staatschefs in Israel und den USA sich an „Richtlinien“ gebunden fühlen, die, so Abrams, „niemals formal festgeschrieben worden waren“. Die Fairness gebietet es aber auch, dass Journalisten sich Gedanken darüber machen, warum Quellen wie die von Bronner angespochenen lediglich aus dem Off berichten.

Angesichts des halböffentlichen Briefwechsels und Abrams Kommentar dazu kann ich nicht nachvollziehen, dass ausgerechnet jemand wie der ehemalige US-Botschafter Marc Ginsberg die Existenz von Übereinkommen heftig bestreitet und sie als „Quatsch“ abtut, wie auch immer sie aussehen haben mögen.

Jeder, der ein Übereinkommen abstreiten will und in einer Position ist, in der er es besser wissen müsste, sollte sich auch ins Off begeben.

UPDATE 5. Juni: Während BackSpin weiterhin sich darauf gefasst macht, dass die Mainstream-Medien den einen oder anderen US-Offiziellen zum Bericht zitieren, erklärt  Dov Weisglass Entstehung und Kontext der Siedlungsvereinbarungen. Weisglass war Sharons Berater und Büroleiter.

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