Säkulare Kritik der iranischen Präsidentschaftswahl

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Säkulare Kritik der iranischen Präsidentschaftswahl

Wahied Wahdat-Hagh von Wahied Wahdat-Hagh, Kolumnist für WELT DEBATTE
 
 
 
Zwei säkulare republikanische Autoren haben sich mit dem iranischen Wahlsystem beschäftigt. Sie kritisieren die anstehende Präsidentschaftswahl als eine Show des iranischen Regimes.

Die Wahlen in der Islamischen „Republik“ Iran seien von Anbeginn der Gründung der Islamischen „Republik“ nicht demokratisch gewesen, schreiben Mashallah Salimi und
Manuchehr Maqsudnia.

Stets habe das Regime die Partizipation und die Wahl der Andersdenkenden verhindert. Die säkularen Andersdenkenden wurden meist verhaftet und hingerichtet oder sie flohen ins Ausland.

Ein System von „Scheinwahlen“

Nur die Personen seien in den letzten 30 Jahren als Kandidaten für Wahlen aufgestellt worden, die als Verteidiger des Regimes gelten. Der Klerus und an deren Spitze Ayatollah Khomeini haben keine Notwendigkeit für Wahlen gesehen, denn das neue politische System erhalte seine Legitimität angeblich von Gott. Gemäß Artikel 4 der Verfassung des Iran müssen alle zivilgesellschaftlichen Regelungen und Gesetze auf islamischen Prinzipien beruhen.

In der Phase der Revolution von 1979 sei es die Gesellschaft gewesen, die dem Klerus die Wahlen überhaupt aufgezwungen habe, weil die Gesellschaft schon 1979 in ihren demokratischen Ansprüchen weiter gewesen sei als der an die Macht gekommene neue Staatsklerus. Das Regime habe daher ein System von „Schein-Wahlen“ eingeführt.

Der Präsident werde von nicht gewählten Organen gelenkt

Der Präsident spiele in der islamischen „Republik“ lediglich die Rolle eines Verwalters. Alle staatlichen Entscheidungen würden von Organen getroffen werden, die nicht von der Bevölkerung gewählt werden können. Vielmehr würden die wichtigsten Entscheidungen in erster Instanz vom „Führer“ selbst getroffen werden. Diese nicht wählbare übergeordnete Macht habe ein Vetorecht und könne daher jede Gesetzesvorlage, die eine Änderung auf unterschiedlichen Gebieten anstrebe, verhindern.

Wer darf Präsident werden?

In Artikel 115 der iranischen Verfassung ist die Sprache nur von Männern, die kandidieren dürfen, deren Qualitäten, unter anderem als muslimisch und loyal beschrieben werden.

Angehörige nicht islamischer anerkannter Religionen wie Zoroastrier, Christen oder Juden dürfen nicht kandidieren. Auch nicht-schiitische Muslime, die Sunniten beispielsweise, dürfen nicht kandidieren.
Selbstverständlich dürfen auch säkulare Muslime, die eine Trennung von Staat und Religion verfechten nicht an solchen Wahlen teilnehmen, betonen Salimi und Maqsudnia.

Ein Gros der Iraner besitze beispielsweise kein Recht auf eine Kandidatur für die Präsidentschaftswahlen. Die Wahlen in der Islamischen „Republik“ seien nur eine „Show“.

Eine Islamistin wurde als Kandidatin abgelehnt

Rafat Bayat ist eine treue Anhängerin und Verteidigerin der Islamischen „Republik“ Iran. Sie kandidierte für die Präsidentschaftswahl und wurde vom Wächterrat abgelehnt.

Die Menschenrechtlerin und Juristin Mehrangiz Kar schreibt, dass Frau Rafat Bayat ihren Schleier immer ordentlich getragen habe und Mitglied des Majless, des islamistischen „Parlaments“ gewesen sei.
Kar erinnert daran, dass der Sprecher des Wächterrates noch im März dieses Jahres in einem Interview gesagt habe, dass der Wächterrat bisher niemanden wegen des Geschlechts als Präsidentschaftskandidaten abgelehnt habe. Auch wenn in Artikel 115 nur von männlichen Kandidaten die Rede ist.

Nun fragt Kar, ob Frau Rafat Bayat eine konterrevolutionäre Vergangenheit habe? Sicher nicht. Sie fragt, hat sie prowestliche Propaganda betrieben? Sicherlich nicht. Sie werde auch nicht mit der sogenannten „samtenen Revolution“ in Verbindung gebracht. Ihr könne auch nicht vorgeworfen werden an der zivilgesellschaftlichen Kampagne „1 Million Signatures Demanding Changes to Discriminatory Laws“ teilgenommen zu haben. Ihr sei zudem noch nie Korruption oder Kontakt mit Mitgliedern des Schahregimes vorgeworfen worden. Dennoch sei sie abgelehnt worden.

Das einzige „Verbrechen“: als Frau geboren zu sein

Kar schreibt, dass das einzige Verbrechen, das Rafat Bayat begangen habe, die Tatsache sei, dass sie als eine Frau geboren worden sei. Es sei gleich, ob sie als Frau eine prinzipialistische Islamistin, eine Reformerin, eine säkulare Frau, eine Gegnerin oder eine Befürworterin des Regimes sei.

Die Juristin Kar endet mit dem Satz, dass es daher erstaunlich sei, dass die iranischen Frauen, trotz der gemeinsamen Probleme, nicht gemeinsam aktiv würden, um zeitgemäße Verhältnisse zu schaffen.

Potemkinsche Dörfer

In einem Wahlstreitgespräch kritisierte Ahmadinejad seine innerislamistischen Gegner. Der Präsidentschaftskandidat Moussavi habe sich mit den beiden Ex-Präsidenten Rafsanjani und Khatami zusammengetan, um die gegenwärtige Regierung zu stürzen, mutmaßt Ahmadinejad. Hashemi Rafsanjani habe beispielsweise einem arabischen König versprochen, dass Ahmadinejad bald gestürzt werde. Unter Rafsanjanis Regierung hätten mächtige und reiche Personen sogar ihre Zeugnisse gefälscht, sagte Ahmadinejad.

Zudem verfolgten die anderen Präsidentschaftskandidaten, Karroubi, Moussavi und Rezai ein gemeinsames Ziel – und zwar den Sturz seiner Regierung, fürchtet Ahmadinejad. Außerdem habe Moussawi selbst in den letzten Jahren die Parole verfochten, dass „Israel vernichtet werden müsse“, trotzdem deswegen kritisiere er nun aus taktischen Gründen Ahmadinejad.

Zuvor hatte Moussavi Ahmadinejads Außenpolitik angegriffen. Diese „schaffe Illusionen über den Zustand dieser Welt.“

Die magische Wahlurne

Trotz solcher Wortgefechte kann von demokratischen Wahlen im Iran mitnichten die Rede sein. Eher stellt auch die nächste Präsidentschaftswahl die islamistische Variante der Regimebestätigung zur Stabilisierung der Diktatur. Die Präsidentschaftswahl bezweckt, dass einem vom Wächterrat ernannten Kandidaten Beifall gespendet wird. Die iranischen Wahlen sind nicht mehr als potemkinsche Dörfer.

Der iranische Satiriker Ibrahim Nabavi, dessen Kolumnen regelmäßig in Roozonline erscheinen, weist auf die besonderen Eigenschaften der Wahlurne bei den iranischen Wahlen hin. Die iranische Wahlurne habe die Eigenschaft die Qualität der Wahl zu ändern: Der Wähler werfe zwar seinen Wahlzettel in die Wahlurne. Diejenigen aber, die die Stimmen auszählen, würden alles, was sie sich wünschen aus der Wahlurne herausholen können.

 
 

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