Karoubi warnt vor der Diktatur der iranischen Taliban

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Karoubi warnt vor der Diktatur der iranischen Taliban

Wahied Wahdat-Hagh von Wahied Wahdat-Hagh, Kolumnist für WELT DEBATTE

 

Ex-Präsident Mohammad Khatami spricht inzwischen von einem „samtenen Putsch“ der Regierung von Ahmadinejad. Karoubi und Mussawi erkennen die Schein-Wahlen nicht an. Kein Geringerer als Mohssen Kadivar sagt, dass die meisten Kleriker in der Vergangenheit und in der Gegenwart gegen Welayate Faqih, die absolute Herrschaft des Klerus im Iran waren und sind.

Am 1. Juli berichtete BBC-Persian Ex-Präsident Khatami habe gesagt, falls die „vergiftete Propaganda und die Sicherheitsmaßnahmen fortgeführt werden, müssen wir dann sagen, dass ein samtener Putsch gegen die Bevölkerung und gegen die Republik sich vollzogen habe.“
Khatami verurteilte dabei die wieder eingeführten offenbar unter Folter und Androhung weiterer Folter erzwungenen öffentlichen Geständnisse von Gefangenen im staatlichen Fernsehen. Sie müssen dort gestehen, im „Dienst der Feinde agiert zu haben.“

Khatami war zuvor von seinem Ex-Minister Mohajerani kritisiert worden, zu moralisch zu argumentieren. Tatsächlich hatte Khatami die Bevölkerung dazu aufgerufen nach Hause zu gehen und nicht mehr zu demonstrieren.

Mehdi Karoubi hat sich in einer Erklärung bei den Iranern entschuldigt, diese aufgefordert zu haben, an den Wahlen teilzunehmen, meldete Etemade Melli. Zwar durfte diese Zeitung am 1. Juli als Printausgabe nicht erscheinen, aber im Internet warnte Karoubi vor einer Diktatur der „Taliban-Regierung“. Iran, Islam und die Republik seien in Gefahr, so der Präsidentschaftskandidat Karoubi.

Die „Märtyrer“ von heute

Hojatulislam Mohssen Kadivar ist ein Schüler von Ayatollah Montazeri und gehört zu den religiösen Kritikern und Dissidenten der „Islamischen Republik Iran“.

Kadivar fragt in einem Artikel, der am 30. Juni in Gooya erschienen ist, ob die iranische Regierung sich nicht so verhalte wie die Herrschaft der Muawiyah, der Kalifen der Umayyaden-Dynastie im 7. Jahrhundert in Damaskus? Yazid der zweite Kalif der Umayyaden gilt als ein Symbol der Unterdrücker. Er ermordete Imam Ali, den Schiiten als den rechtmäßigen Nachfolger von Mohammad betrachten. Khomeini verglich den gestürzten Schah und seine Feinde mit Yazid und mit der Muawiyah-Herrschaft.

Nun kehrt der schiitische Kadivar den Spieß um und vergleicht die iranischen Machthaber mit den Muawiyah Kalifen.
Kadivar wirft ihnen vor sich ähnlich ungerecht wie die Mörder von Imam Ali zu verhalten.

Kadivar weiß von 26 „Märtyrern“ zu berichten, die auf Teheraner Straßen bei den Demonstrationen erschossen worden seien. Die Verwandten dieser „Märtyrer“ haben noch nicht einmal die Möglichkeit erhalten ihre Toten zu begraben, berichtet der schiitische Kleriker.

Kadivar führt die Demonstrationen der letzten Wochen darauf zurück, dass das „eitrige Geschwür“ der iranischen Verfassung nun geplatzt sei. Die erste Fassung der Verfassung sei von bekannten Juristen, wie Hassan Habibi geschrieben worden und sei später von Ayatollah Khomeini, Ayatollah Golpayegani, Ayatollah Marashi Najafi und Ayatollah Schariatmadari abgesegnet worden. 98 Prozent der Iraner haben 1979 der ersten Fassung der Verfassung der „Islamischen Republik“ zugestimmt und gaben in einem Referendum ihre Ja-Stimme ab, schreibt Kadivar.

Eine Mischung aus republikanischen und klerikalen Elementen

In der ersten Fassung hatte der „Führer“ jedoch noch nicht die Machtfülle inne, die er später zugeschrieben bekam. Sieben Monate später im Oktober 1979 wurde die Verfassung ergänzt und deren „Geographie änderte sich gänzlich“, schreibt Kadivar. Im ersten Jahrzehnt seien die Probleme aber nicht sichtbar gewesen. Damals habe das System eine Mischung von republikanischen und klerikalen Elementen gehabt. Kadivar verehrt heute noch Ayatollah Khomeini als einen charismatischen Führer. Im zweiten und dritten Jahrzehnt, seit der Herrschaft von Ali Khamenei habe sich das politische System immer mehr an militärischen und sicherheitspolitischen Zielen orientiert. Diese Politik habe sich in der Präsidentschaftszeit von Ahmadinejad zugespitzt. Das Volk denke Ahmadinejad sei ein Lügner, Khamenei jedoch halte seine Regierung für die beste seit der islamischen Revolution.

Kadivar, der selbst ein Kleriker ist, hebt hervor, dass nur eine Minderheit der schiitischen Geistlichkeit die absolute Herrschaft des Ali Khamenei befürworte. Die meisten schiitischen Geistlichen in der Vergangenheit und in der Gegenwart lehnten eine Herrschaft des Klerus überhaupt ab.

Bekenntnis zur islamischen Revolution

Einer der größten schiitischen Geistlichen, der vor 100 Jahren gelebt habe und noch gebildeter gewesen sei als beispielsweise Ayatollah Khomeini, schreibt Kadivar, habe den Konstitutionalismus, d.h. einen Parlamentarismus befürwortet und sicher nicht die Herrschaft des Klerus.

Kadivar bekennt sich zur islamischen Revolution und meint, dass er nicht die Revolution gegen die Schah-Diktatur mitgetragen habe, um eine neue religiöse Diktatur an die Macht zu bringen. Gehört Kadivar etwa zu denen, die nach dreißig Jahren totalitärer Diktatur endlich wahrnehmen, dass im Iran eine Diktatur herrscht, die sogar ihre eigenen Kinder und Anhänger frisst?

Die Wahlen sind in der Islamischen Republik Iran sinnlos geworden

Ataollah Mohajerani geht in einem Interview mit dem persischsprachigen Dienst von BBC erneut auf die Wahlen ein und sagt, dass die Wahlen in der Islamischen Republik Iran „sinnlos“ geworden seien. Ex-Minister Mohajerani erklärt, dass jeder Wahlberechtigte im Iran eine Nummer bekommen habe. Mussawi habe gefordert die vergebenen Nummern mit den abgegebenen Nummern auf den Stimmzetteln abzugleichen, was nicht geschehen sei.

Mohajerani meint, der republikanische Aspekt des politischen Systems sei inzwischen aufgehoben worden und eine neue Epoche der reinen „islamischen Herrschaft“ habe begonnen.

„Schweigen bedeutet heute die Anerkennung der Unterdrückung“

Der Ex-Minister für Kultur und islamische Führung unter Präsident Khatami gibt die Positionen eines iranischen Künstlers wieder, der gesagt habe, „Schweigen bedeutet heute die Anerkennung der Unterdrückung.“

Es ist nur redlich an dieser Stelle zu ergänzen, dass der „Islamischen Republik Iran“ von der Stunde Null an der republikanische Geist gefehlt hat. Die Volkssouveränität wurde zu Beginn der islamischen Revolution aufgehoben, indem alle nicht-islamistischen Kräfte ausgeschlossen, ins Exil verjagt oder hingerichtet wurden. Die Totalität der islamistischen Diktatur spitzt sich immer mehr zu.

 

 


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