Erneut israelische Kriegsverbrechen

  • 0

Jerusalem, 15. Juli 2009 – „Ein alter bärtiger Mann in einem weißen Gewand näherte sich uns in der Dunkelheit mit einer Taschenlampe in der Hand“, erzählt ein israelischer Soldat über eine Nacht voller Angst im Gazastreifen im Januar während des Gazakriegs. „Der Mann verschwand hinter Bäumen und stand dann zwanzig Meter vor uns. Das war der absolute Mindestabstand, um uns vor Selbstmordattentätern zu schützen.“ Als am nächsten Morgen Spezialhunde dessen Leiche auf der Straße beschnüffelt hatten, war klar, dass er nur eine Taschenlampe bei sich trug, keine Waffe und keinen Sprengstoffgürtel. Eine ähnliche Zeugenaussage eines zweiten Soldaten lässt vermuten, dass da ein Unschuldiger getötet wurde, vom Kommandeur gewollt: Ein Kriegsverbrechen.
Die Organisation „Das Schweigen brechen“ des ehemaligen Soldaten Jehuda Schaul, hat auf 114 Seiten anonyme Zeugenaussagen von 54 israelischen Veteranen des Gazakriegs zusammengetragen. Die EU, die holländische Regierung, die britische Botschaft in Tel Aviv und zahlreiche internationale Organisationen hatten die Untersuchung und die Drucklegung der Broschüre, in englischer Sprache, finanziert.
Am Mittwoch sendete der israelische Rundfunk Auszüge von einer der anonymen Zeugenaussagen im O-Ton und bat den Divisionskommandeur im Gazastreifen, General Avi Peled, um eine Stellungnahme zu den dargestellten Kriegsverbrechen, darunter dem Einsatz von Zivilisten als „Schutzschilde“. „Den Soldaten kenne ich, aber ich will seinen Namen nicht nennen. Der war zu dem Zeitpunkt, wo die von ihm geschilderten Ereignisse vermeintlich passierten, noch gar nicht eingezogen, weil wir die Reservisten erst später einsetzten. Der Soldat saß falschen Gerüchten auf.“ Der General bezichtigte die Organisation „Schweigen brechen“ einer gezielten Diffamierung der israelischen Armee, zumal die Aussagen anonym seien, keine genauen Zeit- oder Ortsangaben gemacht wurden, sodass die Fälle nicht untersucht werden könnten. Peled ärgerte sich darüber, dass der Soldat behauptete, dass er, der Divisionskommandeur, selber anwesend gewesen sei. „Ohne je darauf angesprochen worden zu sein, wird mir da ein Kriegsverbrechen untergeschoben.“
Zu der Geschichte des alten Mannes mit der Taschenlampe hatte der General eine völlig andere Version. Der alte Mann habe seine Familie gesucht, die in einem von Soldaten besetzten Haus festsaß. Peled behauptete, persönlich den Mann in das Haus geleitet zu haben.
Israels Militärsprecherin Avital Leibowitz bezeichnet den Report als „unseriös“: „Es gibt nichts: keine Fakten, keine Namen, keine Dienstgrade. Wie kann eine Organisation, die sich ernst nimmt, so etwas veröffentlichen?“
Die israelische Organisation NGO-Monitor (Beobachter von Nicht-Regierungs-Organisationen) bezichtigt „Schweigen brechen“, eine „marginale“ kleine Organisation zu sein mit „privater Tagesordnung“, um Stimmung gegen die Besatzung zu machen, anstatt mitzuhelfen, „die wenigen Fälle unmoralischen Verhaltens, die es bei jedem Militär gebe, zu korrigieren“, so Professor Gerald Steinberg, Leiter von NGO-Monitor. „Diese schrillen Stimmen werden jenseits jeder Proportion mit Geldern der EU und der britischen Botschaft aufgeblasen.“
Diese Kampagne mit nur „wenigen Zeugenaussagen“ lasse keine Schlüsse zu, ob da „Ausnahmeerscheinungen“ oder eine Norm beschrieben worden seien. Die EU habe sich den Report 54.393 Euro kosten lassen, während die amerikanische Fordstiftung 70.976 US-Dollar beigesteuert habe, neben Zuschüssen aus anderen Quellen.
Am Dienstag hat die israelische Regierung beschlossen, „eine aggressive Haltung“ gegenüber Menschenrechtsorganisationen wie Human Rights Watch und Amnesty International einnehmen zu wollen, die wie „Schweigen brechen“ einseitige und nicht nachprüfbare Behauptungen über israelische Kriegsverbrechen in Gaza veröffentlicht hätten. Anlass waren Berichte über die Reise einer hochrangigen Delegation von Human Rights Watch nach Saudi Arabien, um Spenden zu sammeln. Nach Angaben der saudischen Zeitung „Arab News“ habe die Organisation hohes Lob für die Aufdeckung israelischer Verbrechen geerntet. „In Saudi Arabien Spenden zu sammeln, wo Menschenrechte ein Fremdwort sind, ist so als würden Frauenrechtlerinnen von den Taliban eine Zuwendung erbitten“, höhnte Regierungssprecher Mark Regev. Künftig wollen das israelische Ministerpräsidentenamt und das Außenministerium „mit einem feinen Kamm“ die Reports dieser Organisationen nach Widersprüchen und falschen Fakten durchgehen.


Hinterlasse eine Antwort