Iran: Eine Schande in der iranischen Geschichte

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Iran: Eine Schande in der iranischen Geschichte 

Wahied Wahdat-Hagh von Wahied Wahdat-Hagh, Kolumnist für WELT DEBATTE

 

Immer mehr iranische Intellektuelle verteidigen die Menschenrechte der Bahai. Gleichzeitig setzt sich die staatliche Hetzpropaganda des iranischen Regimes gegen die Angehörigen der Bahai-Religion fort.

Prof. Abbas Milani ist einer der bekanntesten Iran-Experten und lehrt als Direktor der Abteilung Iranian Studies an der Stanford Universität. In einem Artikel, der am 15.8.2009 in „The New Republic“ erschien, verteidigte er die Freiheit der iranischen Bahai.

Er kritisierte, dass die sieben Mitglieder des inzwischen aufgelösten nationalen Koordinationsrates der iranischen Bahai-Gemeinde seit über einem Jahr in Haft sitzen. Am 17.8.2009 wurde bekannt, dass der Prozessbeginn gegen die sieben ehemals führenden Bahai auf den 18.10.2009 verschoben worden ist. Ihnen wird verschwörungstheoretisch „Spionage und Gefährdung der nationalen Sicherheit“ des iranischen Regimes vorgeworfen.

Antisemiten übertrugen die Mechanismen des Antisemitismus auf die Bahai

Abbas Milani fordert mit einer entschiedenen Bemerkung: nie wieder Pogrome im Iran.
Der Wissenschaftler warnte vor einer Wiederholung von Pogromen wie sie im 19. Jahrhundert stattgefunden haben und im 20. Jahrhundert zum Holocaust führten. Iranische Antisemiten hätten sich schon zu Beginn des letzten Jahrhunderts alle subtilen Techniken der Verfolgung von Juden angeeignet, so Milani, und diese auf die iranischen Bahai projiziert.

Theologische und ethische Differenzen

Milani schreibt, dass es verstehbar sei, dass die schiitisch-islamische Lehre mit dem Bahai-Glauben in einem Spannungsverhältnis stehe. Die Schiiten glauben an den zwölften Imam, der in Gestalt eines Messias noch erscheinen müsse, Mohammad sei dabei die letzte Gottesoffenbarung für alle Zeiten.
Die Bahai hingegen verfechten das Prinzip der fortschreitenden Gottesoffenbarung, die weder mit dem Islam noch mit dem Bahai-Glauben selbst zu einem Ende gekommen ist.

Milani hebt hervor, dass in der zivilisierten Welt theologische Differenzen nicht mehr mit Gewalt ausgetragen werden dürfen, wie die Islamisten es praktizieren. Auch an dieser Stelle kann ergänzt werden, dass Bahai davon ausgehen, dass es sogar besser sei auf eine Religion zu verzichten, wenn diese gewalttätig werde.

Milani geht zu Recht auch auf die Friedensvision der Bahai ein, die in deutlichem Widerspruch zu der wachsenden Gewalt der Islamisten stehe. Auch das Prinzip der Gleichberechtigung beider Geschlechter stünde im Gegensatz zur „Frauenfeindlichkeit“ der Islamisten. Und die Tatsache, dass Kinder, die in Bahai-Familien geboren werden, erst in jugendlichem Alter selbst entscheiden welcher Religion sie angehören möchten, steht im Gegensatz zu einer Staatsreligion, die Konvertiten mit der Todesstrafe bestraft.

Eine Schande in der iranischen Geschichte

Abbas Milani sagt, dass die Behandlung der iranischen Bahai in den letzten 150 Jahren eine „Schande in unserer Geschichte“ sei. Er vertritt die Position, dass Iran keine Demokratie werden könne, solange die Bahai-Frage nicht gelöst ist. Wörtlich schreibt er: „Der Iran kann keine Demokratie werden, solange die Bahai nicht als Bürger der Gesellschaft anerkannt werden, genauso wie die Zoroastrier, die Juden, die Christen oder Mitglieder jeder anderen Glaubensrichtung.“ Auch Nicht-Gläubige sollen dieselben Rechte wie Gläubige bekommen. Der Staat dürfe sich nicht in private Angelegenheiten der Menschen einmischen.

Kurzer historischer Überblick einer Verfolgungsgeschichte

Milani erinnert an die Verfolgungsgeschichte der Babi und der Bahai zur Zeit der Qajaran-Könige Mitte des 19. Jahrhunderts. Die ersten Konvertiten, die Babi, wurden damals grausam gefoltert und hingerichtet. Er weist auch auf den viel gelobten Modernisten und Ministerpräsidenten Amir Kabir im 19. Jahrhundert hin, der diejenigen Iraner umbringen ließ, die keine Muslime mehr sein wollten.
Milani stellt fest, dass das Leben der Bahai in der Pahlavi-Dynastie „relativ“ geschützt war. Der Historiker berichtet davon, dass viele Bahai zu den herausragenden Persönlichkeiten gehört hätten, die die Modernisierung und Industrialisierung des Iran im 20. Jahrhundert vorangebracht haben. Die Bahai haben sich in der Schahzeit für den Fortschritt ihrer Heimat eingesetzt, trotz des großen Widerstandes des schiitischen Klerus. 1955 war es Ayatollah Borujerdi gewesen, der den Schah unter Druck setzte sogar die heiligen Zentren der Bahai zerstören zu lassen.

Die Zeloten der Hojjatiyeh-Gruppe sind im Iran an der Macht

In den fünfziger Jahren des 20. Jahrhunderts gründete ein Kleriker namens Roghani eine Gruppe, die sich Hojjatiyeh nennt. Die Zeloten dieser fanatischen Gruppe wollten stets ihre Frömmigkeit gegenüber dem „verschwundenen Imam“ mit ihrem Kampf gegen die Bahai unter Beweis stellen. Die Hojjatiyeh infiltrierten sogar die Bahai-Gemeinden, um deren Mitglieder zu identifizieren. Auch nach der islamischen Revolution setzte diese Gruppe heimlich ihre Arbeit fort und sorgte für ein Erstarken der Verfolgung der Bahai. Nach der islamischen Revolution verloren Tausende Bahai dank der gnadenlosen Aktivitäten der Zeloten der Hojjatiyeh-Gruppe ihr Hab und Gut, schreibt Milani.
An dieser Stelle muss hinzugefügt werden, dass Ayatollah Khomeini selbst den Bahai sehr feindlich gesinnt war, sie als Zionisten beschimpfte und sie für alle Probleme des Iran schuldig machte.

Abbas Milani hebt zu Recht hervor, dass der Mentor und der spirituelle Guru des Präsidenten Ahmadinejad, Ayatollah Mesbahe Yazdi, zu den Führern dieser Gruppe gehört. Milani vergleicht die Verfolgung und die herrschende Gesetzgebung im Iran in Bezug auf die Bahais mit den Rassengesetzen, die 1935 im deutschen Nationalsozialismus eingeführt wurden.

„Never again, Never More, Never in the Name of Iran.“

Der Historiker weist gleichzeitig daraufhin, dass immer mehr Iraner, unter ihnen einige schiitische Kleriker, erkannt haben, dass die Verfolgung der Bahai eine „Schande“ in der iranischen Geschichte darstelle. Die Worte des iranischen Historikers sind gleichzeitig eine Warnung vor neuen Pogromen: „Never again, Never More, Never in the Name of Iran.“

Und doch wächst jenseits der kämpferischen Worte von Abbas Milani die staatliche Hetzjagd gegen die iranischen Bahai. Immer häufiger erscheint in den offiziellen iranischen Medien die hasserfüllte Propaganda, die die Bahai dämonisieren soll. Inzwischen soll laut eines neuen staatlichen Erlasses sogar Kindern aus Bahai-Familien der Schulbesuch verwehrt werden. Es reichte offenbar nicht, dass Bahai nicht an Universitäten studieren dürfen, dass ihre Friedhöfe zerstört werden.

Abbas Milanis Erkenntnisse, dass die staatliche Behandlung der Bahai große Ähnlichkeiten mit den Rassengesetzen des deutschen Nationalsozialismus aufweisen, sollten eine Mahnung an alle Bürger, Wissenschaftler und Politiker westlicher Demokratien sein, die jenseits ihrer partikularen Wirtschaftsinteressen, eine humane Welt verfechten.

 

 


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